Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 108
völlig negiert und nicht respektiert und überhaupt
nicht bereit ist, Anpassung letztlich auch sicherzustellen? (Zwischenruf von
GR Mag Christoph Chorherr.)
All das sind Dinge, bei denen ich sage: Da hört sich
der Spaß auch für viele Österreicher auf, und dafür gibt es kein Verständnis!
Wir sagen wie seit Jahren: Kostenloser Kindergarten - nämlich die gesamte Zeit
- zumindest halbtags. Wir sagen: Sprachkurse und Vorschule sicherstellen in
Wien; wer nicht Deutsch kann, hat nicht zum Schulunterricht zugelassen zu
werden, ohne Deutsch keine Schulzulassung. Wir sagen: Höchstschülerzahlen in
Wien auf 20 Schüler pro Klasse begrenzen, mehr Lehrer anstellen, die sich
auch kümmern können und auf die Kinder eingehen können; das wäre eine
zielorientierte Maßnahme. Und wir sagen: 30 Prozent Kinder nichtdeutscher
Muttersprache soll der Höchstanteil in einer Klasse sein.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Herr Gemeinderat, darf ich Sie bitten.
GR Heinz-Christian Strache (fortsetzend):
Ich komme zum Schlusssatz. - Aber wir lehnen es ab, dass man die Kinder mit
Bussen quer durch Wien transferiert, von Ottakring nach Grinzing, nach Hietzing
und ich weiß nicht, wohin noch. Das ist sicherlich der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Nächste Rednerin ist Frau GRin Mag Vassilakou. - Bitte.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Verehrte Damen und Herren!
Es ist in der Tat ein bisschen schwierig, nicht auf
die Ausführungen des Herrn Strache einzugehen. Aber ich werde schauen,
vielleicht bleibt mir zum Schluss ein bisschen Zeit übrig, weil ich Ihnen auf
eine Sache doch noch antworten muss.
Nichtsdestoweniger gibt es vielleicht einen Punkt, in
dem wahrscheinlich wir alle, quer über die Fraktionen hinweg, uns einig sein
werden: Die Situation in Wiens Schulen ist in der Tat alarmierend. Das wissen
wir schon definitiv schwarz auf weiß, spätestens seit die PISA-Sonderauswertung
im Zusammenhang mit Kindern mit Migrationshintergrund auf dem Tisch liegt, und
wir wissen, dass wir in der Tat handeln müssen. Denn es ist sehr
besorgniserregend, wenn ein Fünftel dieser Kinder - ein Fünftel dieser Kinder!
- nicht imstande sind zu verstehen, was sie lesen, und das im Alter von 15 bis
16 Jahren.
Noch alarmierender ist es, wenn wir uns das genauer anschauen
und feststellen, dass es bei diesem einen Fünftel keinen Unterschied macht, ob
die Kinder später nach Österreich zugewandert sind oder ob sie hier geboren und
aufgewachsen sind. Das heißt, irgendetwas läuft in unseren Schulen ganz, ganz
schief! Und das wissen wir, das haben wir in diesem Haus schon seit Jahren
mehrfach besprochen.
Wo sich die Geister scheiden, ist: Worin liegt die
Ursache? Ich werde Ihnen von hier aus einmal mehr sagen, worin die Ursache
liegt, und da möchte ich ganz besonders die Kolleginnen und Kollegen von der
Wiener ÖVP ersuchen, dass sie sich das wirklich regelrecht hinter die Ohren
schreiben, damit sie es sich endlich merken. Denn die Ursache liegt darin, dass
seit dem Jahr 2000 1 300 Lehrerinnen und Lehrer in Wiens Schulen
eingespart werden mussten (GR Mag Wolfgang Jung: ...300 000 zugewandert
sind!), Kollegin Ekici, 1 300 Lehrerinnen und Lehrer sind
weggekürzt worden!
Warum sind diese Lehrerinnen und Lehrer weggekürzt
worden? Weil Ihre Bundesministerin, Ihre schwarze Bundesministerin
Gehrer, gesagt hat: „Ich habe ein Budget zu sanieren, und damit basta!",
und weg waren die Lehrerinnen und Lehrer, sukzessive abgebaut! (GR
Heinz-Christian Strache: Vergessen Sie den Herrn Bürgermeister nicht! Der Herr
Bürgermeister hat das unterschrieben!) Und warum sind sie zusätzlich weg?
Es gibt ja noch einen Mitschuldigen, wenn Sie so wollen, weil unser Herr
Bürgermeister und Landeshauptmann, der ja für den Schulbereich auch zuständig
wäre als größtes Oberhaupt des Stadtschulrates, das auch noch im
Finanzausgleich mitunterzeichnet hat. Diese Misere haben wir zu sanieren! (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Ich stelle fest, dass das der Wiener ÖVP ohnehin
maximal peinlich sein muss, spätestens seit auch noch Innenministerin Prokop in
die Öffentlichkeit geht, Studien zitiert, die es so nicht gibt, und dann auch
noch eine der größten Weltreligionen kollektiv beleidigt. Irgendwann einmal
muss man also wohl aus der Not eine Tugend machen, und dann sagt man: Na gut,
ab durch die Mitte, jetzt muss man mit irgendetwas vorkommen.
Und was fällt der Wiener ÖVP sein? Copy/Paste, eine
uralte Methode: Man nimmt einen Vorschlag der FPÖ aus dem Jahr 2000 (Demonstrativer
Beifall von GR Kurth-Bodo Blind.), den damals Ihr Schulsprecher, Herr
Strobl, massiv abgelehnt hat - lesen Sie in der APA nach, was er damals zu
diesem Vorschlag zu sagen hatte! -, mit dem kommen Sie und just den bringen Sie
jetzt als eigenen Vorschlag. Zu Ihnen kann ich nur mehr sagen: Sie sind genau
dort gelandet, wohin Sie offenbar unterwegs waren, nämlich auf demselben Niveau
wie die FPÖ. Gratulation! (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Wenn es aber darum geht, ernsthaft darüber zu
diskutieren, was man in Wiens Schulen tun kann und tun muss, gibt es eine
Vielzahl von Vorschlägen, die wir auch noch am Nachmittag anhand der
Dringlichen der GRÜNEN werden diskutieren können. Ich kann Ihnen nur
ausrichten: Kostenloser Kindergarten, nicht nur das letzte Jahr (GR
Heinz-Christian Strache: Das haben Sie bei der FPÖ abgeschrieben!), nicht
nur das letzte Jahr, sondern überhaupt; eine Werbeoffensive. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Heinz-Christian Strache: Das haben
Sie einmal bei uns abgeschrieben! Das ist ja schön!)
Es ist ja nicht so, Kollege Strache, dass Sie
zufälligerweise bei allen Punkten, wo die GRÜNEN etwas fordern, seit Jahren
auch noch automatisch Nein sagen müssen. (GR Heinz-Christian Strache: Da
waren Sie noch nicht einmal in diesem Haus!) Es kann sogar sein, dass wir
bei manchen Punkten ausnahmsweise einer Meinung sind. Da können Sie sich ja
auch dafür einsetzen. (Heiterkeit bei der FPÖ.)
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