Gemeinderat,
8. Sitzung vom 24.04.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 57
gelungen erachten. Es geht darum, dass 300 000 EUR Kinoförderung pro Jahr zur Verfügung gestellt werden, davon 75 Prozent Prämienförderung und 25 Prozent Subvention für gesonderte Projekte. Und um diese Prämienförderung geht es.
Hier können jetzt Kinos Punkte erwerben, indem
sie bestimmte Filme oder bestimmte Arten von Filmen spielen, also Kurz- und
Experimentalfilme drei Punkte, Eigenimporte und Filme ohne Verleih drei Punkte,
Filme in Fremdsprache, allerdings nicht Englisch, Französisch, Spanisch oder
Italienisch, zwei Punkte. Da könnte man zum Beispiel “Tal der Wölfe-Irak“
sicherlich sehr punktefördernd aufführen. Das ist ja nur in Türkisch gezeigt
worden und hat, soviel ich weiß, auch sehr viele Besucher gebracht. Also das
ist ein doppelter Erfolg. Vielleicht gibt es Nachfolgeproduktionen und da
können sich dann die Kinos zusätzlich freuen.
Tatsache ist jedenfalls, dass hier Punkte
vergeben werden. Es wird damit klargemacht, dass der, der mehr derartige Filme
zeigen kann, mehr Punkte erwerben kann und daher mehr Subvention
bekommt. Wer kann es sich leisten, solche Filme zu zeigen, die meistens
wirtschaftlich – bis auf “Tal der Wölfe“ – nicht besonders attraktiv sind?
Sicherlich jene Kinos, die mehrere Säle zur Verfügung haben und daher
möglicherweise einen Saal für derartige Filme abstellen, hier gezielt derartige
Filme zeigen und damit übers Jahr Punkte sammeln. Als Ergebnis haben dann die
großen Kinos, die an sich schon einen wirtschaftlichen Vorteil haben, hier die
Möglichkeit, noch zusätzliche Subventionen abzuschöpfen, genau die, die dann
den anderen, den kleinen Kinos fehlen. Also das ist ein Schritt genau in die
falsche Richtung.
Es ist immer wieder festgestellt worden, dass Wien extrem viele Kinoplätze
hat, dass hier ein Verdrängungswettbewerb stattfinden wird und bereits
stattfindet. Aber wenn man sich jetzt in diesem Verdrängungswettbewerb auch
noch durch eine derartige Konstruktion auf die Seite der Großen stellt, die an
sich schon mit ihrem Kapital hineinfahren und die Kleinen an den Rand drängen,
vor allem gerade diejenigen, die hochwertigere Filme zeigen wollen, dann ist
das jedenfalls ein Weg in die falsche Richtung, das Signal in die falsche
Richtung. Wir lehnen das daher ab.
Es ist zudem, wie bei allen derartigen Systemen, immer sehr
problematisch, was man für einen großen Aufwand betreiben muss, zum Teil
natürlich auch auf Grund der Definition. Zum Beispiel: Kurzfilme sind Filme mit
einer Maximallänge von 59 Minuten, wobei nur Kurzfilmprogramme mit einer
Mindestlänge von 50 Minuten gewertet werden. Also das ist schon ganz
witzig, da muss man schon sehr genau schauen, dass man die 59 Minuten hier
nicht überschreitet, die 50 Minuten nicht unterschreitet. Es wird sicherlich
ein großer Aufwand dahinter sein, diese Punkte zu vergeben. Im Endergebnis, wie
gesagt, ist zu befürchten, dass sie möglicherweise an die falschen Kinos gehen
werden. Letztlich geht es um 225 000 EUR für ganz Wien. Also so
gesehen, ist das ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auf der anderen Seite ist es
zu viel Geld, um es falsch auszugeben.
Wir sind jedenfalls gegen dieses System und stimmen daher gegen den
Antrag. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr
GR Schreuder. Bitte schön.
GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Gegensatz zur Freiheitlichen Partei stimmen wir dieser Kinoförderung
zu. Wir beschließen heute eine neue Kinoförderung, die aus Mitteln des
Kulturbudgets bezahlt wird und es werden der Inhalt der Filme und die
künstlerische Qualität der Filme bewertet. Das ist objektiviert und ist ein
Grazer Modell, das jetzt sozusagen für Wiener Verhältnisse angepasst wurde und
dem stimmen wir prinzipiell einmal zu.
Worum es mir aber geht, ist, dass mit dieser Kinoförderung etwas anderes
wegfällt. Prinzipiell ist es ja gescheit, wenn man sagt, wir sagen, das eine
ist Investitionsförderung, das andere sind die Inhalte, die wir fördern. Es ist
richtig, aus dem Kulturbudget sollte man die Inhalte und die künstlerische
Qualität fördern.
Was ist allerdings mit den kleinen Kinos, die wir in der Stadt haben,
die keine Förderung mehr bekommen, wenn es um die Investitionen geht? Da sehen
wir mit der neuen Förderung ein großes Problem, weil sie de facto für die
kleinen Kinos in Wien auch eine Kürzung bedeutet.
Was nämlich weit über eine kulturpolitische Frage hinaus geht, ist die
Frage der kulturellen Nahversorgung und dessen, was damit verbunden ist. Ein
kleines Kino in einer urbanen innerstädtischen Straße belebt die Straße, macht
diese Straße qualitativ interessant und hat zur Folge, dass dort Lokale
existieren und auch besucht werden, weil dort Menschen unter anderem auch ins
Kino gehen. Dazu gibt es Arbeitsplätze, die mit diesen Kinos verbunden sind, es
gibt Zulieferer und Zulieferinnen, die dort Getränke, Popcorn oder sonstwas
hinliefern, und so weiter.
Also wenn wir sagen, wir wollen spannende, innerstädtische Straßen im
urbanen Bereich mit interessantem, tollem Kinoprogramm, dann stellt sich sehr
wohl die Frage, wie helfen wir diesen Kleinkinos. Der Herr Kollege Stefan hat
es ja schon gesagt, es gibt kaum eine europäische Stadt mit so vielen
Kinositzplätzen wie Wien, was damit zu tun hat, dass in den 90er Jahren ein
Multiplex nach dem anderen genehmigt wurde und der Konkurrenzdruck darum umso
höher wurde. Wie gestalten wir es, dass diese kleinen und Mittelkinos überleben
können?
Gleichzeitig sind wir gerade in
einer Zeit, wo die Kinolandschaft vor großen Erneuerungen steht und sich
ziemlich vieles ändert, allem voran die Digitalisierung der Kinos. Die
Digitalisierung der Kinos bedeutet für kleine Kinos etwas ziemlich Spannendes.
Filmrollen müssen nicht mehr geholt und kiloweise herangeschleppt werden,
sondern man bekommt nur noch eine Festplatte. Man muss nicht mehr stundenlang
Kinorollen aufbauen
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