Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 100 von 104
einer einstimmigen Lösung gekommen ist, als wir diese
konkreten Regeln noch nicht hatten.
Was mir aber an diesen Statuten nicht gefällt, ist,
dass hier Leute doch sehr viel Geld bekommen, um ihre Häuser zu sanieren, und
bereits nach fünf Jahren können sie diese Häuser zu einem wesentlich erhöhten
Betrag verkaufen, oder sie können sie zu besseren Konditionen vermieten und
müssen die Fördermittel nicht zurückzahlen. Ich habe im
Altstadterhaltungsbeirat schon ein paar Mal angeregt, es doch so zu halten wie
beim Wiener Wirtschaftsförderungsfonds, wo man, wenn man ein Grundstück
innerhalb der Zehnjahresfrist verkauft, auch die Fördermittel wieder rückführen
muss.
Ich werde daher einen Abänderungsantrag einbringen,
dass man auch hier die Zehnjahresfrist einhält, um den Spekulationen nicht
Vorschub zu leisten, und bitte in formeller Hinsicht um sofortige Abstimmung.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke. - Es liegt keine weitere Wortmeldung vor.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Dr Elisabeth Vitouch: Den Wiener
Altstadterhaltungsfonds gibt es seit 33 Jahren, er fördert, erhält und
saniert die Altstadtgebiete Wiens. Das Kontrollamt hat dem Fonds nach seiner
Überprüfung in seinem Endbericht vom 28. September 2004 empfohlen, einige
Anpassungen vorzunehmen. Im Prinzip sind es rein formale Dinge, die die
Übersichtlichkeit des Aufbaus und die Absichten des Fonds aktualisieren.
Schließlich wurde auch der Umbenennung der Geschäftsgruppe in "Kultur und
Wissenschaft" Rechnung getragen.
Hinsichtlich des Zeitraums der Veräußerung von
geförderten Objekten wäre eine Erhöhung auf 10 Jahre nicht sinnvoll. Denn
dann würde niemand, da doch auch wesentliche Eigenmittel aufzubringen sind,
diese jemals noch in ein zu erhaltendes, zu sanierendes Objekt stecken. Deshalb
bin ich sehr dafür, dass wir diesen Antrag ablehnen, und ersuche um Zustimmung
zum Geschäftsstück.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke schön. - Wir kommen zur Abstimmung.
Zuerst stimmen wir ab über den vorliegenden
Abänderungsantrag.
Wer diesen unterstützt, bitte ich um ein Zeichen mit
der Hand. - Das ist mit den Stimmen der Freiheitlichen, der ÖVP, des BZW und
der GRÜNEN, aber trotzdem nicht ausreichend unterstützt und daher abgelehnt.
Es gelangt nun die Post 88 in der ursprünglichen
Fassung zur Abstimmung.
Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand.
- Das ist mit den Stimmen der Freiheitlichen, der ÖVP, der SPÖ und des BZW,
ohne GRÜNE, mehrheitlich angenommen.
Wir kommen nun zur Postnummer 73. Sie betrifft
eine Subvention an den Verein für Geschichte der Stadt Wien.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR LUDWIG, die
Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatter GR Dr Michael LUDWIG:
Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Akt.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke schön. - Die Debatte ist somit eröffnet.
Frau GRin Cordon, Sie haben das Wort.
GRin Waltraud Cécile Cordon (Grüner
Klub im Rathaus): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ja, ich freue mich eigentlich, dass ich hier
sozusagen meine letzten Worte zu einem Thema sagen darf, das mir besonders am
Herzen liegt. Es hat bis jetzt noch nicht sehr viele Wortmeldungen nach sich
gezogen, es ist kein großes Thema an den Budgettagen gewesen, es ist einfach
überhaupt kein großes Thema. Das ist die Aufarbeitung der Geschichte.
Wir haben heuer das Gedenkjahr, Gedankenjahr,
Denkjahr - Gedankenlosigkeitsjahr, möchte ich auch sagen. Die Stadt Wien -
abgesehen vom Bund - hat sehr viel Geld zur Verfügung gestellt, um zu feiern.
Wir können viel feiern, das stimmt schon. Aber wir haben viel noch nicht
aufgeholt, noch nicht zur Sprache gebracht und noch nicht in unser Gedankengut
aufgenommen.
Es fing schon bei der Planung der Veranstaltungen an.
Die Planungsgruppe hat sich sehr viel einfallen lassen, was zu feiern ist, sehr
viel zur Erinnerung, wenn es um Kühe geht, um Kartoffeläcker, um rollende
Balkone und um Kreuze eines Heldenfriedhofs. Aber sie hat keinen Gedanken
verschwendet an die Menschen, die ebenfalls - wie die Gefallenen, aber
ebenfalls - dieses Nazi-Regime auf dem Gewissen hat, nämlich die Opfer der
jüdischen Bevölkerung, die Opfer der Homosexuellen, die Opfer der
"Asozialen", die Opfer der Roma und Sinti. Dieser Gruppe hat man kein
Gedächtnis gewidmet.
Hie und da denkt ein Politiker - und hier sei, muss
ich sagen, Dank an Bundespräsident Heinz Fischer gerichtet - in seinen Reden an
dieses Thema, und das Dokumentationsarchiv darf seine Ausstellung erneuern, neu
gestalten. Ansonsten lässt man die Vereine, die sich mit der Aufarbeitung
dieses Teils unserer Kulturgeschichte und des Gedenkens der Menschen, die uns
diese Kultur gegeben und geschenkt haben, am Rande ihrer Vernichtung mit
Selbstausbeutung und eigenen Opfern arbeiten oder eigentlich auch langsam
zugrunde gehen.
Ich habe hier an dieser Stelle oft für diese Arbeit
geredet und auch an Sie, Herr Kulturstadtrat, appelliert. Ohne Erfolg! Mit
diesem Misserfolg werde ich immerhin den Gemeinderat verlassen müssen.
Es ist natürlich viel interessanter, sich einer
Kultur zu widmen, die populär ist, ja, ich gebe zu: die in die Zukunft schaut.
Natürlich, das ist richtig. Aber hier handelt es sich um eine Kultur, die uns
gestohlen wurde, und zwar uns allen! Hier ist eine Lücke, und diese Lücke
müsste auch aufgearbeitet werden. Es war zum Beispiel lange unmöglich, an der
Musikakademie Mendelssohn-Bartholdy zu studieren, weil es dazu kein Material
gab. Es war immer noch im Untergrund verschwunden, weil es die Nazi dorthin
transportiert hatten.
Jetzt komme ich zum eigentlichen
Thema, das mich veranlasst hat, hier noch einmal zu sprechen. Das sind nämlich
die Stolpersteine. Diese Stolpersteine sind Metallplatten mit den Namen und den
Geburtsdaten - und,
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