Gemeinderat,
53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 85 von 102
nicht vom Kindergarten und von der Schule. Sie tun oft so in Ihren Argumenten, als gäbe es nach dem fünften oder sechsten Lebensjahr keine soziale Verantwortung dieser Stadt mehr, so als wären da die Kinder bereits in der Schule und das müsste quasi reichen. Ich sage Ihnen nur als Beispiel, da Sie das immer gern vergessen zu sagen, wenn Sie Zahlen nennen, wie toll Sie sind, der Bundesschulbereich im Bereich der Schulen der 10- bis 14-Jährigen hat faktisch ein 100-prozentiges Nachmittags- und Betreuungs- und Ganztagsschulangebot im Gegensatz zur Pflichtschule in Wien.
Wir haben heute einen diesbezüglich Antrag
eingebracht. StR Dr Hahn hat gemeinsam mit der Nationalratsabgeordneten Brinek
vor einigen Tagen auch eine entsprechende Pressekonferenz gegeben, wo es um
einen Bildungsplan für die Kinder- und Tagesheimeinrichtungen, konkret für die
Kindergärten, gegangen ist. Sie haben das in freudiger Weise aufgenommen,
gleich abgeschrieben und einen Antrag eingebracht. Wir haben diesem Antrag
grundsätzlich zugestimmt. Wir haben einen detaillierteren, bereits mit
pädagogischen Facetten versehenen, der auch als Armutsprävention verstanden
werden kann, eingebracht. Den haben Sie bezeichnenderweise abgelehnt. Das wird
man halt der Öffentlichkeit sagen müssen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. - GR Heinz Vettermann:
Wir brauchen ja keine Armutsprävention! Das ist die falsche pädagogische
Stoßrichtung!)
In der Bekämpfung der Armut, meine Damen und Herren,
muss die Lebenssituation der Kinder Priorität haben. Es reicht nicht zu sagen,
man verteilt Geld. Man muss sich auch anschauen, welche Schichten, welche
Bevölkerungsgruppen und ganz besonders, welche Kinder hier betroffen sind. Ich
kenne zum Beispiel keine einzige Einrichtung in Wien, die sich innovativ oder
mit einem gewissen Projekt einer neuen Form der Erprobung präventiver und
rehabilitativer Maßnahmen zur Armutsbekämpfung beschäftigt. All das könnten Sie
tun oder entsprechende Untersuchungen einreichen.
Meine Damen und Herren, es fehlt in Wien, und das
haben wir schon mehrmals von dieser Stelle aus kritisiert, ein spezieller
Armutsbericht über die Kinder. Es fehlt der Armutsbericht generell. Aber es
fehlt speziell der Bericht für die Kinder. Alle Anträge, die hier bisher
eingebracht wurden, und wir haben auch immer Anträge der GRÜNEN in dieser Frage
unterstützt und werden das auch in Zukunft tun, werden von Ihrer Mehrheit
vollkommen unbegründet nach dem Motto der Mentalität "Wir sind wir und das
reicht, wenn wir sagen, wir sind sozial." abgelehnt. Das wird in Zukunft
nicht mehr reichen, weil, und das zeigen alle statistischen Zahlen, die Armut
in Wien kommunal verursacht ist. Also brauchen Sie gar nicht erst darüber
nachzudenken, welche Schuld der Bund haben könnte, weil Sie versagen in der
Betreuung und in der Erfassung und nicht bereit sind, hier entsprechende Daten
auf den Tisch zu legen.
Wir werden daher dem Antrag der GRÜNEN heute
zustimmen und hoffen, dass Sie sich das auch noch überlegen und dann einen
Bericht liefern, aus dem ersichtlich wird, wie die tatsächliche Situation mit
der Armut in Wien ist. (Beifall bei der
ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag
Schmalenberg. Ich erteile es Ihr.
GRin Mag Heidrun Schmalenberg
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Antrag, über den wir hier diskutieren, lautet,
einen Armutsbericht für Wien zu erstellen. So viel möchte ich nur zu den
Ausführungen der Frau GRin Klicka sagen. Wir sprechen nicht über den Bund, wir
sprechen nicht über die EU, wir sprechen hier und heute über die
Armutsgefährdung der Wienerinnen und Wiener. Wir erwarten uns von Ihnen, sehr
geehrte Damen und Herren von der SPÖ, dass Sie auch mit uns über die
Armutsgefährdung der Wienerinnen und Wiener diskutieren und dass Sie nicht über
die EU, den Bund oder sonst irgendetwas diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)
Wie Freiheitlichen wissen, dass wir als Gemeinderäte
die Verpflichtung haben, uns mit der Armut in Wien zu beschäftigen. Wir
unterstützen daher auch den Antrag der GRÜNEN, einen Armutsbericht zu
erstellen, weil wir glauben, dass wir Daten brauchen, dass wir diese Daten
auswerten müssen und dass wir eine Ist-Analyse erstellen müssen.
Wenn Sie sagen, wir können eh das statistische
Handbuch hernehmen, so wissen wir das, machen das auch, also was zugänglich
ist, lesen wir uns auch durch, aber es gibt noch andere Zahlen, wie Sie selbst
gesagt haben, im Fond Soziales Wien etwa, und diese Zahlen, die uns nicht
bekannt sind, die irgendwie wie Geheimzahlen behandelt werden, würden wir gern
wissen. (GRin Marianne Klicka: Lesen Sie
die Berichte doch genau!) Da hätten wir gern, dass ein Bericht erstellt
wird, der sich auf das Problem Armut fokussiert. Deshalb stehen wir hier,
deshalb diskutieren wir hier und deshalb stimmen wir auch dem Antrag zu. (Beifall
bei der FPÖ.)
Ich möchte aus dem vorliegenden Bundessozialbericht
zitieren, denn dieser Bericht ist sehr sorgfältig erstellt und sehr umfassend.
Ich glaube, dass er auch eine gute Grundlage für diese heutige Diskussion
darstellt. Und zwar steht darin: „Es besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen
der Sozialkultur am Wohnort und der Armutsgefährdung. Eine
überdurchschnittliche Armutsgefährdung gibt es in den Ballungszentren
Österreichs, in der Bundeshauptstadt Wien und in den Landeshauptstädten. Die
überdurchschnittliche Armutsgefährdungsquote von fast 15 Prozent für Wien
ist unter anderem mit einem doppelt so hohen Ausländeranteil als bundesweit
sowie einem höheren Anteil von Arbeitslosen und alleinstehenden Frauen
erklärbar."
Sehr geehrte Damen und Herren,
dass der unbegrenzte Zuzug ins soziale Netz in Wien seit Jahren stattfindet,
haben wir Freiheitlichen immer gesagt. Davor, dass dieser ungebremste Zuzug ins
soziale Netz nicht zu einer Ausweitung des Wohlstands, sondern zu einer Zunahme
von Armut führt, haben wir Freiheitlichen auch schon lang gewarnt. Wenn wir uns
etwa Berlin
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