Gemeinderat,
53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 99 von 102
Zwischenruf von GR Dr Matthias Tschirf.) Da kann ich noch einmal von vorn beginnen.
Also gut, auf jeden Fall
kann ich Ihnen auch einen Tipp geben: Falls Ihnen das alles nicht reicht –
ich persönlich hoffe auch, dass das
Budget kontinuierlich weiter steigen wird –, aber falls Ihnen das in Wien nicht
reicht, dann gründen Sie doch Ihre eigenen Interventionsstellen. Sie haben die
absolute Mehrheit, lassen Sie sich nicht hindern. (GR Godwin Schuster: Das
ist ein gesetzlicher Auftrag!) Ja, aber machen Sie doch Ihre eigenen. Sie
haben die absolute Mehrheit. Machen Sie einfach mehrere Gewaltzentren, was
immer Sie möchten. (GR Godwin Schuster: Es gibt einen gesetzlichen Auftrag!
– Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das ist ein Bundesgesetz, Frau Kollegin!)
Lassen Sie sich nicht hindern von einem Gesetz. Machen Sie Ihre eigenen. (GR
Godwin Schuster: Ja, das wissen wir! Kein Geld für die Arbeit der
Interventionsstellen!)
Ich danke Ihnen jedenfalls
für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender Dr Herbert Madejski: Zu Wort gemeldet hat sich Herr GR
Saßmann.
GR Gerold Saßmann (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und
Herren!
Unterschiedliche Projekte
für Integrationsmaßnahmen im Bereich der MA 17 stehen heute zur Diskussion.
Einige finden unsere Zustimmung, einige unsere Ablehnung.
Zustimmung finden
Alphabetisierungskurse und Maßnahmen wie Nachholen von Hauptschulabschlüssen
durch die VHS Ottakring. Das Erlernen der Sprache ist noch immer zentral
für die Integration. Davon hängen die gesellschaftliche Integration, die
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und nicht zuletzt die Chancen im
ökonomischen Bereich ab. Mit dem Erwerb der Sprache geht auch die Vermittlung
der europäischen Grundwerte einher. Wichtig sind unter anderem hier
Frauenrechte für Personen, die aus patriarchalischen Gesellschaften stammen.
Die statistischen Zahlen
sprechen Bände: 100 000 Neuzuwanderer nach Wien, die von sich selber
sagen, sie beherrschten die deutsche Sprache nicht ausreichend, 40 Prozent
der Wiener Volksschüler mit nichtdeutscher Muttersprache, 10 000 bis
20 000 Personen, die Alphabetisierungskurse brauchen und ein
überproportionaler Anteil von Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache,
nämlich 20 Prozent, in sonderpädagogischen Anstalten. Ich gehe jedoch, so
wie alle, davon aus, dass diese Kinder zum Großteil weder geistig noch
körperlich behindert sind, sondern einfach sprachliche Defizite haben.
Interessant ist in diesem
Zusammenhang auch die aktuelle Diskussion zum Integrationsvertrag. Wenn von
34 000 Personen in Österreich, von denen grundsätzlich angenommen
werden kann, dass sie Förderbedarf in deutscher Sprache haben, nur zirka
800 Sprachkurse absolvieren, sehe ich hier kein Versäumnis der
Bundesregierung, sondern das ehrliche Bemühen, Integration voranzutreiben.
Vielmehr ist es schade, dass von der Seite der Zuwanderer dieses großzügige
Angebot – 50 Prozent der Kurskosten werden refundiert – nicht angenommen
wird.
Günther Haider, der oberste
Schulreformer Österreichs, etwa meint, dass die Beherrschung der
Verkehrssprache die entscheidende Voraussetzung der gesellschaftlichen
Kommunikationsfähigkeit sei. Ohne Sprachverständnis bleibe man ausgeschlossen.
Junge Menschen mit mangelndem Sprachverständnis von heute seien deshalb die
Risikogruppen auf dem Arbeitsmarkt von morgen.
Großzügig bei der Förderung
von Sprachkursen ist ja auch die Gemeinde Wien. 45 Cent als Beitrag für
die Kursteilnehmer an Sprach- und Alphabetisierungskursen pro Teilnehmer und
Unterrichtseinheit sind schlicht lächerlich, auch wenn es hier um ökonomisch
schwache Gruppen geht. 45 Cent, das sind 6 ATS, das ist ungefähr der
Gegenwert eines Semmerls, von drei Zigaretten, einer Dose Bier oder einem
anderen Dosengetränk. Man kann hier ruhig an eine Erhöhung der Beiträge denken.
Mit den Erlösen können dann auch wieder weitere kostengünstige Kurse für
Zuwanderer organisiert werden, und das
muss doch unser aller Ziel sein.
Deswegen sind auch die Vorstöße zu unterstützen, die
eine Ausweitung der Verpflichtung zur Absolvierung von Deutschkursen für
weitere Personen vorsehen oder die Förderung in deutscher Sprache im
vorschulischen Bereich vermehren wollen. Wenn Motivation nicht ausreicht – und
die statistischen Zahlen belegen das auch –, muss man die Menschen eben zu
ihrem Glück zwingen. Diese Meinung wird im Übrigen von vier Fünftel der
österreichischen Bevölkerung geteilt.
Nun zu einzelnen Vereinen.
Der Verein Miteinander Lernen – Birlikte
Öğrenelim sucht um Unterstützung für ein Projekt für sozialpädagogische
Lern- und Freizeitbetreuung für schulpflichtige Kinder und für
Gesundheitsbetreuung an. Grundsätzlich durchaus positiv, aber hier gilt
natürlich, die Sprache zu erlernen gehört in erster Linie in den schulischen
Bereich. Dort kann die Tätigkeit auch überprüft und entsprechend evaluiert
werden und man ist nicht auf einen Subventionsantrag angewiesen, in welchem
keine konkreten Zahlen über die Verwendung der doch recht stattlichen Summe von
84 000 EUR genannt werden.
Das
"WUK – Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser"
erhält eine Subvention für das Projekt Domino. Thema ist die Beratung von
Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit migrantischem
Hintergrund. In erster Linie geht es hier aber nicht um Personen, die
körperlich oder geistig behindert sind, sondern es geht eben um Jugendliche,
die auf Grund ihrer Defizite in der Verkehrssprache Deutsch keinen Arbeitsplatz
bekommen. Bezeichnend ist das im Antrag gebrachte Beispiel einer betreuten
Person. Beim Eingangsgespräch wird zwar festgehalten, das Mädchen hätte gute
Deutschkenntnisse, ein paar Zeilen später wird aber festgehalten, dass die
Deutschkenntnisse für eine Integration am Arbeitsmarkt nicht wirklich
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