Gemeinderat,
53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 102
Bundesebene vorfinden, lässt uns auch die Werte, die
wir national und international haben, unter ganz neuem Licht sehen, und es
zeigt sich deutlich, warum das so ist. Wenn wir mit Stand 2002 in Wien ein
Minus von 3 Prozent an CO2-Emissionen auf Basis 1990 zu
verzeichnen haben, was absolut eine Produktion von 4 Tonnen CO2
pro Kopf und Jahr bedeutet, dann sind es im österreichweiten Durchschnitt
8,7 Tonnen pro Kopf. In Deutschland sind es 10,6 Tonnen, bei den
EU-15 sind es 8,9 Tonnen, und in den USA - die dem Kyoto-Protokoll
bedauerlicherweise nicht beigetreten sind, wie wir alle wissen – sogar
20 Tonnen. Das ist, meine Damen und Herren, eine erschreckende Bilanz. Es
relativiert sicherlich und zeigt deutlich, wie die Anstrengungen des Landes
Wien, vor allem der engagierten Landespolitik, zu bewerten sind. Es ist
feststellbar, dass das ökologische Gedankengut - Schutz von Klima, damit Schutz
von Zukunft - von den Sozialdemokraten in Wien groß geschrieben wird, und das
wird auch so bleiben.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns diesen Blick
über den Tellerrand noch ein bisschen geben und uns das oberösterreichische
Programm und die oberösterreichische Situation ansehen, dann steht diesen 6
Seiten in Oberösterreich beispielsweise ein engagierter Bericht gegenüber, den
wir heute zu diskutieren haben - wobei wir am Ende dieser Debatte darüber
abstimmen werden, ob wir diesem Bericht zustimmen oder nicht -, im Umfang von
72 Seiten, auf denen sich höchst engagierte Projekte wiederfinden,
Bilanzen wiederfinden, aber auch kritische Anmerkungen zu finden sind. Und wenn
wir uns das ansehen: Zur gleichen Zeit, während wir darüber diskutieren, welche
Zielsetzungen beispielsweise im Masterplan Verkehr relativierbar sind, was man
vielleicht anders formulieren könnte, während diskutiert wird, ob Zielsetzungen
erreicht werden oder nicht, sagt der oberösterreichische Landesrechnungshof zur
oberösterreichischen Landesregierung, dass er ganz massiv kritisiert, dass
überhaupt kein Strategieplan vorliegt, was die Verkehrssituation betrifft. Da
denke ich mir, wir sollten tatsächlich ein Augenmaß dafür behalten und
fallweise auch zu schätzen wissen, was Wien in Sachen Klimaschutz tagtäglich
leistet, wie engagiert die Ziele sind und wie stark wir im Bereich der
Einhaltung dieser Ziele unterwegs sind.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die
Zielsetzungen anschauen, so sagt der Klimaschutzbericht einmal mehr aus, dass
eines der neuralgischen Felder die Frage des Individualverkehrs ist. Auch da,
denke ich, sollten wir unsere Analyse schärfen. Es ist der Individualverkehr,
der einen der maßgeblichen Erzeuger von klimarelevanten Emissionen darstellt.
Es ist dies auch ein Bereich, in dem wir mit der Bilanz nicht zufrieden sein
können. Aber wir sollten für eine Frage der Strategie einmal analysieren, wo
wir tatsächlich stehen, und wir müssen zwei Bereiche getrennt voneinander
ansehen. Wir müssen uns ansehen, wie es bei jenem Verkehr aussieht, wo
Wienerinnen und Wiener von einer Stelle der Stadt zu einer anderen fahren,
nämlich dem innerstädtischen Modal-Mix. Da sieht es in der Tat so aus, dass
zwei Drittel der Wege, die von Wienerinnen und Wienern, aber auch von anderen
Bürgerinnen und Bürgern von einer Stelle der Stadt in eine andere zurückgelegt
werden, mit Umweltverbundverkehrsmitteln durchgeführt werden. Das sind die
eigenen zwei Beine, das ist das Fahrrad, und das sind die Öffis. Zwei Drittel
also, meine Damen und Herren! Und auch da stellt sich dann die Frage: Wo liegen
wir? Nur dank einer sozialdemokratischen Politik in dieser Stadt sind wir hier
europaweit die Zweitbesten nach Zürich!
Jetzt stellt sich die Frage: Warum sind wir in der
generellen Bilanz doch unzufrieden? Das liegt daran, dass es sich gegenüber den
zwei Dritteln an Umweltverbundverkehrsmitteln, wenn es die innerstädtische
Bewältigung von Verkehrs- und Mobilitätsfragen betrifft, bei den
Einpendlerinnen und Einpendlern ganz anders verhält: Es sind nämlich zwei
Drittel, die mit dem Auto nach Wien kommen. Da kann man sich schon die Frage
stellen - und wenn der Kollege Klucsarits, der in den ersten Jahren der
sozialdemokratischen Alleinregierung in Wien nach der Zeit der großen Koalition
immer gesagt hat, wir haben es immer schon gefordert; und wenn etwas Gutes
dabei war, das er gefunden hat, hat er gesagt, das geht noch auf die schwarzen
Stadträtinnen und Stadträte zurück -, dann muss man sich aber tatsächlich
anschauen: Wer ist verantwortlich dafür, dass dieser Modal-Mix bei den
Einpendlerinnen und Einpendlern so unbefriedigend aussieht?
Das ist dahin gehend zu beantworten - und diese
Bundesregierung tut alles dafür -, dass Umweltverkehrs-mittel, dass
Massenverkehrsmittel, dass öffentliche Verkehrssysteme im regionalen Sektor
ausgehungert werden. (GR Godwin Schuster: 30 Prozent...!) Der
ausgewiesene Feind der Schiene, Staatssekretär Kukacka, hat eine Novelle für
den öffentlichen Nahverkehr in der Schublade respektive schon ausgesendet, die
einfach unter dem Titel zu sehen ist: Wir verabschieden uns von einer
bundesweiten Verantwortung! Da steht drin, dass man das verländern will, dass
sich die Länder untereinander ausmachen sollen, wie sie zu ihren öffentlichen
und Landesgrenzen überschreitenden Nahverkehrssituationen und -systemen kommen,
und der Bund verabschiedet sich. Gleichzeitig werden Autobuslinien parallel zur
ÖBB gefördert, damit nur ja die ÖBB ausgehungert wird. Und das, meine Damen und
Herren, obwohl die Zeichen der Zeit in einem vereinten Europa dahin gehend zu
interpretieren sind, dass es uns darum geht, in Regionen Verkehrssysteme zu
schaffen. Der Bund macht genau das Gegenteil, er macht eine Verkehrspolitik von
vorgestern. Er verabschiedet sich von seiner Verantwortung und ist damit
verantwortlich für das, was wir jeden Tag beispielsweise auf der Südautobahn
sehen. Das ist die Verantwortung des Bundes, und das kann die Österreichische
Volkspartei auch nicht wegreden.
Meine Damen und Herren! Wie soll
es denn weitergehen? Wenn diese Verabschiedung der Bundesregierung unter
schwarz-blauer Federführung erfolgt ist, dann wird weiterhin, ähnlich wie in
Großbritannien, das
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