Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 107 von 108
hoffentlich unfreiwilligen Komik wieder zur Ernsthaftigkeit zurückkehren, nämlich zum Thema Drogenpolitik, das wir regelmäßig im Gemeinderat diskutieren.
Aber ich finde es auch begrüßenswert, wenn immer
wieder diese Thematik Sucht und Drogen politisch diskutiert werden sollte. Ich
bin nicht der Meinung, dass in so einem Klima eine Versachlichung dieses
Bereichs möglich ist, weil der Umgang mit Sucht und Drogen eine zutiefst
politische Frage ist und es hier unterschiedliche Zugänge gibt. Dazu bekenne
ich mich auch. Unser Zugang ist ein anderer als der der FPÖ. Das werde ich Ihnen
jetzt vor Augen führen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen,
dass diese wichtige Diskussion abseits jeder Polemik in dieser Stadt auf
verschiedensten Ebenen im Sinne einer Weiterentwicklung der Drogenpolitik
stattfindet, nämlich auf der Bezirksebene, in den Sozialkommissionen, in
diversen Jugendplattformen, in Vereinen und Organisationen, die sich mit
Prävention beschäftigen und direkt mit Suchtkranken arbeiten, unter Ärztinnen
und Ärzten, in Selbsthilfeorganisationen, der Elternkreis Wien ist hier ein
sehr schönes Vorbild, in informellen Zusammenkünften, zum Beispiel mit der
Exekutive und vieles mehr. Ich will damit sagen, dass die regelmäßigen Anfragen
oder Aktuellen Stunden der FPÖ mit immer den gleichen Themen nichts zur
Weiterentwicklung der Drogenpolitik beitragen. (GR Heinz-Christian Strache: Sie machen nichts dazu!)
Die vorliegende Anfrage ist das beste Beispiel dafür.
(GR Heinz-Christian Strache: Weil Sie nichts dazu machen! Seit
15 Jahren bleiben Sie am gleichen Stand!) Sie haben in Ihrer Anfrage
hauptsächlich mit Unterstellungen gearbeitet, mit populistischen Formulierungen
versucht, diffuse Ängste zu schüren, aber das ist bekanntermaßen ein
altbekanntes Stilmittel der FPÖ!
Die Frage 5 ist ein gutes Beispiel. Ich kann
Ihnen das jetzt nicht ersparen. Frage 5, Zitat FPÖ: „Bekennen Sie sich zur
Bekämpfung der Drogensucht und Kriminalität oder sehen Sie Ihren politischen
Schwerpunkt beim Drogenmissbrauch vorwiegend in der Bekämpfung der Folgen des
Drogenkonsums wie zum Beispiel bei der Bekämpfung von Folgeerkrankungen der
Drogensucht oder beim betreuten Wohnen von Suchtkranken?" - Was ist das?
Was soll das sein? Hier wird unterstellt, dass die Wiener Drogenpolitik nur die
Folgeerkrankungen der Drogensucht behandeln und bekämpfen will. (GR Heinz-Christian Strache: Das ist die
Realität in Wien!) Mit dieser Frage zeigt die FPÖ, dass Sie das Wiener
Drogenkonzept, das Sie am Anfang ihrer Anfrage erwähnen, nicht kennen, denn
sonst dürften Sie diese Frage nicht stellen! (GR Kurth-Bodo Blind: Wir
dürften die Frage nicht stellen! Darüber kann ich nur lachen!) - Da redet
der Richtige, weil ich möchte nicht wissen, ob Sie überhaupt wissen, was
ansatzweise in dem Drogenkonzept in der Zusammenfassung steht. Ich bezweifle,
dass Sie das wissen. (GR Harry Kopietz:
Er kennt das schon, nur das Wort Konzept ist ihm fremd!)
Daher möchte ich aus diesem Drogenkonzept zitieren:
„Das oberste Ziel der Wiener Drogenpolitik ist es, dass so wenige Menschen wie
möglich Drogen konsumieren und dass jene, die davon nicht abzuhalten sind, so
wenig Schaden wie möglich nehmen. Es sind ineinandergreifende Strategien zu
entwickeln, um den Schaden für die gesamte Gesellschaft so gering wie möglich
zu halten. Es ist aus gesundheitspolitischer Sicht der Konsum aller Suchtmittel
und Drogen abzulehnen. Die Wiener Drogenpolitik beruht auf einem klaren
Bekenntnis zur Verfolgung und Bestrafung des organisierten Drogenhandels
und...", es ist, seit ich hier bin, seit 2001, schon mindestens hundert
Mal in diesem Saal gesagt geworden: „...eine der Säulen der Wiener
Drogenpolitik ist die Prävention." - Hören Sie also mit Ihren
unaufhörlichen und unqualifizierten Unterstellungen auf!
Der Vorsitzende der Sektion für Allgemeinmedizin der
Wiener Ärztekammer, Dr Rolf Jens, der weder ein Grüner noch ein
Sozialdemokrat ist, sagt zur aktuellen Drogendiskussion: „Es gibt
offensichtlich noch immer die Meinung, dass Drogenabhängige keine Kranken,
sondern ungezogene Menschen sind. Man meint, die Patienten müssten sich nur
zusammenreißen. Zwar weiß jeder, dass das bei Alkoholikern und
Zigarettenrauchern nicht so einfach funktioniert, aber für die anderen
Substanzabhängigen soll das gelten." - Ich fürchte, dass solche Meinungen
in der FPÖ weit verbreitet sind, aus Unwissenheit oder aber weil es in Ihr Weltbild
passt.
Ich möchte hier festhalten, in der Drogenpolitik und
darüber hinaus, aber in der Politik im Allgemeinen, ist mehrdimensionales
Denken gefragt. Es gibt nämlich immer mehr als schwarz oder weiß oder gut oder
böse. (GR Mag Wolfgang Jung: Rot gibt es
auch!) Da sollten Sie ein bisschen darüber nachdenken und sich nicht
ahnungslos hinstellen und irgendwelche Kommentare von sich geben. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist zu wenig und für das Niveau dieses Hauses ein
bisschen schade! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte Ihnen auch sagen, dass Suchtprävention zum
Beispiel mehr ist, als Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass Suchtmittel
gefährlich sind. Am besten gewappnet gegen Sucht sind Menschen, denen nichts
fehlt, was Drogen ihnen vermeintlich geben könnten, Menschen, die eine
Perspektive für ihr Leben haben, die eine gute Ausbildung und einen
Arbeitsplatz dazu haben, Menschen, die eine gute allgemeine Lebenskompetenz,
gutes Erkennen und Verarbeiten von Belastungen, hohes Selbstvertrauen und eine gute
Kommunikationsfähigkeit haben. Suchtprävention ist vielschichtig und als
langfristiger Prozess anzulegen und soll im pädagogischen Alltagsleben
verankert sein.
In Wien spielt die Suchtprävention eine große Rolle
und ist auf vielen Ebenen implementiert. Ich erspare Ihnen, die
34 Präventionsprojekte allein aus dem Jahr 2005 jetzt hier
vorzustellen, weil es würde auch über meine Redezeit gehen, aber Sie können es,
wenn die Bereitschaft besteht, ernsthaft nachlesen.
Ich möchte nur zum Schluss auf ein
neues Problem hinweisen, es wurde schon angesprochen, gestreift, nämlich den
problematischen Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Wir haben die Situation, dass
14 Prozent der
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