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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 118

 

Bundespolitik haben, nicht auf dem Rücken der Schwächsten und auch nicht auf dem Rücken der Wiener Kinder ausgetragen wird.

 

Und wenn wir schon beim Kapitel Schule sind, möchte ich das schon sehr gerne auch mit dem Bereich Integrationspolitik verknüpfen, denn es ist kaum einen Monat her, dass wir hier gesessen sind und über die PISA-Sonderauswertung im Zusammenhang mit Kindern der zweiten Generation diskutiert haben.

 

Meine Damen und Herren! Wenn die Qualität der Integrationspolitik in einer Stadt an irgendeinem Kriterium gemessen werden kann, das heißt, wenn ich sämtliche anderen Kriterien reduziere und zum Zwecke unserer Debatte hier ein einziges herausgreifen würde, dann wäre das sehr wohl der Erfolg der Schulpolitik gerade bei den Kindern der zweiten Generation. Denn bei Kindern, die in dieser Stadt auf die Welt kommen und auch aufwachsen, kann es – da werden Sie mir wohl Recht geben nicht ihr Problem und auch nicht ihre Schuld sein, ob sie in der Schule vorankommen oder nicht.

 

Und wir wissen es, wir haben es schwarz auf weiß, wir haben sehr, sehr schlechte Statistiken, was das Weiterkommen in der Schule betrifft. Wir wissen, dass sehr wenige von ihnen es überhaupt bis ins Gymnasium, geschweige denn an die Universität schaffen. Seit der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse wissen wir auch, dass gut ein Fünftel von ihnen über sehr, sehr, sehr schlechte Lesefähigkeiten verfügt und dass es darüber hinaus keinen Unterschied ausmacht, ob man später, sozusagen im Laufe der Kindheit, erst nach Wien eingewandert ist oder ob man in Wien geboren und aufgewachsen ist.

 

Wenn, meine Damen und Herren, es überhaupt einen Bereich gibt, wo man dringend investieren muss, nicht nur im Sinne der Zukunft unserer Kinder, nicht nur im Sinne eines sinnvollen Bildungsweges für die Stadt, sondern auch im Sinne einer sinnvollen Integrationspolitik, dann ist das der Bereich Schule. Und diese Hunderte von eingesparten Lehrerinnen und Lehrern der letzten Jahre sind, wir wissen es alle, zu einem Großteil gerade dazu da gewesen, diese Kinder zu fördern, sodass sie integriert werden können und auch bessere schulische Chancen haben. Die sind jetzt weg.

 

Und wir diskutieren hier alle sechs Monate jahrein, jahraus in den letzten Jahren, und nichts geschieht. Nichts! Es geht nichts weiter. Es werden ständig dieselben Argumente ausgetauscht von beiden Seiten, und diese Kinder werden jahrein, jahraus ihrem eigenen Schicksal überlassen. Und das halte ich für unverantwortlich.

 

Nun möchte ich vielleicht zum Schluss auf einen Bereich zu sprechen kommen, der ebenfalls jedes Jahr von hier aus ausführlichst diskutiert wird und wo sich überhaupt nichts ändert. Das ist in der Tat die Intransparenz dieses Budgets, die schlechte Lesbarkeit, die unterschiedlichen Systeme, die hier zum Einsatz kommen und das Ganze noch schlechter lesbar und noch intransparenter machen, sowie die Unzahl der Ausgliederungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat, die auch bedeuten, dass die Opposition in ihren Kontrollrechten sehr wohl sehr, sehr, sehr stark eingeschränkt wird, dass wir es darüber hinaus aber mit Berichten zu tun kriegen, die teilweise wirklich nicht anders denn als Kaszettel, als Jausenzettel zu bezeichnen sind.

 

Denn wie kann es sein, dass beispielsweise über 500 Millionen EUR an den Fonds Soziales Wien gehen – immerhin ein Bereich, der sehr, sehr wichtige und wertvolle Aufgaben für die Stadt zu erfüllen hat –, und wir haben bis heute, obwohl wir Rechnungsabschluss haben, keinen ordentlichen Budgetbericht erhalten und gesehen. Das kann nicht sein, dass Sie auf diese Art und Weise mit Kontrolle umgehen, mit Oppositionsrechten umgehen und schlussendlich mit sich selbst umgehen. Und genau dieses Beispiel möchte ich hernehmen, um sehr wohl auf den Bereich BAWAG, BAWAG-Desaster sollte man eher sagen, und ÖGB zu sprechen zu kommen.

 

Meine Damen und Herren! Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass Sie das nicht mehr hören können und dass Sie das auch nicht mehr hören wollen, aber die Vergleichbarkeit ist schon gegeben. Dahinter steckt System, dahinter steckt nach wie vor dasselbe System. Denn wenn man es schafft, ein System aus ausgegliederten Fonds und Unternehmungen zu schaffen und dann gibt es auch noch Holdings, dann gibt es auch noch Stiftungen, und man ist Aufsichtsrat und Beirat und Präsidiumsmitglied und Abgeordneter im Nationalrat und Abgeordneter im Landtag, dann sitzt man auch noch in 120 Vereinen, dann sitzt man noch in der Gewerkschaft und weiß Gott, wo man nicht alles noch sitzt, dann ist es vollkommen klar, dass irgendwann einmal nicht nur Überforderung kommen muss, sondern darüber hinaus irgendwann einmal der Sinn für Kontrolle und was das ist und was es sein soll, verloren geht.

 

Es muss früher oder später unweigerlich dazu kommen, wenn man sich ständig in Konstellationen begibt, wo man mit sich selbst verhandeln muss – das ist etwas, was ich im Zusammenhang mit dem BAWAG-Skandal von hier aus schon vor ein paar Monaten erwähnt habe; wenn man ständig mehrere Hüte übereinander trägt, dann muss man sich das wirklich so vorstellen wie einen Hut pro Funktion – irgendwann einmal muss man unweigerlich in die Situation kommen, darüber nachdenken zu müssen: Moment einmal, wer oder was bin ich gerade? Welchen Hut trage ich gerade? Wenn man sich in Situationen begibt, wo man mit sich selbst vor dem Spiegel verhandelt, wo das Vieraugenprinzip dadurch erfüllt wird, dass man sich sozusagen in der Früh in den Spiegel schaut und sagt, passt, wunderbar, prima, machen wir schon, dann ist es vollkommen klar, dass irgendwann einmal die Kontrolle verloren geht, der Überblick verloren geht und dass ganz, ganz, ganz krasse Fehler passieren.

 

So kommt es auch, dass krasse Fehler passieren und ganze Präsidien, ganze Strukturen, die eigentlich dazu da wären zu kontrollieren, es nicht tun, sondern ganz einfach abnicken, ganz einfach Jawohl sagen, ja, wenn du das vorschlägst, dass man das so machen soll,

 

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