Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 104
nachgekommen, nachhaltig geschah allerdings nichts.“
Und Dr Vogt verlangt in seinem Tätigkeitsbericht
nicht nur eine wirksame behördliche Kontrolle, sondern auch eine politische
Kontrolle. Und diese politische Kontrolle wird ihm systematisch nicht zuteil,
er wird nicht unterstützt. Sie sind damit beschäftigt zu sagen, das ist
entweder nicht Ihre Zuständigkeit, oder dort ist alles in Ordnung.
Und ich frage mich, ob die Behörde den richtigen
Fragen nachgeht. Fragt sie sich eigentlich und beauftragen Sie die Behörde
nachzufragen, wie viel Poolpersonal in privaten Pflegeheimen beschäftigt ist?
Sind es 20 Prozent, wie manche Fachleute es als akzeptabel hinstellen,
oder sind es möglicherweise in privaten Pflegeheimen auch 80 Prozent und
damit eine unhaltbare Situation für das Pflegeheim? Hat sich Ihre Behörde schon
dafür interessiert, ob in privaten Pflegeheimen das Arbeitsinspektorat die
nötigen Prüfungen vornimmt und zum Beispiel die Abrechnung der Personalkosten
kontrolliert? Hat sich Ihre Behörde schon dafür interessiert, ob die
Gebietskrankenkasse in den privaten Pflegeheimen eine Prüfung vornimmt oder
vornehmen lässt? Sagen Sie mir nicht, das ist nicht Ihre Zuständigkeit. Ihre
Behörde soll die Dinge, die notwendig sind, veranlassen, und sie soll die
Fragen stellen, die zu fragen sind. Haben Sie sich für die freiberuflichen
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen interessiert? Gibt es diesen Status in
privaten Pflegeheimen? Wie werden die Leute bezahlt? Welche Qualifikationen
weisen sie nach, und prüfen Sie, ob die Qualifikationen auch tatsächlich
erbracht werden? Haben Sie in den privaten Pflegeheimen schon nachmittags
kontrolliert und sich überzeugt, dass nicht etwa nur Pflegehelfer vor Ort sind
und allein zuständig wären? Haben Sie sich dafür interessiert, wo das
Poolpersonal herkommt und ob es eine seriöse Vermittlung dafür gibt? Haben Sie
sich erkundigt, oder hat sich Ihre Behörde erkundigt, ob Personal
eingeschüchtert wird und ob es sich aus Angst möglicherweise nicht zu den Verhältnissen
in privaten Pflegeheimen äußert?
Im konkreten Fall, was das KURSANA Tivoliheim
betrifft: Haben Sie eine Teilschließung oder hat die Behörde eine
Teilschließung veranlasst? Sie haben damit argumentiert, dass damit die Dinge
ausreichend geregelt wurden.
Ich habe gerüchteweise gehört, dass dieser
Mandatsbescheid für eine Deckelung die Bewohner- und Bewohnerinnenanzahl
zugrundelegen würde, dass dieser Mandatsbescheid möglicherweise aufgehoben
wird. Und könnte es sein, dass es im konkreten Fall, im Pflegeheim Tivoli,
möglich ist, dass in Zukunft nicht etwa nur 65 Bewohner und Bewohnerinnen
im Pflegeheim gepflegt werden, sondern wieder jenseits der 100? Und für den
Fall, dass es so wäre: Können Sie das verantworten?
Die behördliche Aufsicht, Frau Stadträtin, in der MA
15 hat eine wichtige Funktion. Sie muss mehr als 11 000 Bewohner und
Bewohnerinnen in privaten und öffentlichen Pflegeheimen mit ihrer Arbeit
schützen vor schlechter Qualität, und sie muss auch die Arbeit so tun können,
dass sie sie in ihrer Verantwortung wahrnehmen kann. Und dazu braucht es
Personal. Meinen Informationen zufolge gibt es zwei diplomierte
Pflegefachkräfte, zwei Verwaltungsbeamte und -beamtinnen, fallweise einen
Juristen oder eine Ärztin. Fünf bis sechs Leute für so eine riesige Aufgabe!
Sie haben meiner Information nach keine Zulage für ihre verantwortliche
Tätigkeit, und angeblich gibt es auch nicht einmal eine Monatskarte, damit sie
in die betroffenen Heime fahren können.
Angesichts des Umstandes, dass es so ist, dass der
Leiter der Heimaufsicht sagen kann, er weiß nichts von den Fällen, von denen
Vogt spricht, und angesichts dieser geringen Personalausstattung ist es
unabdingbar, unabdingbar, die rechtliche Verankerung des Pflegeombudsmanns
massiv einzufordern. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Bgm Häupl dieses
zugesagt hat. Damals war allerdings das Thema Pflege in Wien eine Chefsache,
jetzt ist offensichtlich wieder Abwiegeln angesagt, und das finden wir sehr,
sehr schlimm.
Wir brauchen engagierte Parteinahme für die
Interessen der Bewohner und Bewohnerinnen in den Pflegeheimen, und das haben
Sie im Dr Vogt. Das haben Sie im Dr Vogt, und es ist schlimm zuzusehen, wie Sie
seine Arbeit durch Wegschauen, Nicht-zur-Kenntnisnahme und vor allem durch
Verschweigen seiner Tätigkeitsberichte nicht ausreichend schätzen und vor allem
seine Arbeit nicht wirksam werden lassen.
Wenn man demgegenüber schaut, was der durch
Gesetzesauftrag verankerte Patientenanwalt im Zusammenhang mit den Pflegeheimen
liefert, dann ist es jener Pflegeheimkommissionsbericht, den wir übrigens auch
noch nicht diskutiert haben, in keinem Gremium, obwohl er seit März vorliegt.
Das ist eine Ansammlung, eine Shoppinglist sehr guter Vorschläge über die
Qualität und die Pflegestandards, aber konkret geht er auf keine einzige
Situation vor Ort ein, und das ist genau der Unterschied.
Das einzige, was man aus diesem Dokument als sinnvoll
und für unsere Arbeit unterstützend nehmen kann, ist die Checkliste für Kontrolle,
die bei dem Bericht der Pflegeheimkommission angefügt ist und wo klar empfohlen
wird, dass sich die Heimaufsicht an diese Checkliste halten sollte. Diese
Checkliste für private Wohn- und Pflegeheime ist umfangreich, und da werden
alle die Fragen zur Debatte gestellt, die Sie, Frau Stadträtin, interessieren
müssten, wenn Sie Ihrer Kontrollaufgabe nachkommen. Und ich frage Sie: Haben
Ihre Mitarbeiter in der Heimaufsicht diese Checkliste verwendet – immerhin
liegt sie seit März vor –, wenn sie in die privaten Pflegeheime gegangen sind?
Weil dann wären wahrscheinlich viele Fragen und viele Probleme, die der Herr Dr
Vogt zur Debatte stellt, auch für die eigene Behörde schon sichtbar geworden.
Frau Stadträtin, meine geschätzten Damen und Herren, es
geht ganz anders, und es ist traurig, dass wir in Wien, was die Transparenz und
die engagierte Unterstützung der Bewohner und Bewohnerinnen in öffentlichen und
privaten Pflegeeinrichtungen und von Menschen, die ambulante Pflege brauchen,
anlangt,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular