Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 85
von
Journalisten vor, die im so genannten freien Radio vorkommen wollten, dort
mitmachen wollten und nicht genommen worden sind. Also so weit ist es mit der
Freiheit offenkundig auch nicht her.
Ansonsten
haben Sie völlig Recht, dass wir natürlich diese Debatte wie viele andere Jahr
für Jahr führen. Auch Ihre Debattenbeiträge halten sich in ihrer Originalität
in engen Grenzen. Aber eines lassen Sie mich schon sagen. Wenn man hier lesen
kann: „Heimatdienst im Dolby Surround", „Das ganze Land ist im
rechtskonservativen Würgegriff der ÖVP." und so weiter, dann weiß ich
nicht, ob man hier eine Subvention mit den Wiener Steuergeldern machen muss, so
nach dem Motto "ein rot-grünes Gegenprojekt gegen einen angeblichen
Würgegriff", den wir weit und breit nicht sehen können und, wenn er
vorhanden ist, auf demokratischen Meinungsfindungen beruht. (GR Godwin
Schuster: Sie brauchen nur die Augen aufzumachen!) Das heißt, im Prinzip
geben Sie etwas als freies Radio aus, was Ihnen und auch der grünen Klientel
sehr zu Nutzen ist. Dafür werden Sie unsere Zustimmung mit Sicherheit nicht
bekommen!
Im Übrigen
halte ich das fest, was mein Fraktionsführer in unserem Ausschuss, Hofrat
Strobl, vor wenigen Monaten gesagt hat, dass Freiheit auch mit Finanzierung zu
tun hat. Solange es keine Finanzierungskonstruktion gibt, die journalistische
Freiheit tatsächlich gewährleistet, solange kann man von einem freien Radio
nicht sprechen. Legen Sie uns bitte einen Vorschlag vor, wie man die
journalistische Freiheit tatsächlich gewährleisten kann, dann können wir
nächstes Jahr darüber reden und vielleicht schaut dann die Debatte anders aus! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist
Herr GR Ing Rudolph. Ich erteile
es ihm.
GR Ing Herbert RUDOLPH (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Frage der
Freiheit anhand dieses Akts zu erörtern, ist natürlich hoch interessant, weil
wenn die Freiheit darin besteht, sich um nichts kümmern zu müssen, um am Medienmarkt bestehen zu
können, sondern darauf verweisen zu können, dass das ohnedies die öffentliche
Hand zahlt und ich mir dann eigentlich alles erlauben kann, dann muss man
zumindest sagen, es ist eine Form von gekaufter Freiheit. Wenn gekaufte
Freiheit noch Freiheit ist, dann mag das Ihrem Weltbild entsprechen, meinem
entspricht es sicherlich nicht.
Daher meine ich schon, dass der
Titel "Freies Radio" an sich irreführend ist. Dieses Radio ist so
abhängig, wie man nur irgendwie sein kann, nämlich vom Wunsch und Wollen des
Subventionsgebers, und das ist die Stadt Wien, die hier eine so genannte
Basisförderung - so steht das nämlich in dem Antrag - von
320 000 EUR, schon das zweite Mal in dieser Höhe, beisteuert. Das
restliche Geld, das man hier einzunehmen gedenkt, steht zwar recht nett am
Papier, vielleicht kommt es auch zu Stande, 40 000 EUR, ist aber
verglichen mit den 320 000 EUR wohl wirklich nur eine Marginalie.
Das heißt, es ist keine Basisförderung, sondern es
ist die Hauptförderung. Es ist die praktisch ausschließliche Förderung dieses
Unternehmens, das als Kulturprojekt gestartet ist und mittlerweile über acht
Angestellte verfügt, nichts anderes als eine Hauptförderung. Nun rechnen Sie
sich bitte einmal durch, diese acht Angestellten, wenn man hier ausgewiesen
bekommt, 230 000 EUR Personalkosten, Gehälter, und zu welchem
Schandlohn dann diese acht Angestellten im Übrigen bezahlt werden. Es ist auch
eine Frage der Kultur, wie man hier mit diesen Mitarbeitern umgeht, aber es ist
nochmals ein Schritt mehr in die Abhängigkeit von der Stadt Wien und es ist
alles andere als ein freies Radio.
Es ist auch interessant, wie in den
Subventionsansuchen dargestellt wird, wie man selbst versucht, zu Geld zu
kommen. „Einnahmen aus Projekten", liest sich hier,
„77 145,50 EUR." Aber wenn man dann weitersucht und fragt, was
denn diese Projekte sind, aus denen das Geld hereinkommen soll, dann sucht man
in der Unterlage vergeblich. Ich behaupte einmal, das steht zwar da, aber es
wird nicht so sein. Besonders kühn wird es, wenn man noch 63 000 EUR
Sondersubvention bereits in das Ansuchen hineinschreibt und klar und eindeutig
zu erkennen gibt, dies gibt es nur mit Fremdmittelfinanzierung. Das heißt, die
Stadt Wien, denn anders ist das nicht vorstellbar, anders ist mir das nicht
erklärlich, muss bereits erklärt haben, wie das jetzt hier sonst zum Ausdruck
gebracht werden könnte, den Ausfall zu übernehmen, weil über Einnahmen wird
dieses Unternehmen, Freies Radio oder Radio Orange nicht verfügen, daher kann
das nur aus den Subventionen gedeckt werden. Die Subventionen sind allerdings
zu klein, um den Gesamtaufwand abdecken zu können. Daher schau ich mir den
Kreditgeber an, der mit diesem fünfstelligen Betrag über die Theke rückt, ohne
dass die Rückzahlung gesichert ist.
Das Ganze steht auf extrem tönernen Beinen, nicht,
wenn das Radio Töne von sich gibt, sondern es steht auf tönernen Beinen
deshalb, weil das schlussendlich vermutlich ein ähnliches Schicksal erleiden
wird, wie wir das auch schon mit anderen, durchaus sehr teuren
Subventionsempfängern in dieser Stadt erleben mussten.
Vielleicht noch ein kurzes Wort zum Herrn StR
Ellensohn: Es ist nicht so sehr die Frage der inhaltlichen Positionierung, wo
jemand meint, mit seinem Programm landen zu können, aber die inhaltliche
Positionierung muss sich dann schon auch an dem referenzieren, was die Zuhörer
gerne hören. Wenn ich aber darauf aufbauen kann, dass es völlig unabhängig
davon ist, ob ich jemanden habe, der auf mein Produkt überhaupt reflektiert,
dann tue ich mir leicht zu sagen, ich produziere etwas, was mir selbst als
Produzenten Spaß macht, unabhängig davon, ob es auch jemanden gibt, den das
tatsächlich motiviert, etwas zu zahlen.
Um das dialektisch auch umfassend
umzuformen: Kollege Aigner hat es schon kurz angesprochen, man versucht hier,
aus dem Makel eine Tugend zu machen und verzichtet darauf, Programm zu machen,
das nicht oder nur marginal von professionellen Journalisten gestaltet wird.
Man verzichtet bewusst auf Werbung und
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