Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 101 von 108
und meine Fraktion verstehen natürlich auch die Ängste der Bevölkerung, die Ängste der Eltern um ihre Kinder, die Ängste vor den abhängigen Menschen, die Ängste im Zusammenhang mit der Drogenkriminalität und mit der Beschaffungskriminalität. Ich denke, wir als PolitikerInnen sind gefordert, diesen Ängsten zu begegnen, diese Ängste ernst zu nehmen und die nötigen Maßnahmen zu setzen. Aber, wie gesagt, ich bitte um die ernsthafte Diskussion mit ExpertInnen und nicht um ein parteipolitisches Hickhack bei diesem wichtigen und sehr ernsten Thema.
Lassen Sie mich kurz einige Ideen zu unserem
Drogenkonzept skizzieren:
Unser Drogenkonzept für Wien geht nach dem Motto
"helfen statt strafen" vor. Wir sehen Drogensüchtige als kranke
Menschen, denen wir helfen wollen. Natürlich nicht so den Dealern und den
Kriminellen. Diese gehören bestraft! Das möchte ich von dieser Warte aus ganz
eindeutig feststellen!
Unsere Drogenpolitik geht davon aus, dass Sucht ein
multifaktorelles Problem ist. Nicht nur die persönliche Konstitution und die
Geschichte bestimmen den Weg des Süchtigen in die Abhängigkeit, sondern auch
seine sozialen Beziehungen, sein Umgang mit Stress und die gesellschaftliche
Akzeptanz der Droge. Daher sind auch differenzierte Lösungsansätze
erforderlich. Suchtkranken müssen Therapien angeboten werden. Das Ziel muss
eine soziale und arbeitsmarktpolitische Reintegration sein. Grundsatz all
dieser Maßnahmen ist, dass der Konsum aller Suchtmittel aus
gesundheitspolitischer Sicht ganz klar abzulehnen ist! (Beifall bei der ÖVP.
- GRin Dr Claudia Laschan: Das ist das Wiener Drogenkonzept!)
Unser wichtigstes Anliegen
ist die Prävention. Hier ist es erstens wichtig, auf eine Stärkung des
Selbstwerts der Kinder und Jugendlichen zu achten, aber auch auf die
Bewusstseinsbildung der Gesellschaft, speziell der Eltern. Lassen Sie mich
einige Punkte anführen, die wir uns gemeinsam ernsthaft ansehen sollten. Ich
behaupte, das sind auch die Herausforderungen für die Zukunft der Drogenpolitik
in Wien.
Erfreulich ist, dass es Präventionsangebote
gibt, wie zum Beispiel den spielzeugfreien Kindergarten, der von Ihnen, Frau
Stadträtin, immer angesprochen wird. Leider werden diese Präventionsangebote
aber nicht flächendeckend angeboten. Ich denke, da sind wir aufgefordert, uns
für die Zukunft etwas zu überlegen.
Erfreulich ist auch, dass es Beratungs- und
Betreuungseinrichtungen gibt, wie das neu eröffnete Dialog 10, das von
Ihnen, Frau Stadträtin, heute schon angesprochen wurde. Diese
Drogenberatungseinrichtungen unterstützen die Drogenkranken dabei, ihren Weg in
ein unabhängiges Leben wieder zu finden. Leider betragen die Wartezeiten für
einen Platz für eine Entziehungskur, für die sich der Drogensüchtige
entscheidet, in Wien zirka ein halbes Jahr.
Erfreulich ist, dass es Informationen zum Thema Sucht
gibt, wenn diese von Menschen aktiv eingefordert werden. Wir erwarten
allerdings darüber hinaus eine flächendeckend offensive Informations- und
Aufklärungskampagne. Es fehlt an Enqueten, an Symposien und es fehlt an
Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit. Ich denke, dass wir da noch einiges
machen sollten. Außerdem ist die laufende Überprüfung der gesetzten Maßnahmen
nötig, um entsprechend rasch auf die sich ständig ändernde Szene zu reagieren.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf eine
Gruppe hinweisen, die in der öffentlichen Diskussion oft vernachlässigt wird.
Das sind die Angehörigen von Drogenkranken. Auch diese brauchen unsere
besondere Unterstützung. Sehr oft werden sie mit Unverständnis oder Mitleid der
Mitmenschen konfrontiert oder gar gemieden. Wir als PolitikerInnen sind
gefordert, uns dieser Gruppe verstärkt anzunehmen, aber auch die Arbeit von
Selbsthilfegruppen zu unterstützen. Diese arbeiten niederschwellig, bieten
Betroffenen Rat und Hilfe und sind oft der Erstkontakt zu Betroffenen.
Um mit einem bekannten Experten auf diesem Gebiet zu
schließen, nämlich mit Herrn Dozent Berger, der zum Drogenbericht 2004
festgestellt hat: „Hier sind sich alle Fachleute einig. Die Vorstellung, dass
das Drogenproblem in erster Linie mit Gesetzen und Strafen gelöst werden kann,
ist eine irrige Vorstellung. Der beste Schutz sind Maßnahmen der Begleitung und
Unterstützung von Jugendlichen, die sich in Gefahr befinden. Drogen sind meist
nur ein Symptom für Probleme. Alles, was die Entwicklung von Jugendlichen
begleitet, hilft. Das können Stützmaßnahmen in der Schule sein und natürlich
auch der Ausbau der kinder- und jugendpsychiatrischen Angebote." - Ich
würde vorschlagen, treten wir weiter in Dialog mit diesen ExpertInnen, setzen
wir auf Bewusstseinsbildung und unterstützen Betroffene gemeinsam! (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Herr GR Wagner, Sie haben das Wort.
GR Kurt Wagner
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich möchte nur zum Eingang meiner Rede eines
bemerken, was schon bemerkenswert ist, wir erleben eine Dringliche Anfrage der
FPÖ, vorgetragen vom Herrn Klubobmann der Freiheitlichen, nur jetzt ist ihm das
Thema anscheinend nicht mehr interessant genug, er ist nicht mehr im Saal. Ich
möchte im Prinzip schon darauf hinweisen, wenn man selbst eine Dringliche
Anfrage bringt, würde es eigentlich zum Anstand gehören, wenn man schon dieses
Thema diskutieren möchte, und ich nehme an, Sie haben es nicht aus Jux und
Tollerei auf die Tagesordnung gesetzt, sondern weil es Ihnen ein Bedürfnis ist,
dann sollte man sich auch die Zeit nehmen, für die politische Diskussion zur
Verfügung zu stehen! (Beifall bei der SPÖ. - GR Kurth-Bodo Blind: Er ist
nicht der Bürgermeister!)
Meine Damen und Herren, meiner
Vorrednerin von den GRÜNEN, der Kollegin Cammerlander, habe ich schon in einem
Zwiegespräch gesagt, es ist tatsächlich richtig, alle Jahre wieder, sogar fast
immer um die gleiche Jahreszeit, entweder April oder Mai, gibt es ein
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