Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 116
wir
folgenden Antrag ein:
„Die Wiener
Stadtregierung wird aufgefordert, den Umbau des Ronacher bis nach der Wahl
anzuhalten und damit etwaigen neuen Regierungen und Regierungskonstellationen
die Möglichkeit einer Revision der Entscheidung zu ermöglichen.
In
formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrags.“
Lassen Sie mich in Kürze noch auf einen Punkt
eingehen, der uns sehr wichtig ist. Ich finde es sehr erfreulich, dass der
Kulturbericht der Stadt Wien jedes Jahr einen Frauenkulturbericht dabei hat. Er
ist auch tatsächlich sehr erhellend. In dieser einen Minute, die ich hatte, um
diesen Bericht kurz durchzublättern, konnte ich schon einiges Interessantes
feststellen, wie zum Beispiel, dass in den Bereichen der freien Szene, also
dort, wo viele kleine Initiativen und Projekte Arbeit leisten, das Verhältnis
zwischen Männern und Frauen wesentlich ausgewogener ist als es zum Beispiel in
den großen Institutionen dieser Stadt ist, namentlich den Wiener Festwochen.
Ich freue mich und möchte auch wirklich dazu gratulieren, dass man den Mut hat
festzuhalten, dass es bei den Wiener Festwochen im letzten Jahr
11,4 Prozent Frauen gegeben hat, die Regie gemacht haben,
16,7 Prozent Autorinnen, 9,5 Prozent Bühnenbildnerinnen oder
0 Prozent Dirigentinnen und 0 Prozent Komponistinnen. Also, offen
gesagt, ich glaube nicht, dass das der aktuellen Verteilung der Geschlechter in
dieser Stadt und wohl auch nicht den Zielsetzungen der Sozialdemokratie
entspricht. Ich würde mich doch sehr freuen, wenn die Festwochen daraus ihre
Schlüsse ziehen würden. Ich halte das für wichtig und angebracht, sich da ein
Beispiel an anderen Theatergruppen und an anderen Sparten zu nehmen, in denen
das Verhältnis wesentlich ausgewogener, wenn auch nicht zufriedenstellend, ist.
Ein ähnliches Berichtswesen würden wir uns für den
Bereich Interkulturelles wünschen. Sie wissen, dass in dieser Stadt sehr viele
MigrantInnen leben. 30 Prozent der Bevölkerung unserer Stadt haben einen
migrantischen Hintergrund. Wir glauben, dass jene Summe, die derzeit für
Interkulturelles zur Verfügung steht, jedenfalls nicht ausreichend ist und vor
allem ausschließlich nach dem Gießkannenprinzip vergeben wird.
Weil wir glauben, dass es notwendig ist, hier mehr
Gelder zu investieren und diese auch adäquater zu investieren, stellen wir zwei
Anträge:
Erstens betreffend einen Interkulturalitätsbericht:
Wir finden es sehr erfreulich, dass man mit dem Frauenbericht begonnen hat. Wir
glauben, der nächste logische Schritt ist, das Gleiche für den Bereich Interkulturelles
zu tun.
Daher stelle ich folgenden Antrag:
„Der Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge,
beginnend mit dem Rechnungsabschluss 2005, jährlich einen Bericht über die
Verteilung der Kunst- und Kultursubventionen der Stadt Wien mit dem Schwerpunkt
auf Interkulturalität analog zum bestehenden Frauenkulturbericht erstellen und
dem Gemeinderat vorlegen."
Des weiteren, weil wir eigentlich immer noch nicht
wissen, nach welchen Kriterien derzeit der Betrag von etwa
720 000 EUR für Interkulturelles ausgegeben wird, und meine mehrfache
Urgenz, man möge uns doch die Kriterien zur Verfügung stellen, nach denen hier
vergeben wird, nicht gefruchtet hat, glauben wir, dass es notwendig und wichtig
wäre, einen Schritt hin zu einem gemeinsamen Überlegen und Nachdenken darüber
zu machen, was Interkulturalität ist, was interkulturell ist, was gemeinsame
künstlerische Arbeit zwischen Kulturen bedeutet, dass wir uns wünschen, ein
entsprechendes Projekt auf die Beine zu stellen.
„Der Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge mit
Beginn der nächsten Legislaturperiode eine Arbeitsgruppe aus internationalen
ExpertInnen beauftragen, ein interkulturelles Kulturkonzept zu erstellen und
dem Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft zur Beschlussfassung
vorzulegen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung dieses Antrags.“
Wir glauben, es ist sehr viel in der Kunst und Kultur
dieser Stadt zu tun. Wir haben schon oft über die berühmte Betondecke
gesprochen, darüber, dass es sehr leicht ist, als große Institution an mehr
Geld zu kommen und sehr schwer, als Kleiner, Neuer Geld zu bekommen, um zeigen
zu können, was man kann. Diese Betondecke gehört eingerissen. Das ist
jedenfalls ein wichtiges Vorhaben für eine nächste Legislaturperiode, ebenso wie
wir glauben, dass man sich den Bereich Interkulturelles genau anschauen sollte
und auch sicherstellen sollte, dass wir im Bereich der Theaterreform, die wir
in den letzten Wochen und Monaten heftig diskutiert haben, zu dem Ziel kommen,
das wir uns auch gemeinsam gesteckt haben.
An dieser Stelle möchte ich gerne schließen und hoffe
sehr, dass die nächste Legislaturperiode in diesem Sinne Verbesserungen bringt,
dass die schwarzen Löcher der Großen, die viel Geld ansaugen, nicht zunimmt und
dass wir die Vielfalt in dieser Stadt auch im Interkulturellen weiter fördern
können. - Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Herbert
Madejski: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Salcher.
- Bitte.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte diese
Rechnungsabschlussdebatte, die offensichtlich die letzte in dieser Periode sein
wird, nicht nur zu einem Rechnungsabschluss des letzten Jahres, sondern gleich
einmal der letzten vier Jahre, also der Ära Mailath-Pokorny verwenden.
Ich glaube, das Schlimmste, was man Herrn StR
Mailath-Pokorny angetan hat, kam nicht von der Opposition, sondern das hat
Ihnen Ihre eigene Partei angetan. Wenn Sie sich vielleicht noch erinnern, Ihre
eigene Partei, das war nicht unsere Erfindung, hat am Anfang gesagt: Der
Andreas Mailath-Pokorny ist so etwas wie der rote Peter Marboe. Damit hat man
Ihnen am Anfang Schuhe angezogen, die halt, glaube ich, ein paar Nummern zu
groß
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