Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 108
Was Wien verabsäumt hat, ist
eine Wohn- und Schulpolitik, die Integration fördert statt behindert. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist eine
Tatsache, dass in bestimmten Bezirken in Wien und auch an vielen Schulen die
gesunde Durchmischung ein Wunschtraum geblieben ist. Aus Untersuchungen des
Stadtschulrates geht hervor, dass gegenwärtig rund 17 Prozent der in die
Volksschulen kommenden Kinder, unabhängig von der Erstsprache, akute
Sprachdefizite aufweisen. Der Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache
liegt in den Volksschulen durchschnittlich bei rund 46 Prozent, in den
Hauptschulen bereits deutlich über 50 Prozent.
Deswegen haben am Montag
dieser Woche StR Gio Hahn und ich ein Konzept gegen die Sprachlosigkeit in den
Schulen präsentiert, das bei den betroffenen Migranten sehr gut aufgenommen
wurde. Wir haben sehr viel Zuspruch und Unterstützung erhalten.
Wie sieht nun unser
Konzept aus? Zum einen fordern wir schon seit langem das letzte
Kindergartenjahr gratis für alle. Gerade für Migranten ist der Kostenfaktor ein
Hindernisgrund, das Kind in den Kindergarten zu geben.
Wir fordern, dass in einer
Klasse maximal ein Drittel der Schulkinder einen Migrationshintergrund und
mangelnde Deutschkenntnisse aufweisen sollten. Die Integrationslasten sollen
innerhalb des Schulstandortes, Bezirkes und Wiens auf alle Schulstandorte
beziehungsweise Kindergärten gleichmäßiger verteilt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Des Weiteren fordern wir
eine Vorverlegung der Schuleinschreibgespräche auf mindestens ein Jahr vor Schuleintritt.
Damit sollen Schulleiter und Unterrichtsbehörden frühzeitig Einblicke in die
Sprachdefizite der künftigen Schüler erhalten.
Eine weitere wichtige
Forderung der ÖVP Wien, die Frühförderung der Kinder, wurde auf unser Bestreben
hin von der Bundesregierung verwirklicht. Wir wissen, dass Familien unter
Umständen längere Anfahrtswege zu Kindergärten beziehungsweise Schulen in Kauf
nehmen würden, wenn dafür gewährleistet wäre, dass die sprachliche Integration
rascher und fundierter erfolgt. Denn, wie gesagt, wenn in einer Klasse mehr als
ein Drittel an Kindern mit nichtdeutscher Erstsprache anwesend sind, ist
erfolgreiches Unterrichten unmöglich.
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Aus vielen Gesprächen mit den Eltern weiß ich, dass sie auch einen
Schulbus-Service der Stadt begrüßen beziehungsweise annehmen würden. Schulbusse
sind gerade in der Türkei auf Innenstrecken üblich, aber auch in Wien ist es an
manchen Privatschulen üblich, dass Kinder mit Bussen von zu Hause abgeholt und
nach der Schule wieder nach Hause geführt werden. Dieser Service garantiert vor
allem, dass die Kinder sicher in die Schule und wieder nach Hause kommen.
Letztendlich muss die
Stadt auch eine vorausschauende und integrative Wohnpolitik betreiben.
Ich möchte hier betonen,
dass die Migranteneltern selbst an wirksamen Maßnahmen zur raschen Beseitigung
von Sprachdefiziten vital interessiert sind. Ich darf an dieser Stelle die
Obfrau des türkisch-österreichischen Elternvereins zitieren, die unsere
Forderung begrüßt und unterstützt: „Ich freue mich, dass endlich einem
dringenden Wunsch türkisch-österreichischer Elternvereine nachgekommen werden
soll. Denn werden die Vorschläge der ÖVP-Wien umgesetzt, werden wir zu einer
effizienteren Durchmischung der sozialen Gruppen kommen, und ein
Erfahrungsaustausch für ein besseres Miteinander wird gegeben sein. (Beifall bei der ÖVP.) Die Basis für eine sozialpädagogische Perspektive ist somit
festgelegt und wird auch unsererseits gefordert und forciert." - Zitat
Ende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind keine
Einzel-Samples, ganz im Gegenteil, viele Betroffene unterstützen unsere
Forderung. Und, liebe Kollegin Yilmaz - ich sehe sie heute nicht, sie sitzt
nicht unter uns. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sie ist krank! - GR Dipl Ing
Omar Al-Rawi: Sie ist krank!) Die Betroffenen sehen es nicht als Schüren
von Gegensätzen an, ganz im Gegenteil. Wer das Problem und den Handlungsbedarf
negiert, lebt entweder in Utopia oder leidet an akuter Realitätsverweigerung. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrte Damen und Herren! Interessant war
auch die Reaktion der GRÜNEN. Zuerst machte Alev Korun eine Presseaussendung
voller falscher Informationen. Da wird der Wiener Akademikerbundobmann als
Franz Fiedler genannt, und weiters spricht sie von VP-Kohl, der vor
1 000 Muslimen aus dem Koran zitiert. Ich glaube, liebe Alev, du
meinst Herrn Nationalratspräsidenten Andreas Khol; und nur zur Klarstellung: Er
hat nicht vor 1 000, sondern vor 12 000 Muslimen gesprochen. (Zwischenrufe
bei der SPÖ und den GRÜNEN.)
Weiters macht Maria Vassilakou unmittelbar danach, am
Dienstag, eine Pressekonferenz und fordert genau dasselbe, was die ÖVP seit
längerem fordern: Erfassung von relevanten Daten und Fakten, Erstellung eines
Reformkonzeptes und Erweiterung der Autonomie der Schulen bezüglich
LehrerInneneinsatzes. (GRin Mag Maria Vassilakou: Und
1 300 LehrerInnen...!) Ich kann nur sagen, Maria: Schwach,
schwach!
Meine Damen und Herren! Das Thema ist uns und den Betroffenen
viel zu wichtig, und deswegen werden wir nicht zulassen, dass damit polemisiert
und die Diskussion bewusst in eine andere Richtung gelenkt wird. (Beifall
bei der ÖVP. - GR Dipl Ing Omar Al-Rawi: Dann sagen Sie es Prokop!) Wir
werden auch nicht zulassen, dass die Problematik, Kollege Al-Rawi, negiert und
schön geredet wird. (GR Dipl Ing Omar Al-Rawi: Sagen Sie das Prokop!) Schauerszenarien,
die von Rot oder von den GRÜNEN gezeichnet werden, sind fehl am Platz. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrte Damen und
Herren! Um aber sagen zu können, wie das Ganze tatsächlich umgesetzt werden
kann, müssen die Stadt Wien und der Stadtschulrat in ihren Statistiken eine
qualitative Differenzierung einführen. Denn alle Statistiken unterscheiden
derzeit meines Wissens nur zwischen Kindern mit deutscher und nichtdeutscher
Muttersprache; das sagt nichts über die Qualität ihres Sprachvermögens aus.
Diese Statistiken sind im Jahre 2006 nicht zeitgemäß, und sie
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