Gemeinderat,
5. Sitzung vom 24.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 89
entgegen Expertenmeinung, die nach einer Woche wieder zurückgenommen werden mussten, genauso wie die 50 km-Desasterregelung.
Meine Damen und Herren! Wir haben auch ein bissel
gedacht so wie der Herr Bürgermeister, er amüsiert sich. Und da ist mir
folgender Spruch eingefallen: 2006, das heurige Jahr, wird für uns Wiener
wunderbar. Ein jeder schiebt sein Auto schön durch Wien hindurch mit
Tempo 10, die Radlfahrer fühlen sich frei und zieh'n mit Vollgas stolz
vorbei. Am Ring, das gab's vorher noch nie, da schieben die Wiener ihren
Schleich-Grand Prix.
Meine Damen und Herren! Das ist jetzt etwas amüsant
gesagt, aber so stellt sich die Situation für die Autofahrer dar. Und das
lassen Sie sich ins Stammbuch hineinschreiben: Sie sind inhaltlich am Ende, in
der Öffentlichkeit zersaust, politische Geisterfahrer gegenüber den Bürgern,
und von Bürgernähe keine Spur. Am besten, Sie verabschieden sich, oder Teile von
Ihnen verabschieden sich von Wien, aber nicht mit Tempo 50, sondern mit
160! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es
ihm.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Irgendwie ist es auch das Amüsante an der Politik, zu
sehen, was Parteien wirklich wichtig ist. Lassen Sie mich – um in der
Diktion von Herrn Strache zu bleiben – bei der “ÖVBä“ beginnen.
Ein Bundeskanzler sieht überhaupt kein Problem darin,
dass ein offensichtlich am Ende befindlicher Verkehrsminister 160
Stundenkilometer auf den Autobahnen testweise zulässt: Ich freue mich ja schon
auf die Rücknahme durch die nächste Bundesregierung und auf die Dringliche
Anfrage, was diese Aktion gekostet hat, die die in Opposition befindliche ÖVP
sicherlich treffen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Aktion wird
nämlich zu deutlich nachweislichen Mehremissionen und zu einer dramatischen
Veränderung der Verkehrssicherheit führen.
Brechen wir das jetzt auf Wien herunter: Welche
Emotionen bewegen Menschen und welche Schlüsse sind über diese zu ziehen, wenn
sie auf Grund dessen, dass sie auf einem verschwindenden Prozentanteil der
Straßen nicht 70, sondern nur 50 fahren dürfen, das schärfste politische
Instrumentarium, nämlich einen Misstrauensantrag auspacken? Was ist da der
Kern? – Ich überlege mir das immer. Ich setze mich naturgemäß mit dem Auto
sehr intensiv auseinander. Ich frage mich immer, warum auf Automessen gerade
bei besonders starken Autos, die angeblich 200 bis 250 fahren können, halb
bekleidete Frauen auftreten müssen. – Da wird klar, als was Auto Fahren
eigentlich gesehen wird: Geschwindigkeit bei 200 bis 250 beeindruckt und
verbindet mit gewissen Signalen. (GR Heinz-Christian Strache: Da ist der
Wunsch der Vater des Gedankens!) Da frage ich mich aber: Was müssen das für
Männer sein, die ihre Freiheit darin sehen, in Wien nicht 50, sondern 70 fahren
zu dürfen? Herr Kollege Strache! Dagegen ist ja der Herr Gorbach ein richtiger
Mann, der mit 160 fahren will! (Zwischenruf von GR Heinz-Christian Strache.)
Was ist das also für ein Ding? (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Die Symbolik ist auch bezeichnend. (GR Kurth-Bodo
Blind: Der Umkehrschluss ist nicht zulässig!) In der ersten Reihe waren
zwei Schilder. Auf einem Schild stand “450“. – War das die Sehnsucht des
Herrn Schock? Oder war das das Schild des Herrn Strache, auf dem nicht zwei
Nullen, sondern drei Nullen zu sehen waren, zur Präzisierung der gesamten
Sache? Ich kann jedenfalls die Intensität dessen, was wir an Problemen in der
Stadt haben, und worüber wir jetzt überhaupt reden, nicht nachvollziehen! (Weiterer
Zwischenruf von GR Heinz-Christian Strache.)
Herr Madejski handelt reflexhaft: Fast so sicher, wie
jeden Tag die Sonne im Osten aufgeht, ist er schon dagegen, wenn er nur von
einem Verkehrsmittel mit dem Anfangsbuchstaben "R" hört. (GR
Dr Herbert Madejski: Vom Ring-Wagen?) Da braucht er gar nicht zu
diskutieren! Das ist sozusagen die sichere Bank des Madejski im Planungsausschuss.
“Radweg“ beziehungsweise “Radfahrer“ ist für ihn irgendwie wie “Anarcho“: Da
wird einmal prinzipiell dagegen gestimmt, egal, worum es genau geht. Da fühlt
er sich frei, entsprechend zu argumentieren.
Zur Vorgangsweise, um keine Missverständnisse aufkommen
zu lassen: Erstens noch eine kurze Erklärung: Wenn Sie der Schrift mächtig
sind, wovon ich ausgehe, Herr Kollege Strache, dann schauen Sie… (GR
Heinz-Christian Strache: Ich habe zumindest keinen Sprachfehler!) Sie haben
keinen Sprachfehler! Das ist Ihnen hoch anzurechnen, wenigstens etwas Positives
ist heute anzumerken! (GR Heinz-Christian Strache: Das ist der Unterschied
zwischen uns beiden!)
Wenn Sie die 33 Projekte anschauen, dann können Sie
feststellen, dass das Wort "Tempo 50" nicht vorkommt. Und ich
will auch kein Missverständnis aufkommen lassen: In der Gesamtprioritätenreihe,
was in Wien und in Österreich auch zum Thema Höchstgeschwindigkeit zu tun wäre,
wäre sicherlich eine der ersten sinnvollen Maßnahmen, darauf zu achten, dass
bestehende Geschwindigkeiten auch eingehalten werden.
So viel erlaube ich mir noch zu Tempo 130
beziehungsweise 160 zu sagen: Wenn man auf der Autobahn fährt, hat man oft das
Gefühl, dass längst Tempo 160 erlaubt ist. Wer sich nämlich auf der West-
oder auf der Südautobahn an Tempo 130 hält und sieht, was da alles
vorbeizieht, könnte meinen, wir haben längst Tempo 160. Das ist ja eine
Geldquelle der Sonderklasse! Auch in vielen Bereichen des Gürtels hält sich
jedes zweite Auto nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkung. Dort könnte
überwacht werden und wäre einiges Sinnvolles zu tun! Aber in der
Gesamtprioritätenreihe auf den Straßen generell 50 einzuführen und das dann
nicht zu überwachen, war in der Tat ein hinterfragenswertes Ding.
Wenn jedoch deshalb ein
Misstrauensantrag gestellt wird, dann zeigt das ein Niveau, von dem ich
wirklich sage: Gegen den Auftritt des Herrn Gerstl ist ein Kasperltheater eine
akademische Veranstaltung! So etwas ersparen wir uns hoffentlich in Zukunft!
Halten wir also die
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