Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 108
im Übrigen dazu beitragen würde, den Anteil von außerordentlichen Schülerinnen und Schülern pro Klasse auf eine sehr nette Art und Weise zu reduzieren, anstatt sie dirigistisch sozusagen in Busse zu stecken und gegen ihren Willen durch die Stadt zu führen.
Man könnte auch die zweisprachige Alphabetisierung in
den Kindergärten ausbauen. Man könnte kostenlos und selbstverständlich auch mit
einer mehrsprachigen Offensive mehr Zuwanderer ermutigen, ihre Kinder in den
Kindergarten zu schicken. Im Übrigen: Wenn man das Angebot an die Menschen
richtet und sie es sich leisten können, dann nehmen sie es auch an. – Man
könnte also viel tun!
Ich erwarte heute als Beantwortung dieser Dringlichen
Anfrage der GRÜNEN immerhin ein paar Vorschläge, was man zu tun gedenkt! Und
wer weiß: Vielleicht kommt auch eine tiefschürfende Erörterung zum Thema Wiener
Schnitzel! Wir werden sehen!
Lassen Sie mich nun zum Schluss ernsthaft werden und
Ihnen zwei Dinge sagen, die mir sehr am Herzen liegen! (VBgmin Grete Laska: Der Schnitzelantrag ist ernst gemeint! Man sollte
das nicht ins Lächerliche ziehen!)
Sie haben Recht! Die Schnitzelfrage sollte man nicht ins Lächerliche ziehen!
Sie haben vollkommen Recht! Ich verstehe das vollkommen! Ich bin auch eine
Anhängerin des Wiener Schnitzels!
Ich möchte zum Schluss aber doch zwei Dinge sagen,
die mir im Zusammenhang mit dieser ganzen unsäglichen Integrationsdebatte der
letzten Wochen sehr am Herzen liegen.
Meine Damen und Herren! Es wird Ihnen nicht entgangen
sein, dass Integration auf zwei Ebenen verläuft, einerseits zunächst auf einer
emotionalen, andererseits dann aber auch auf einer praktischen. – Die Befassung mit der emotionalen Ebene ist
schlussendlich nicht zuletzt auch unsere Aufgabe seitens der Politik. Es muss
nämlich jedem einleuchten, dass es nicht funktionieren kann, wenn man hergeht
und den Zuwanderern sagt: Integriert euch gefälligst!
Das heißt, hier geht es
darum, Menschen, die zugewandert sind oder in einem fremden Land geboren werden
und auch hier aufwachsen, das Gefühl zu geben, dazu zu gehören, willkommen zu
sein, hier eine Heimat und ein Zuhause finden zu dürfen. Es geht darum, dass
der eine die Hand ausstreckt und der andere sie nimmt. – Das ist jedoch in
den letzten Jahren nicht nur systematisch verabsäumt, sondern sogar zunichte
gemacht worden, ganz besonders von dieser Bundesregierung.
Dann gibt es auch noch eine
praktische Seite, die eigentlich ganz einfach ist: Integriert ist in einem Land
derjenige oder diejenige, der oder die Chancen auf Erfolg hat. Das wissen wir!
Es wird wahrscheinlich niemand darüber diskutieren, ob der Dogudan oder die
Vassilakou hierzulande integriert sind. Meistens werden nämlich
Integrationsdebatten auf dem Rücken derjenigen ausgetragen, die keine Chancen
haben und die es nicht so leicht erwischt haben in diesem Land.
Dazu gehören auch Kinder,
und diesen Kindern haben wir die Zukunft nicht zu stehlen! Es ist geradezu
unsere Aufgabe, diesen Kindern wie all unseren Kindern eine Chance auf eine
gute Zukunft zu geben, in der sie nicht auf dem Arbeitsmarkt aufgeschmissen
sind, sondern auch Chancen auf Erfolg haben.
Die Wiener Schulpolitik
ist ein Herzstück der Wiener Integrationspolitik, und umso mehr müssen wir
gemeinsam und ernsthaft Anstrengungen unternehmen, um in diesem Bereich endlich
Fortschritte zu erreichen! Welche Antwort auch immer Sie uns heute von hier aus
geben, eine kann es nicht sein: Dass nämlich diese
PISA-Sonderauswertungsergebnisse einfach zur Kenntnis zu nehmen sind und dass
wir zur Tagesordnung übergehen! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zur
Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bürgermeister zu Wort
gemeldet. – Bitte.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau
Klubvorsitzende!
Ich fürchte sehr, dass ich Sie zunächst einmal
enttäuschen muss: Ich beabsichtige nicht, die "Schnitzel-Debatte"
lustig oder auch ernst aufzunehmen! Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn jemand
auf seine eigenen Gerüchte, die er in Zeitungen in die Welt setzt, dann auch
noch so hineinfällt, dass er sie ernst nimmt und daraus resultierend meint,
auch alle anderen damit beschäftigen und ihnen vorzuschreiben zu müssen, was
sie zu essen haben, dann halte ich das – sagen wir einmal – für so
kühn, dass ich mich dieser kühnen Debatte entziehe!
Die Tatsache, dass wir uns am Ende des Tages mit
großer Einhelligkeit der Fragestellung der ausgewogenen Ernährung von Kindern
wieder einmal gemeinschaftlich zuwenden und einmal mehr bestätigen, dass wir
dies wollen – und ich gehe davon aus, dass auch die GRÜNEN nichts gegen
eine ausgewogene Ernährung haben –, halte ich im Prinzip für erfreulich.
Ob es dazu einer Dringlichen Anfrage bedurft hätte, wage ich zu bezweifeln,
denn wir wären wahrscheinlich auch ohne Dringliche Anfrage auf diese gemeinsame
Bestärkung einer gemeinsamen Haltung gekommen.
Eine zweite Bemerkung, die
ich hier auch noch machen muss, ist, dass ich gemäß dem Prinzip, dem Sie ja
auch huldigen und das hoch pädagogisch ist, dass nämlich ständige Wiederholung
den Unterrichtsertrag sichert, auch diesmal feststellen muss, dass für die
Mehrzahl der Punkte, die Sie angesprochen haben und die Sie mich auch fragen,
etwa betreffend alle Bereiche des Schulunterrichts, die Genehmigung der
Landeslehrerstellenpläne und auch die Lehrinhalte, hier einfach der falsche Ort
ist. Ich weiß das, und Sie alle wissen das! Sie fragen mich trotzdem, und Sie
dürfen daher mit Fug und Recht von mir erwarten, dass ich Sie einmal mehr
darauf hinweise, dass für all diese Dinge hier der falsche Ort ist! Dafür ist
nämlich die Frau Bundesministerin zuständig, die Sie so zärtlich als “Mutter
der Bildungsmisere“ bezeichnet haben. Daher wären diese Fragen an sie zu
richten! (Zwischenruf von GRin Mag Maria
Vassilakou.)
Die Diskussion kennen wir ja! Die
Mutter weiß man
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