Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 118
sie herum und machen weiß der
Teufel was.
Solche Klassen sind
wiederum für Lehrerinnen und Lehrer, die ja dann einen Abschluss für
Siebenjährige vorweisen sollen, irrsinnig anstrengend, und viele Lehrerinnen
und Lehrer sind schon aus diesem Grund, weil dieser Anspruch nicht erfüllbar
ist, ständig unter Druck und werden dann auch vielfach krank oder sind völlig
ausgepowert und fertig.
Was ich damit sagen will,
ist, dass das System von vornherein falsch ist. Und wenn man jetzt weitergeht
in die Richtung, dass man für zehnjährige Kinder – denn da ist es nicht anders
– Standards festschreibt in Mathematik oder in Lesen, so ist das 100-prozentig
falsch, denn das zehnjährige Lernkind gibt es ja auch wieder fast nicht. Das
sind ganz wenige dieses Jahrgangs, und das Ergebnis dieser Standardtests kann
nicht bedeuten, dass ich jetzt die einen in den Aufzug nach oben hineinstelle
und ihnen Karrierechancen eröffne, indem ich sie für die AHS bestimme, und die
anderen bleiben unten und verlieren sozusagen ihre Aufstiegschancen und
Möglichkeiten zur Qualifikation.
Aus diesem Grund, weil es
so vollkommen falsch ist von der Kinderseite her und weil man das einfach nicht
machen darf, ist die Gesamtschule die einzige Möglichkeit, wie ich nach der
Volksschule weitergehen kann, sodass tatsächlich alle Kinder weiter gefördert
werden und dort abgeholt werden, wo sie sind, und ihre Chancen wahren, eine AHS
zu besuchen, mit 18 einen Abschluss zu machen, an die Universität zu gehen und
so weiter und so fort. Denn noch einmal – und das ist mir so wichtig –: Wie
weit ein Kind ist, hat nichts mit Intelligenz zu tun. Das ist es nicht.
Deswegen richtet sich mein
Hauptvorwurf in der Regel immer an die ÖVP, weil die ÖVP – und meiner
Meinung nach stehen da nur ideologische Gründe dahinter – einfach diese ganz
grundlegenden psychologischen und lernpsychologischen Dinge leugnet, vom Tisch
wischt und Klientelpolitik macht für elitäre Eltern, die teilweise natürlich
auch gar kein Interesse daran haben, dass alle maturieren und alle dieselben
Aufstiegschancen und Karrierechancen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein diese
Einteilung nach Jahrgängen ist so falsch, und dann kommt noch diese Einteilung
in Fächer, obwohl die Wirklichkeit immer ein Ganzes ist. Wenn wir über ein
Problem nachdenken und wenn wir Probleme lösen wollen, dann halten wir uns
gedanklich nie irgendwo in einem Fach auf, sondern müssen immer ganzheitlich
und gesamtheitlich denken und arbeiten und Problemlösungen entwickeln.
Unsere Kinder – bei mir sind es schon die Enkelkinder
–, das ist die Generation, die auf Grund dessen, was sie in der Schule lernt,
dazu in die Lage versetzt werden muss, die großen Probleme zu lösen. Egal, ob
es soziale Probleme sind, ob es Umweltprobleme sind, das sind Probleme, da geht
es ums Überleben, das sind essentielle Dinge. Auch das können die Kinder nur
lernen, wenn sie lernen, ganzheitlich in Zusammenhängen zu denken und wenn sie
nicht nur Kopfmenschen werden, sondern auch Menschen, die sich emotional und
sozial auf einem hohen Stand der Bildung befinden. Und all das muss die Schule
leisten.
Das heißt – ich wiederhole es noch einmal –, es geht
nicht nur um finanzielle Ressourcen, es geht auch um den Einsatz, den wir
leisten, an Ideen, an Kreativität und an pädagogischem Verständnis.
Nach diesem Ausflug, der eigentlich in dieses Haus
vielleicht gar nicht besonders hergehört, weil er sich mit Pädagogik
beschäftigt hat, aber es hat mir Freude bereitet, sage ich noch einige wenige
Worte zu Anträgen, die da heute eingebracht werden.
Wir werden den Anträgen der ÖVP zum größten Teil
zustimmen, nicht, weil wir Wort für Wort dieser Meinung sind, sondern weil sie
so gehalten sind, dass man sie auch wieder nicht ablehnen kann. Natürlich ist
es richtig, dass man mit den Ressourcen, die Wien hat, genauso gut Klassen mit
22 Kindern und weniger Stützlehrern und -lehrerinnen machen kann, es fragt
sich ja nur, ob es sinnvoll ist. Was wir brauchen würden, wäre, dass nicht nur
einzelne Schulversuche evaluiert werden, sondern dass das Regelschulsystem
evaluiert wird, und nicht, dass es sich selbst evaluiert, sondern dass
Fachleuchte von außen es evaluieren und es einmal fernab von Ideologie oder
sonst etwas anschauen, sondern sich nur dem Interesse der Kinder verpflichtet
fühlen.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass es uns
GRÜNEN ganz speziell am Herzen liegt – und deswegen erwähne ich es auch heute –,
dass eine Problemlösung gefunden wird für die Kinder mit nichtdeutscher
Muttersprache, und zwar für jene, die aus sozioökonomisch benachteiligten
Familien kommen. Die Kinder im Lycée und in der Amerikanischen Schule sind auch
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, aber die haben andere Probleme, diese
jedenfalls nicht.
Ich möchte, dass für die sozioökonomisch schwachen
Familien und ihre Kinder, völlig unabhängig eigentlich auch von der
Muttersprache, eine Problemlösung gefunden wird und dass es Wien gelingt, die
Rate der Dropouts, der Aussteiger aus dem System weiter zu senken.
Wünschen würde ich mir, dass wir auch manchmal eine
pädagogische Debatte führen. Leider tun wir das aus vielen Gründen, die ich
alle einsehe und an denen ich auch immer wieder beteiligt bin, nicht. Im
Stadtschulrat leider auch nicht, weil wir dort eine Geschäftsordnung haben, die
jegliche Form von Diskussion leider unterbindet. Aber vielleicht sollten wir
uns diesen Luxus dennoch manchmal leisten. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Frau GRin Mag Anger-Koch. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Nach Vorlage des Budgets und nach
Durchsicht verschiedener Positionen ist leider für mich kein Ansatz zu
erkennen, wie Sie hier mit den Geldern umgehen. Es kommt mir teilweise so vor,
wie wenn das nach dem
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