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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 136

 

Jahre, die ich hier verbracht habe, gerne verbracht habe, ist müßig, denn wenn man so lange hier mitwirkt wie ich, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man es gerne tut. Ich scheide auch nicht mit Wehmut, denn alles im Leben hat einmal ein Ende, ein berechtigtes Ende, und das ist eben jetzt gekommen.

 

Es hat sich in der Zeit, in der ich da war, seit dem Jahr 1989, manches bewegt, und manches hat sich überhaupt nicht bewegt, womit ich bereits beim Thema wäre, nämlich: Die Desinformationspolitik der Stadt Wien, insbesondere was das Budget betrifft.

 

Es wurde oft Klage geführt - und nicht nur von unserer Partei, sondern auch von anderen Parteien; nicht nur von Mandataren, auch von Bürgern -, dass das Budget unlesbar ist und dass es sehr vieles offen lässt und viel mehr verschleiert, als es offen legt.

 

Ich habe festgestellt, dass früher einmal wenigstens das Vorwort einige inhaltliche Angaben und Zahlenangaben beinhaltet hat; inzwischen ist ja das Vorwort auf zwei schlanke Seiten zusammengeschrumpft, die im Wesentlichen ein sehr allgemein gehaltenes Selbstlob beinhalten. Bei der früheren mehrseitigen Zusammenfassung waren Zahlen aggregiert und dargestellt, die nicht ganz nachvollziehbar waren, aber sie hatten zumindest den Vorteil, dass man sie miteinander vergleichen konnte, nämlich zwischen den Jahren vergleichen konnte. Jetzt ist man da auf den Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien angewiesen, also auf das, was der Herr Vizebürgermeister im Wesentlichen bei seiner Pressekonferenz sagt.

 

Trotzdem lässt es Vergleiche zu, und die Vergleiche sind eindeutig. Es gibt viele Kennzahlen, wie die Investitionsquote, die Ausgaben für die Wirtschaftsförderung oder die Ausgaben für das Bau- und Baunebengewerbe, die stagnieren oder sogar leicht zurückgehen. Und das war ganz genauso schon voriges Jahr und vorvoriges Jahr. Das heißt, ich habe schon auch deshalb von einer inhaltlichen Rede abgesehen, weil ich im Wesentlichen haargenau das Gleiche sagen könnte, was ich voriges Jahr gesagt habe, und das möchte ich Ihnen und mir ersparen. Bei besonderem Interesse könnte man das sogar nachlesen.

 

Einen Beweis, wie schwer es ist, aus dem Budget die Wahrheit herauszufinden, hat Herr GR Strobl geliefert. Herr GR Strobl hat nämlich genau das Gegenteil von dem behauptet, was ich jetzt gesagt habe - okay, das ist das Recht jeder Partei, dass sie die eigene Arbeit lobt oder schöner sieht, während die anderen sie kritisieren -, aber er hat auch unserem Herrn Dr Tschirf den Vorwurf gemacht, dass er falsche Zahlen verwendet. - Meine Damen und Herren, das ist ja schon ein Beweis dafür, dass man aus diesem Budget nicht klug wird: Wenn jeder beliebig andere Zahlen verwenden kann, ohne dass es sofort nachweisbar ist, dann spricht das ja schon für sich! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich will mich aber nicht mit den zahlreichen Mängeln und der berechtigten Kritik weiter beschäftigen. Ich will mich mit dem politischen Klima beschäftigen, nicht nur aus Gründen der persönlichen Rückschau, sondern weil uns ja auch eine Wahlauseinandersetzung bevorsteht, die zu führen ist, und da ist das politische Klima nicht ganz uninteressant: Das politische Klima, konkret der Hochmut und die Verhöhnung von Seiten der sozialdemokratischen Mehrheitsfraktion und dieser Alleinregierung, mit denen anderen Parteien oder dem Informationsbedürfnis der anderen Parteien begegnet wird.

 

Es ist alles schon gesagt worden und ungehört oder unberücksichtigt verhallt. Es ist aber nicht nur gesagt worden, es sind auch zahlreiche Anträge gestellt worden, zuletzt im November 2004 anlässlich der Budgetdebatte, des Voranschlags, nämlich mit dem Ersuchen, dass man Vorberatungen in den Ausschüssen führt, sodass man sich mit den Details beschäftigen kann. Auch die GRÜNEN haben einen Antrag betreffend mehr Transparenz im Wiener Budget gestellt, und wir haben letztlich auch noch einen Antrag gestellt betreffend transparente und übersichtliche Gestaltung der Budgetentwürfe der Stadt Wien unter Vorbildnahme des Bundesbudgets.

 

Na, mehr haben wir nicht gebraucht! Die Beantwortung dieses Antrages umfasst 12 Seiten, und sie ist eine einzige Beweihräucherung der eigenen Arbeit, enthält die übliche Kritik an der Bundesregierung und eine umfangreiche Belehrung, wieso es so ist und nicht anders sein kann. Da wird zum Beispiel auf die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung, die vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Rechnungshof erlassen wird, hingewiesen. – Na, selbstverständlich, meine Damen und Herren, erwartet man sich und muss man sich von einem Budget und einem Voranschlag erwarten, dass die Verordnung, die formale Verordnung, die dazu besteht, auch formal eingehalten wird. Aber wer hindert Sie denn daran, darüber hinaus Informationen zu geben? – Niemand! Und das untersagt auch weder eine Verordnung noch ein Gesetz. Und wenn ich daran denke, mit welcher Propagandamaschinerie der Herr Bürgermeister jetzt schon seit Wochen damit beschäftigt ist, über die segensreichen Wirkungen der SPÖ-Alleinregierung zu informieren, dann, muss ich sagen, sehe ich wirklich nicht ein, warum man nicht auch über Budget und Rechnungsabschluss mit der gleichen Genauigkeit informieren kann - noch dazu, wo ja im Laufe der Zeit eine Menge Informationsmedien dazugekommen sind, die gut nutzbar sind, wie zum Beispiel das Internet. Ich kann mich erinnern: Früher einmal hat es, wenn das Verlangen oder der Wunsch nach mehr Detailinformation geäußert wurde, geheißen: Da müsste man Berge von Papier produzieren, die weitergereicht werden müssten! – Nun, so ist das ja jetzt nicht mehr. Das ist absolut nicht notwendig. - Also Ausreden gibt es genug.

 

Und wenn wir belehrt werden, dass es so und nicht anders geht und dass es auch gar nicht notwendig ist, es anders zu machen, kommt immer wieder eines vor: Ja, beim Vollzug sind ohnedies alle Parteien eingebunden, denn das, was ausgegeben wird, oder die Aktivitäten, die damit bezahlt werden, kommen in die einzelnen Ausschüsse, und in den Ausschüssen wird ja eingehend informiert und da hat auch jeder die Möglichkeit, sich im Detail mit allem zu befassen. Das heißt also, die Summe

 

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