Gemeinderat,
57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 136
irgendeiner Form etwas ganz Abstruses, denn früher als in 20 Jahren kann man so einen Standort ja sowieso nicht entwickeln und betreiben. Das muss doch jedem klar sein.
Jeder Schilling oder, besser gesagt, jeder Euro, der
jetzt hineingesteckt wird in die Entwicklung des Flughafens Wien, ist damit
nicht verloren, denn ein Payback von 20 Jahren, das macht Ihnen
normalerweise kein Kapitalgeber.
Es ist also durchaus so, dass es eine ganz einfache
Formel gibt. Nämlich den Flughafen Wien mittelfristig infrastrukturmäßig
auszubauen, so wie jetzt gebaut wird, das ist okay, denn wenn man sich heute
die Abfluggegebenheiten anschaut, kommt man sich manchmal vor wie in einem
Asylantenlager, so ist das vollgestopft, überladen und überfrachtet. Also es
muss ausgebaut werden. Das ist das eine. Langfristig wird aber sicherlich ein
anderer Standort zur sozialen Verträglichkeit in unserer Stadt notwendig sein
und auch, um diesen Wirtschaftsstandort zu sichern. Gerade aus diesem Grund und
nicht gegen diesen Wirtschaftsstandort. So ist es!
Die Schmalbrüstigkeit und die Kleinmütigkeit, meine
sehr geehrten Damen und Herren, lässt offensichtlich nicht einmal das
Nachdenken über so etwas zu, denn darüber wird schon gelächelt von Ihrer Seite.
Und Zukunftsvisionen darf man auch nicht haben.
So sieht Ihre ganze Politik aus, meine Damen und
Herren, und daher werden Sie auch zu diesem Rechnungsabschluss unsere
Zustimmung nicht erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr GR Stark. Ich erteile es ihm.
GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Bei der Betrachtung der Wiener Wirtschaftspolitik und
bei der Diskussion darüber ist der größte Dienstgeber Wiens, die Klein- und
Mittelbetriebe, ein wichtiger Faktor. Immerhin beträgt der Prozentsatz der
Arbeitgeberbetriebe, die 1 bis 49 Beschäftigte haben, fast 98 Prozent, nur
2,3 Prozent der Wiener Betriebe haben mehr als 50 Mitarbeiter.
Ich habe hier einige interessante Zahlen von der
Geschäftsführung der KMU-Forschung Austria. Österreichweit gibt es etwa
211 500 KMUs, die 1,5 Millionen Mitarbeiter beschäftigen. Im
Jahr 2003 erwirtschafteten die Österreichischen KMUs
260 Milliarden EUR Umsatz und investierten
16 Milliarden EUR. – Soweit die KMU-Forschung.
Im Jahr 2004 wurden in Österreich 29 715 Unternehmen
neu gegründet, das sind über 80 Unternehmen pro Tag. Leider stehen diesen
80 Neugründungen immerhin 20 Firmenpleiten pro Tag gegenüber – auf die
Pleiten werde ich dann noch zurückkommen –, erfreulich ist jedoch, wie
Langzeitstatistiken zeigen, dass nach fünf Jahren noch 80 Prozent der neuen
Betriebe am Markt sind und lediglich 10 Prozent der Neugründungen
Insolvenzfälle wurden. Die restlichen 10 Prozent haben ihre Firma entweder
umgegründet verkauft oder wieder liquidiert. Von diesen 29 715 im Jahr
2004 neu gegründeten Unternehmen waren 81 Prozent nichtprotokollierte
Einzelunternehmen, also Kleinbetriebe.
Weitere interessante Zahlen aus einer Studie der
Universität Klagenfurt, die vor etwa einem Jahr publiziert wurde:
Unternehmensgründer schaffen 77 000 neue Jobs. Aus dieser Studie geht
hervor, trotz vieler Ein-Mann-Betriebe sind Gründungen ein wichtiger
Wirtschaftsmotor. Obwohl rund 85 Prozent der neuen Unternehmen
Einzelfirmen sind, ist der tatsächliche Beschäftigungseffekt weit höher. So
zählen jene knapp 28 000 Betriebe, die im Vorjahr – gemeint ist hier 2003
– entstanden sind – das sind jetzt natürlich österreichweite Angaben –, heuer
77 000 Beschäftigte. Im Schnitt kommen auf jeden Betrieb, den Gründer
selbst eingerechnet, drei Mitarbeiter. Unter Berücksichtigung der Folgeeffekte
durch die Schaffung von Arbeitsplätzen bei Zulieferfirmen sind es nach dieser
Studie sogar 6,8 Jobs pro Betrieb.
Zu dieser Klagenfurter Studie gibt es eine neue
Untersuchung der Kepler-Universität in Linz, die besagt, dass die Jobs in
diesen neuen Firmen wesentlich sicherer wären als jene in den etablierten
Betrieben.
Bei diesen Klein- und Mittelbetrieben handelt es sich
oftmals um Familienbetriebe, in denen unter anderem neben dem Ehepartner und
nahen Verwandten des Unternehmers auch die Kinder beschäftigt sind, was
durchaus auch zur Entlastung am Arbeitsmarkt bei den Jugendlichen führt.
Zum Thema Familienbetrieb darf ich aus einer
Wirtschaftszeitung zitieren: „Die Stärken des Wirtschaftsstandortes Wien
beruhen maßgeblich auf den Leistungen seiner Familienunternehmer. Immerhin
haben mehr als 90 Prozent aller Betriebe in Wien weniger als 20 Mitarbeiter.
Viele davon gehören zur Gruppe der Familienbetriebe, die für die Stadt ein
wichtiger Wirtschaftsfaktor und attraktiver Arbeitgeber sind.
Bei den Familienbetrieben
beeindruckt mich vor allem die besondere Art der Unternehmenskultur, die von
den Persönlichkeiten an der Unternehmensspitze, dem intensiven
Zusammengehörigkeitsgefühl im Betrieb und dem großen persönlichen Engagement
vom Chef bis zum Mitarbeiter geprägt ist. Genau das ist auch die Stärke der
Familienbetriebe, die sie konjunkturell schwierige Zeiten oft besser meistern
lassen, als so manches große Unternehmen es vermag." – Soweit das Zitat.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Sie wissen, von
wem diese bedeutenden Worte stammen, Sie wissen, wen ich hier zitiert habe –
das waren Sie.
Im "WirtschaftsBlatt" haben Sie einen
Artikel unter dem Titel "Machen Sie mit, hier gewinnen die Wiener
Betriebe" publiziert. Ich dachte, dass es sich um eine neue
Förderungsinitiative des Landes Wien handelt, Ihre zutreffenden Worte standen
aber im Zusammenhang mit einem Wettbewerb des "WirtschaftsBlattes"
über Österreichs beste Familienbetriebe.
Ein
wenig schmunzeln, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, darf ich dann aber bei
der Betrachtung der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular