Gemeinderat,
5. Sitzung vom 24.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 89
Bgm Dr Michael Häupl:
Also die Frage an mich ist sicherlich auch falsch gestellt dazu. Diese
Entscheidung hat man vor 15 Jahren getroffen, und man hat sie
offensichtlich aus guten Gründen getroffen. Und wenn ich mich dunkel
zurückerinnere, war ja auch die ÖVP nicht dagegen, weil sich die ÖVP der
wirtschaftlichen Vernunft nicht verschlossen hat, dass man ein
Kindererholungsheim nicht betreiben soll, das nur sehr viel Geld kostet, aber
im Prinzip von keiner Nachfrage getragen wird, weil niemand hinfährt. Das war
damals sicherlich ein Commonsense, wenn man das so verstehen will. Dass man
15 Jahre später ein bestimmtes Interesse offensichtlich daran hat, dies
vor dem Hintergrund wahrscheinlich auch des OGH-Urteils noch einmal
aufzurollen, scheint mir weniger mit Kindern als vielmehr mit den Erben der
Schenker zu tun zu haben.
Aber wie dem auch immer sei: Ich betrachte dies als
ein laufendes Verfahren und werde mich daher mit Sicherheit von
Detailäußerungen dazu enthalten.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke
schön, Herr Bürgermeister.
Die Fragestunde ist somit beendet.
Wir kommen nun zu der
Aktuellen Stunde. Der Klub der Österreichischen Volkspartei hat eine Aktuelle
Stunde zum Thema SPÖ-Willkür in der Verkehrs- und Umweltpolitik durch die
chaotische "Tempo 50"-Einführung im gesamten Wiener Gemeindegebiet
verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung
auch ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte den Erstredner, Herrn GR Mag Gerstl, diese
Aktuelle Stunde zu eröffnen. Seine Redezeit beträgt zehn Minuten. Er weiß es.
Bitte schön.
GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Seit mehr als einem Jahr nun gibt es ein veritables
Feinstaubproblem in dieser Stadt. Nach anfänglichen Versuchen der SPÖ, ihren
Sager, der Bund ist schuld, möglichst lange auf dem Rücken der Wienerinnen und
Wiener auszutragen, hat die Umweltstadträtin im Dezember des vergangenen Jahres
ein Schmähpapier zur Feinstaubreduktion namens Immissionsschutzgesetz
Luftverordnung vorgelegt.
Wer der Urheber der Geschwindigkeitsreduktionen von
70 oder 60 auf 50 km/h auf den Ein- und Ausfahrtsstraßen von Wien war,
dies wird wohl auch das Kontrollamt nicht mehr klären können.
Tatsache ist jedenfalls, dass sowohl die
Umweltstadträtin als auch der Verkehrsstadtrat wahre Verhinderer des
motorisierten Individualverkehrs sind. Oder anders gesagt: Wann immer sie dem
Autofahrer ein Kräutl in die freie Fahrt hineinlegen können, haben sie es getan
und tun es heute noch. (Beifall bei der ÖVP. – Gemeinderäte der FPÖ halten
Verkehrstafeln in die Höhe mit Tempo 60, 70 und 80 km/h und 450 000 EUR.) Denn
anders, meine Damen und Herren, ist es nicht zu erklären, dass Sie für
30 km von insgesamt 3 000 km Straßennetz in Wien einen solchen
Zirkus aufführen. Ich sage Ihnen, Herr Stadtrat: Diese Stadt ist zu wertvoll,
als dass Sie eine Spielwiese für Ihre Verkehrspolitik sein darf.
Herr Stadtrat, ich habe Ihnen dafür, damit Sie Ihre
kindischen Spiele weiter austragen können, aber in Zukunft die Wienerinnen und
Wiener nicht mehr in Geiselhaft nehmen, einen – und ich bitte nun die Kamera zu
schwenken – Verkehrsteppich mitgebracht. (Beifall bei der ÖVP, Heiterkeit
bei den GRÜNEN.) Sehr geehrter Herr Stadtrat! Mit diesem Verkehrsteppich
können Sie in Zukunft mit Ihrem roten Mercedes Ihre rote Verkehrspolitik in
Wien machen. (Beifall bei der ÖVP.) Aber ich bitte Sie, Herr Stadtrat:
Machen Sie Ihre Verkehrspolitik mit Ihrem roten Mercedes auf diesem Teppich und
nicht auf dem Rücken der Wienerinnen und Wiener! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ hat ja
schon eine glorreiche Vergangenheit mit ihren Repräsentanten, die Rudolf
heißen. So haben sie sich zu Beginn ihrer Karriere genannt. Und dann hat ihnen
ein Marketingexperte gesagt, sie wären dem Volke näher, wenn sie sich nicht
mehr so steif geben täten und ein bisschen umgänglicher würden, und so nannten
sie sich ab sofort Rudi.
Der erste Rudi war der "Schulden-Rudi". Er
ging in die Geschichte ein als der Finanzminister, der das Land am stärksten
verschuldete. (GR Godwin Schuster: Die Frage ist, welche Ministerien das
waren!)
Der zweite Rudi ist der "Stau-Rudi". Und
das sind Sie, Herr Stadtrat, wie Sie in die Geschichte eingehen, wenn Sie nicht
sofort den Weg freimachen für eine neue Verkehrspolitik in dieser Stadt. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Die
Beschränkung auf 50 km/h auf ganz Wien, das war offensichtlich das
Stillhalteabkommen der SPÖ mit den GRÜNEN vor der Gemeinderatswahl, damit diese
nicht flächendeckend 30 km/h in Wien fordern. (Ironische Heiterkeit bei
den GRÜNEN. – GR Mag Rüdiger Maresch: Einen Verkehrskindergarten führen wir da
ein!)
Bei der weiteren Abwicklung der Verordnung sind sich
nun aber offensichtlich Sima und Schicker in den Haaren gelegen. Jeder hat
versucht, dem anderen die Verantwortung für die Umsetzung zu übertragen. Das
alles auf dem Rücken der Wienerinnen und Wiener! (Beifall bei der ÖVP.)
Und wir sind es nun alle, die nicht wissen, auf
welchen Straßenabschnitten man jetzt 50, 60, 70 oder 80 fahren darf. Fünf
verschiedene in Kraft tretende Termine haben Sie gegenüber den Medien genannt.
Bis heute sind die entsprechenden Tafeln auf vielen Straßenabschnitten noch
nicht aufgestellt. Das alles vier Monate nach Beschlussfassung Ihrer
Immissionsschutzgesetz Luftverordnung! Das ist wahrer Dilettantismus. Diese
50 km/h-Geschichte ist wie die eines schlechten Einkäufers, der sich ein
Haus kauft, danach draufkommt, dass es nichts wert ist, und es dann nicht mehr
wieder verkaufen kann.
Sie lassen sich das aber durch den
Wiener Steuerzahler bezahlen, und das ist zu verurteilen, meine Damen und
Herren. In der Privatwirtschaft würden Sie zur Verantwortung gezogen werden.
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