Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 100 von 108
dem Thema! Sie haben keine Ahnung! (GR Mag
Wolfgang Jung: Hauptsache, Sie wissen es! Welche Erfahrung haben Sie denn da?)
Ja, ich habe sehr viel Erfahrung. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Das
heißt, die vielen Maßnahmen, die wir verabsäumen, sind die Drogenkonsumräume?)
Frau Stadträtin, Sie machen sehr viel, aber Sie
wissen, dass die Konsumräume in Wien fehlen! (Amtsf StRin Mag Renate
Brauner: Ein Punkt, aber es sind viele angekündigt worden! Ich wollte mich nur
vergewissern! Es ist der eine Punkt! Ich wollte es nur wissen!) Ich habe
auch gesagt, dass die Wiener Sozialpolitik, und das höre ich von vielen
Sozialarbeitern und Experten, ein Vorbild war, aber in den letzten Jahren, und
ich schreibe das einer gewissen Mutlosigkeit zu, rückgängig ist. Es ist eine
Bitte an Sie, ein Ersuchen: Werden Sie wieder mutiger, damit Wien wieder auf
die Überholspur in Europa kommt! (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Mit allein
seligmachenden Konsumräumen!) Nein, das ist ein Teil davon.
Ich werde ganz kurz noch ein paar Worte zur
Diskussion rund um die retardierten Morphine sagen, die angeblich unseren
Schwarzmarkt überfluten und die Menschen reihenweise dahinraffen. Wir haben
mittlerweile zahllose Diskussionen mit ExpertInnen geführt. Bei allen
langwierigen ExpertInnendiskussionen rund um Mittel erster Wahl, Missbrauch und
Verdrängung von Heroin, bleibt eine entscheidende Frage über, die sich seit
Jahren stellt und deswegen um so dringender auf ihre Antwort wartet. Es gibt
offensichtlich Menschen, die einen Bedarf an Suchtmitteln haben, die sie
intravenös konsumieren wollen oder müssen. Es gibt offensichtlich am
Schwarzmarkt eine Nachfrage nach einem Mittel, den retardierten Morphinen, die
diese Personen eigentlich legal bei betreuenden ÄrztInnen erhalten können. Die
Frage, die wir uns dabei stellen müssen: Welches Angebot können wir diesen
Menschen geben, um sie weg von der Straße und hinein in die Arztpraxen zu
bringen?
Auch zu diesem Thema haben Sie, sehr geehrte Frau
Stadträtin, bereits seit 2003 eine Expertise vorliegen, ebenfalls erstellt von
Prof Springer auf Grund internationaler Erfahrungen. Auch hier hört man
oder frau von Ihrer Seite nur: „Brauchen wir nicht!", „Wollen wir
nicht!", „Können wir uns politisch nicht leisten!" (Amtsf StRin
Mag Renate Brauner: Wovon reden Sie?) - Von diesen Diskussionen, die wir in
der letzten Zeit geführt haben. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Da hat Wien
eine völlig klare Position bezogen! Das habe ich vorhin gesagt! Seien Sie mir
nicht böse, aber was Sie jetzt wollen, weiß ich wirklich nicht!)
In Deutschland, das wissen Sie, ist gerade jetzt die
Evaluierung einer sehr erfolgreichen Heroinstudie, die gemacht wurde,
abgeschlossen worden. Sie haben mir gesagt, Sie wissen noch nicht, was in
dieser Verordnung steht, aber es wird das retardierte Morphin sozusagen nicht
mehr. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Wir kämpfen mit allen Mitteln und mit
Unterstützung von Herrn Dr Rasinger dagegen an! Er weiß, wovon er redet, weil
er selbst Patienten hat! Dankenswerterweise engagiert er sich sehr!) -
Hoffentlich erfolgreich! (Amtsf StR Mag Renate Brauner: Haben sie mir nicht
zugehört?) Ich habe Ihnen schon zugehört! Hoffen wir, dass diese Verordnung
nicht so schlimm ausfällt und dass die retardierten Morphine weiter verwendet
werden dürfen!
Dann bin ich ohnehin schon fertig. Lassen Sie mich
zum Schluss noch ein Wort zur Ausgliederung des Suchtbereichs sagen, der
bezeichnenderweise weder im Gemeinderat noch im Landtag diskutiert wurde. Es
ist einfach ein Bereich, über den Sie scheinbar doch nicht so gerne reden. Das
wird wohl der Grund sein, warum ihn die Stadt Wien ehemals in den Fonds
Soziales Wien ausgegliedert hat. Mir fällt dabei immer ein, was ich schön
finde, das ist ungefähr, wie der Wiener so schön sagt, nur nicht anstreifen. (GR Dr Wolfgang Aigner: Das gilt für die
GRÜNEN!)
Wie Sie alle wissen, haben wir in der letztwöchigen
Sitzung des Kuratoriums des Psychosozialen Dienstes der nunmehrigen
Verschiebung des Suchtbereichs in den Bereich des PSD zugestimmt. Wie Sie aber
auch wissen, haben wir das nicht getan, weil uns diese neuerliche Abschiebung
des Suchtbereichs besonders Freude macht. Unsere Zustimmung sehen wir als
Vertrauensvorschuss, dass Sie die möglichen Synergien durch die Verbindung des
Suchtbereichs mit dem Bereich Alkohol und der Anbindung an dem Psychiatrischen
dazu nutzen, die Wiener Suchtpolitik endlich wieder auf die internationale
Überholspur zu bringen. Letztendlich war unsere Zustimmung aber auch Ausdruck
unserer Hoffnung, dass durch die Freispielung des Drogenkoordinators aus dem
Schatten seines Vorgängers, denn das ist der eigentliche Grund für diese
Konstruktion, der Weg zu einer mutigeren Wiener Stadtpolitik frei wird, einer
Suchtpolitik, die mehr auf das Wohl der suchtkranken Menschen und der
Bevölkerung als auf die Bedürfnisse des Boulevards eingeht.
Unserem wunderschönen Wien ist aus meiner Sicht von
Herzen zu wünschen, dass es eine mutigere Politik im Drogenbereich bekommt! -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Karin Praniess-Kastner. - Bitte schön.
GRin Karin Praniess-Kastner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Frau StRin Brauner, Sie dürfen wieder ein bisschen
weiter nach vorne kommen, weil ich denke und auch hoffe, es gefällt Ihnen
eventuell besser, was ich jetzt sagen werde als das, was meine Vorredner gesagt
haben. Ich bin nämlich der Meinung, dass wir die Drogenpolitik einmal aus der
Parteipolitik herauslösen und uns diesem komplexen Thema wirklich ernsthaft
annähern sollten. Es wird auch nicht möglich sein, das jetzt in zwei Stunden
auszudiskutieren, wiewohl ich beim aufmerksamen Zuhören meiner Vorrednerin
festgestellt habe, dass in dieser Diskussion auch nicht viel Neues zu erwarten
ist.
Das Drogenthema ist ein sehr komplexes Thema. Ich
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