Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 108
bestehenden Ausgliederungen, sei es jetzt im Bereich
der Stadtwerke Holding oder im Bereich der Wien Holding, eigentlich am
Gemeinderat vorbei passieren. Es bestätigt sich somit die jahrelang von den
GRÜNEN geübte Kritik an den Ausgliederungen und zum Teil auch an
Privatisierungen, insbesondere auf Bundesebene, weil das ja auch dort nicht
anders ist: Je mehr ausgegliedert wird, desto weniger Information, und im
Zweifelsfall gibt es Information im Nachhinein. Aber von einem gemeinsamen
Mitwirken an der Strategie ist keine Rede.
Nichtsdestoweniger zurück zur Wien Holding und meiner
Frage, die in den Bereich der Entsorgungsbetriebe geht: Inwiefern wird sich die
Rolle der Wien Holding bei der Neustrukturierung des Entsorgungsbereiches - da
gehören Müll und Abwasser, einmal dezidiert angesprochen, dazu - verändern?
Bleibt sie gleich, oder wird dort die Wien Holding eine große Rolle spielen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte.
VBgm Dr Sepp Rieder: Herr Gemeinderat!
Das ist ein ganzes Bündel von grundsätzlichen
Bemerkungen, die Sie gemacht haben. Ich stehe gerne auch zu größeren
Diskussionen über dieses Thema zur Verfügung, ich möchte jetzt also meine
Antwort nicht nur auf die konkrete Frage reduzieren. Aber ich gebe zu bedenken,
dass, wenn die Struktur des Unternehmens, des Wirtschaftsunternehmens gewählt
wird, dies nicht aus Jux und Tollerei geschieht oder nicht, um sich irgendeiner
Kontrolle oder Mitwirkung zu entziehen, sondern weil es vom
Unternehmensgegenstand her notwendig ist.
Gerade das Beispiel, das Sie angesprochen haben, die
jetzt aktuelle Frage der Diskussion über die Rolle der Aktionäre an der
Verbundgesellschaft, zeigt ja, wie schwierig es ist, die konkrete Entscheidung
in Einklang mit strategischen Entscheidungen zu bringen. Ich bin immer dafür,
dass wir in der Frage der politischen Strategien die Diskussion suchen - es
muss ja nicht immer ein Konsens hergestellt werden - und auch hier die
öffentliche Verhandlung führen. Aber dort, wo es um konkrete Entscheidungen
geht, die zutiefst in die wirtschaftlichen Fragen gehen, ist es einfach nicht
möglich, im Vorfeld eine breite öffentliche Diskussion zu führen, da Sie dann
jede Chance in der Verhandlung völlig verlieren würden. Das wäre genau so, wie
wenn ich mich vor den Finanzausgleichsverhandlungen hier hersetzen würde und
mich in einer großen Debatte über die Strategien der Stadt in den Verhandlungen
mit dem Finanzminister öffentlich festlegen lassen würde. - Das ist das eine.
Das Zweite ist die Frage, wie sich die Wien Holding
entwickelt. Das hängt von einer Vorfrage ab, bei der ich nie für mich in
Anspruch genommen habe, sie in erster Linie oder überhaupt allein zu
beantworten, sondern die liegt bei dem oder der jeweiligen
Ressortverantwortlichen. Die Art, wie dort die Entscheidung getroffen wird,
kann sich dann in der Struktur der Wien Holding widerspiegeln, das muss aber
nicht der Fall sein. Zuerst jedoch muss die Entscheidung im Ressortbezug
getroffen werden - wie man sich dort entscheiden will -, und dann kann die
zweite Frage beantwortet werden, nämlich wie wir im Bereich der Wien Holding
darauf reagieren.
Mehr kann ich zu Ihrer konkreten Frage im Augenblick
nicht sagen.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön. - Letzte Zusatzfrage: Herr GR Dr Wolf.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Stadtrat!
Sie haben gesagt, dass es keine konkreten Pläne zur
Veränderung der unternehmerischen Struktur der Wien Holding gäbe.
Meine Zusatzfrage: Gibt es konkrete Pläne zur
Veränderung der Personalstruktur? Insbesondere: Ist daran gedacht, im
Kulturbereich den Kulturmanager Rudi Klausnitzer mit einer Führungsfunktion zu
beauftragen?
VBgm Dr Sepp Rieder:
Herr Gemeinderat!
Ich habe den Eindruck gehabt
- da Sie die Frage gestellt haben -, dass irgendwie die "Causa
Klausnitzer" im Hintergrund stehen muss, da sonst nicht ganz erklärlich
wäre, warum jetzt Dr Wolf gerade auf das Wirtschaftsthema Wien Holding
eingeht.
Ich kann dazu ganz offen
sagen: Es gibt keine wie immer geartete Zusage oder Gespräch, dass es zu einer
Führungsposition des Dr Klausnitzer in der Wien Holding oder auch nur in
einem Teilbereich kommen soll.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke schön. - Somit ist die Fragestunde abgeschlossen.
Wir kommen zur Aktuellen Stunde.
Der Klub der ÖVP hat eine Aktuelle Stunde mit dem
Thema "Integration in Wien - Konzept gegen die Sprachlosigkeit"
verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 ordnungsgemäß
beantragt.
Ich ersuche nun die Erstrednerin, Frau GRin
Mag Ekici, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, und darf bemerken, dass ihre
Redezeit mit 10 Minuten begrenzt ist. - Bitte.
GRin Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Die französischen Vorfälle haben verdeutlicht, dass
die Arbeit mit jungen Migranten unerlässlich und sehr wichtig ist. Frankreich
ist damit zum Symbol für eine verfehlte Integrationspolitik geworden. Dort
wurden die Unterstützungsmaßnahmen, die erforderlich gewesen wären, nicht
durchgeführt.
Aber auch im roten Wien wurde die Gruppe der
Migrantenkinder bis jetzt stark vernachlässigt. Hinsichtlich der zweiten und
dritten Generation sind Integrationsmaßnahmen im vorschulischen, im schulischen
und im beruflichen Bereich zu setzen. Denn auffallend oft werden
Migrantenkinder in die Sonderschule abgeschoben. Anders ist es nicht zu
erklären, warum fast die Hälfte der Migrantenkinder in einer
sonderpädagogischen Lehranstalt sitzt oder dorthin abgeschoben wird. Was diese
frühe Selektion für die Zukunft der Kinder bedeutet: Schulabschlüsse, die
nichts wert sind, die gerade einmal für Hilfsarbeitertätigkeiten nutzen und
taugen. Was Wien fehlt, ist ein rationaler Zugang zur Integration, ein Konzept
ohne Scheuklappen und mit klaren Kriterien. (Beifall
bei der ÖVP.)
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