Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 116
(Wiederaufnahme um 9.00 Uhr.)
Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski:
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir setzen die Gemeinderatssitzung fort.
Entschuldigt ist heute bis jetzt niemand.
Wir nehmen die Beratungen des Rechnungsabschlusses
der Bundeshauptstadt Wien wieder auf, und zwar mit der Geschäftsgruppe Kultur
und Wissenschaft.
Vereinbart wurde in der Präsidiale wie gestern bei
allen Spezialdebatten 25 Minuten für den Erstredner und jeweils
15 Minuten für alle folgenden Redner jeder Fraktion.
Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Ringler. Ich
erteile es ihr.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Guten Morgen! Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Obwohl die Kulturdebatte so früh beginnt, war es
offensichtlich schwer für viele, nach gestern Nacht noch aufzustehen. Dabei ist
die Kultur, wie auch die Sozialdemokratie nicht müde wird zu betonen, wichtig
für unsere Stadt.
Ich möchte an dieser Stelle ein paar Worte über das
letzte Jahr und über jenen Bereich, von dem ich glaube, dass wir ihm besonderes
Augenmerk widmen sollten, verlieren, nämlich die Frage: Wer erhält wie viel vom
Kulturbudget und vor allem, wer sind die großen Gewinner - unter Anführungszeichen
- des letztjährigen Budgets?
Ich habe den Kulturbericht gerade eben in die Hand
bekommen, was ich persönlich übrigens für äußerst problematisch halte und an
dieser Stelle nochmals vermerken will, dass es nicht für Transparenz spricht,
wenn man den Kulturbericht eine Minute vor Beginn in die Hand gedrückt bekommt.
(Beifall von GRin Mag Heidemarie
Unterreiner: So ist es!) Wir haben letztes Jahr dazu einen Antrag
eingebracht, der leider abgelehnt wurde. Auch dieses Jahr erhalten wir den Kulturbericht
wieder eine Minute früher. (GR Dr Andreas
Salcher: Das geht technisch nicht anders!) Wie Herr Kollege Salcher sagt,
es ist ein technisches Problem. Das ist natürlich dramatisch, dass im Zeitalter
des Internets gedruckte Werke tatsächlich etwas länger in der Produktion
dauern. Ich behaupte, das dazugehörende PDF hatten wir wahrscheinlich schon
seit drei Monaten, aber offensichtlich fürchtet man sich so sehr vor dem, was
die Opposition in diesem Kulturbericht entdecken könnte, dass man ihn uns trotzdem
nicht gibt.
Ich habe bei diesem über eine Minute langen Blättern
durch den Bericht doch ein paar interessante Dinge festgestellt, und zwar, und
das halte ich doch für einigermaßen bedenkenswürdig, die Tatsache, dass jene
Institution, die in dieser Stadt das allermeiste Geld bekommt, nämlich die
Vereinigten Bühnen Wiens, diesem Kulturbericht genau zwei Zeilen wert sind: die
Zeile "Raimund Theater: 6 Millionen" und irgendetwas und die
Zeile "Theater an der Wien: 8 Millionen" und irgendetwas. Über
Seiten lernen wir, welche Ausstellungen die Kunsthalle Wien gemacht hat, welche
Künstlerinnen und Künstler im Vorjahr teilgenommen haben, alle möglichen
Details, die interessant sind, keine Frage, aber zum größten Brocken des
Kulturbudgets und zu jenem, der sich in den nächsten Jahren verdoppeln und
verdreifachen wird, zwei Zeilen. Wie Sie sich vorstellen könne, meine sehr
geehrten Damen und Herren, halten wir das für mehr als problematisch, denn es
zeigt, dass die Sozialdemokratie kein Interesse an Transparenz, kein Interesse
an Nachvollziehbarkeit hat.
Daher bringen wir einen Antrag ein, den wir schon in
den letzten Jahren immer wieder eingebracht haben, betreffend das Berichtswesen
der Vereinigten Bühnen Wiens. Dieser Kulturbericht zeigt ganz deutlich, wie wichtig
es wäre, das Berichtswesen der Vereinigten Bühnen Wiens zu verbessern.
In diesem Sinne beantragen wir:
„Ab Beginn der neuen Legislaturperiode 2005 werden
die Vereinigten Bühnen Wiens hinsichtlich aller ihrer Geschäftsfälle aufgefordert,
dem Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft vierteljährlich einen
schriftlichen Bericht zur wirtschaftlichen Lage, zur künstlerischen Arbeit und
zukünftigen Planung vorzulegen und mit den Mitgliedern des Ausschusses zu
diskutieren.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung dieses Antrags.“
Sehr
geehrte Damen und Herren, die Vereinigten Bühnen Wiens sind in der Diskussion
und es gibt keinen, aber auch keinen Grund, dass das Berichtswesen der
Vereinigten Bühnen derartig opak und untransparent ist, wie es derzeit ist. Ich
wundere mich jedes Mal aufs Neue, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von
der sozialdemokratischen Fraktion das mit sich machen lassen. Wenn ich der
Vorsitzende des Kulturausschusses oder eine Gemeinderätin der SPÖ wäre, ich
würde es nicht auf mir sitzen lassen, über den größten Brocken des
Kulturbudgets keine Auskunft zu erhalten. (GR Dr Andreas Salcher: Das geht
technisch nicht! - GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Das ist roter
Zentralismus!) Wie dem auch sei, man kann dafür unterschiedlichste
Formulierungen finden. Ich bin der Meinung, das ist abschaffenswürdig (GR Dr Andreas Salcher: Das geht nicht!) und
erwarte mir, dass die SPÖ das auch abschafft und unserem Antrag zustimmt,
nämlich, dass in den nächsten Jahren berichtet wird und dass wir im
Kulturausschuss auch wissen, was mit diesen Geldern geschieht und nicht selber
Bilanzen auftreiben müssen, um auch nur eine Ahnung von dem zu haben, was in
den Vereinigten Bühnen vorgeht.
Der zweite
Antrag, den wir in diesem Kontext einbringen, betrifft das Ronacher. Wir sind
der Meinung, dass der Umbau des Ronacher eine falsche kulturpolitische
Entscheidung ist. Wir halten den Umbau für unnotwendig. Ich kann mich maximal
mit einer Sanierung zufrieden geben, aber sicherlich nicht mit dem Ausbau des
Ronacher mit einer zweiten Probebühne und Ähnlichem mehr. Wir halten das für
eine falsche Schwerpunktsetzung.
Weil wir glauben, dass man derartig große Entscheidungen nicht knapp vor einer Wahl treffen sollte, bringen
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