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Gemeinderat, 58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 104

 

es vielleicht irgendeine Rechtfertigung von Seiten der SPÖ gibt, und weil wir auch daran interessiert sind, was die anderen Redner zu dem Geschäftsstück sagen, den Vertagungsantrag nicht jetzt einbringen, weil wir dann sofort darüber abstimmen müssten, sondern er wird von Claudia Sommer-Smolik am Ende der aktuellen RednerInnenliste eingebracht werden. Wir werden dann sehen, ob das etwas nützt. Wenn die Vertagung nicht greift - was zu befürchten ist -, haben wir einen Gegenantrag, der dann auch noch von den GRÜNEN eingebracht wird und sich im Wesentlichen damit befasst, dass die MA 53 eben nicht ermächtigt wird, den Auftrag über dieses riesige Volumen abzuschließen.

 

Ich möchte mich zum Abschluss noch bedanken, weil ich selten dazu Gelegenheit habe, mich bei der Jungen Volkspartei zu bedanken. Die Junge Volkspartei und ich haben schon verschiedene Sträuße ausgefochten; dieses Mal hat die Junge Volkspartei gestern, gleich nach unserer Presseaussendung, eine nachgeschickt: Sie unterstützt uns in dem Versuch, diesen Compress-Vertrag noch aufzuhalten. Das ist günstig für uns zu sehen, und wir bewerten es durchaus positiv, dass nach den Jahren 1996 bis 2001, in denen die Compress-Verträge, die in dieser Phase im Haus vergeben wurden, natürlich mit den Stimmen der ÖVP beschlossen wurden, dies jetzt nicht mehr der Fall ist und dass die Junge Volkspartei uns bei dieser Aktion unterstützt.

 

Ich bin nicht bekannt dafür, dass ich sehr viele schwarz-grüne Kooperationsprojekte habe. Dieses Mal, finde ich, hat Herr Aigner, hat die Junge Volkspartei vollkommen Recht. Sie sind auf dem richtigen Dampfer, aber das ist kein Wunder, weil Sie die GRÜNEN in ihrer Kontrolltätigkeit unterstützen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als nächster Redner ist Herr Dr Aigner gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Frau Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus!

 

Ich freue mich natürlich auch, dass die GRÜNEN ihre Mutlosigkeit, die sie bei der Kontrollamtsdebatte und heute bei der Auflösungsdebatte eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben, hier kurzfristig verlassen hat. Ich gehe davon aus, dass Herr StR Ellensohn hier so etwas wie den koalitionsfreien Raum ein bisschen ausreizt, indem er gegen den Compress Verlag vom Leder ziehen darf. (Beifall bei der ÖVP.) Darüber freuen uns wir natürlich, dass die GRÜNEN sich aus ihrer Oppositionsrolle nicht zur Gänze verabschiedet haben, sondern ein bisschen noch ein paar Zähne beibehalten haben.

 

Meine Damen und Herren! Die Geschichte der Vergaben an den Compress Verlag - ich habe hier ein ganzes Konvolut an Akten, ein paar Anfragen des Liberalen Forums, einen Rechnungshofbericht und so weiter; teilweise sind sie von Herrn StR Ellensohn ja schon zitiert worden - ist fürwahr eine Chronique scandaleuse. Es zeigt dies schon, mit welcher Arroganz und Selbstherrlichkeit hier die Mehrheitspartei vorgeht und dass sie keinen Genierer hat, einen 146 Millionen EUR-Auftrag in der allerletzten Sitzung des Gemeinderates durchzupeitschen. Politischer Anstand oder politische Klugheit würden es ja eher nahe legen, solche Akten zu Beginn einer Legislaturperiode durchzupeitschen, aber anscheinend glauben Sie, dass Sie so fest im Sattel sitzen, dass Sie sich auch ein 2 Milliarden ATS-Projekt so einfach leisten können.

 

Die Mängel des Vergabeverfahrens sind schon wirklich augenscheinlich, wenn man bedenkt, dass heute viel kleinere Ausschreibungen dazu führen, dass sich weiß ich wie viele Firmen europaweit bewerben, und für einen 146 Millionen EUR-Auftrag bewerben sich gerade drei Bewerber! Dabei muss man aus juristischer Sicht schon sagen, es handelt sich hier um eine Schmalspur-Ausschreibung im Wege eines Verhandlungsverfahrens. Es ist also keine ganz offene Ausschreibung, sondern es wurden Bewerber ganz gezielt im Wege eines Verhandlungsverfahrens zur Legung von Anboten aufgefordert. Es ist dann nur mehr ein Bewerber übrig geblieben, der hat dann auch noch die Flinte ins Korn geworfen, weil ohnehin im Vorhinein feststeht, welches Ergebnis herauskommt.

 

Wenn wir vorhin bei den Jugendzentren davon gesprochen haben, dass ein prospektiver Plan fehlt, so fehlt beim Compress Verlag eigentlich das, was uns bei den Jugendzentren sofort angeboten wurde - die Akten kennen wir ja auch -, nämlich ein Tätigkeitsbericht. Was ist denn in den letzten Jahren wirklich geschehen? Handelt es sich dort wirklich um Auslandsbüros der Stadt Wien oder um SPÖ-Botschaften in den Ländern Mittel- und Osteuropas? Warum gibt es keinen Rechenschaftsbericht darüber? (Zwischenruf von VBgmin Grete Laska.) Wie viele Delegationen sind betreut worden? Wie viele Pressekonferenzen sind abgehalten worden? Welche Wirtschaftskontakte sind tatsächlich vorgenommen worden? Warum lesen wir nichts von Zugriffen auf ein Internet-Journal? Warum lesen wir auch nichts von konkreten Ergebnissen des Wien-Lobbyings?

 

Nichts von alledem! Nur für weitere 10 Jahre eine Selbstbindung der Stadt Wien, aber auch des Wiener Steuerzahlers, um sage und schreibe 2 Milliarden ATS im Nahebereich der SPÖ. Wir werden ja dann noch beim Bohmann Verlag darauf zu sprechen kommen, welche Querverbindungen es zwischen dem Bohmann Verlag und dem Compress Verlag gibt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hätte es eines weiteren Beweises bedurft, dass Wien einen unabhängigen Landesrechnungshof braucht, dann haben Sie ihn heute mit Ihrer Vorgangsweise geliefert. Wir unterstützen natürlich das Ersuchen an das Wiener Kontrollamt, diesen Deal zu prüfen. Aber was soll da schon herauskommen? Es wird wahrscheinlich weniger Kontrolle als vielmehr Lob herauskommen, Sie werden in selbstgerechter Zufriedenheit dargestellt bekommen, dass ohnehin alles in Ordnung ist. Eine wahrhafte Kontrolle kann nur ein unabhängiger Landesrechnungshof schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber besser Kontrolle vom hauseigenen

 

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