Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 116
Da könnte man doch annehmen, dass der Wissenschaftsstadtrat in der ersten Reihe dafür kämpft und dafür sorgt, dass diese Institution nach Österreich kommt. Was hat StR Mailath-Pokorny gemacht? Ich habe ihn im Ausschuss gefragt, ich habe ihn öffentlich gefragt, ich habe ihn hier im Gemeinderat gefragt. Was da gekommen ist, war zögerlich, war unentschlossen und dann sehr schnell: „Der Bund ist schuld." Das ist immer wichtig. Er hat dann abgeschwenkt zu den Bundesuniversitäten.
Ehrlich gesagt, den Satz "Der Bund ist
schuld." verwendet StR Mailath-Pokorny seit vier Jahren, ein
Ganzkörperfeigenblatt ist das eigentlich, in das er sich da einhüllt. (GRin Inge Zankl: Das stimmt nicht!) Immer,
wenn es eng wird oder wenn seine Kompetenz angesprochen ist, kommt: „Der Bund
ist schuld. Der Bund, der soll das richten, das gehört zu seinen
Pflichten." - Diese Mailath-Pokorny'sche Gebetsmühle höre ich seit über
vier Jahren. Ehrlich gesagt, ich kann sie nicht mehr hören. Wenn Sie Ihre
kulturpolitische Verantwortung in Wien nicht wahrnehmen wollen, dann lassen Sie
es, aber dann erzählen Sie nicht unbedingt überall, wo etwas anderes passiert.
Sie wollten am Beginn Ihrer Amtszeit den armen vom
Bund verfolgten Künstlern in Wien Asyl gewähren. Die haben das dann auch gleich
angenommen. Bei Ihren ersten Veranstaltungen, Ihrem öffentlichen Auftreten,
sind immer ein paar Künstler mit einem Transparent mit der Aufschrift
"Muss man wieder SPÖ-Mitglied sein, wenn man Subventionen haben
will?" gestanden. So ist das weitergegangen. Also davon, dass die Massen
von Künstlern nach Wien abgewandert sind und sich politisch verfolgt fühlen,
kann man wahrlich nicht reden.
Was den Stellenwert des Kulturstadtrats bei Künstlern
und Künstlerinnen in dieser Stadt betrifft, sei es mir gestattet, ein kleines
Experiment zu machen, in der Abwandlung der berühmten Frage, die Ronald Reagan
an Jimmy Carter nach vier Jahren Jimmy Carter gestellt hat. Wenn wir die
Künstlerinnen und Künstler dieser Stadt, jeden einzelnen anonym, fragen würden:
„Haben Sie das Gefühl, dass es den Wiener Kulturschaffenden heute besser geht
als vor vier Jahren?", dann könnten Sie, glaube ich, mit einem ziemlich
klaren Nein rechnen. Wir haben es vor vier Jahren sehr bereut, dass man den Kulturstadtrat
damals nicht direkt wählen konnte, weil Peter Marboe hätte ohne Zweifel 70 bis
80 Prozent bekommen. Ich glaube, würde man diese Frage heute wieder
stellen, würde das schon ein bisschen anders ausgehen. Aber ein paar Freunde
haben Sie, Herr Stadtrat, das will ich Ihnen nicht absprechen. Ich sehe schon
des Wiederwahlkomitee vom StR Mailath-Pokorny vor mir: (GRin Mag Marie Ringler: Adi Hirschal!) Adi Hirschal, der einen
Spruch hat: „Ich bin für Mailath-Pokorny, weil er für Transparenz steht.",
Karl Welunschek: „Ich bin für Mailath-Pokorny, weil für ihn das SPÖ-Parteibuch
noch etwas zählt.", und die gesamten Vereinigten Bühnen, über die wir
heute schon oft geredet haben: "Wir sind für Mailath-Pokorny, damit wir
auch weiter Geld wie Heu haben." (Beifall bei der ÖVP und den GRÜNEN.)
Wir haben ein paar Vorschläge. Ich habe mir sagen
lassen, ich habe das leider selbst nie gehört, dass Sie ein talentierter
Dialektsänger seien. Man könnte auch gemeinsam mit diesem Personenkomitee
auftreten. Ich hätte auch schon einen Ort, wo Sie das machen könnten, das
Vindobona, das jetzt im Augenblick großzügig renoviert - unter
Anführungszeichen - wird. Dort höre ich schon ein Lied, das alle gemeinsam
singen könnten, der Hirschal, der Welunschek und was es noch für ein paar
andere gibt: „Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste auf der Welt,
ein Freund bleibt immer Freund und wenn die ganze Welt zusammenfällt." Das
ist, glaube ich, eine gute Beschreibung Ihrer Besetzungspolitik. (Beifall
bei der ÖVP und GRin Mag Marie Ringler.)
Sehr geehrte Damen und Herren, Ursula Pasterk hat das
Kulturressort als linkes Ideologieressort verstanden und geführt. Dann kam
Peter Marboe, wenn Sie wollen als Gegenreformator, der mehr Kultur in die
Politik gebracht hat. (GRin Mag
Heidemarie Unterreiner: Er hat es probiert!) Dann kam Andreas
Mailath-Pokorny und wofür ist der eigentlich gestanden? Für die kleinen
Windmühlen wie den Rabenhof, die großen Windmühlen wie das Ronacher und
wirklich, noch einmal gesagt, eine Kulturpolitik, die eben nicht links war, die
nicht rechts war, die nicht Fisch war, die nicht Fleisch war. Das Wesentliche,
was von diesen vier Jahren hängen bleibt, Ihr wesentlichstes Investment, wird
die kommerzielle Unterhaltungskultur sein. Das ist das wesentliche
Aushängeschild eines sozialdemokratischen Kulturstadtrats. (GRin Inge Zankl: Das nennt man selektive Wahrnehmung!) Ich würde
vorschlagen, vielleicht legen wir das überhaupt mit dem Ressort von Frau VBgmin
Laska zusammen, machen wir einfach ein Unterhaltungsressort, wo dann auch das
Kulturressort hineinkommt. Warum brauchen wir eigentlich einen Kulturstadtrat?
Sie sind als "roter Marboe" angetreten. Das
mit "rot" hat gestimmt, das mit "Marboe" ist dann relativ
wenig geworden. (GRin Inge Zankl: Gott
sei Dank!) „Gott sei Dank!", sagen Sie.
Ich möchte zum Abschluss meinen
Kollegen Ernst Woller erwähnen, dem ich sehr verbunden bin und der vor der
letzten Wahl etwas wirklich Kluges und Gescheites, etwas Prophetisches gesagt
hat. Jetzt wird es spannend. Ernst Woller hat vor der letzten Wahl gesagt, dass
nach jeder Wahl nicht der Kulturstadtrat geworden ist, von dem es alle erwartet
haben, also nicht Ursula Pasterk, was man damals angenommen hat, sondern Peter
Marboe, nach der letzten Wahl nicht Peter Marboe, sondern Andreas
Mailath-Pokorny. Ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass diese prophetische Kraft,
die Ernst Woller mit seinen Prophezeiungen hat, auch bei der nächsten Wahl
zutreffen wird. Es ist nicht ganz auszuschließen, sage ich einmal, dass hier
eine Wiederbestellung stattfindet. Aber wenn die Woller'sche Prophezeiung
stattfindet, dass es nie der wird, von dem man es eigentlich erwartet, dann
glaube ich durchaus, dass es eine Möglichkeit der Bewegung geben wird, denn ich
glaube, nach vier Jahren im Kulturressort ist wahrlich Zeit für einen Wechsel! (Beifall
bei der ÖVP und GRin Mag Marie
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