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Gemeinderat, 52. Sitzung vom 27.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 68

 

erhalten, die sie verdienen.

 

Da wäre zum Beispiel die Familienberatungsstelle im Karl-Marx-Hof zu nennen. Diese ist zwar wieder offen, aber - und das sagen mir Leute, die sich dort auskennen - sie läuft mehr schlecht als recht, weil zum Beispiel die ÄrztInnen dort nicht kontinuierlich dieselben sind, sondern immer wieder wechseln, weil die Ordinationshilfe abhanden gekommen ist und stattdessen MitarbeiterInnen des Magistrats aushelfen müssen. Und das Ärgerlichste: Krebsabstriche für Frauen, die nicht versichert sind, werden nicht mehr finanziert.

 

Wer weiß, wie wichtig das ist und wie wichtig diese Vorsorgeuntersuchung auch für eine Frau ist, kann doch nicht damit zufrieden sein, dass man schulternzuckend sagt: Das muss man nicht bezahlen! - Das wissen wir auch, aber es gibt Dinge, die kosten der Stadt nicht so viel Geld, wie sie bringen, vor allem den Frauen, die betroffen sind. Und wir finden, dass man Beratungsstellen, die so eine wichtige Funktion erfüllen wie jene im Karl-Marx-Hof - nämlich für sozial schwache Gruppen, die wenig Möglichkeiten haben, für Migrantinnen, für illegal in Österreich lebende Frauen eine letzte Möglichkeit zu bieten, zu Unterstützung und Hilfe zu kommen, die notwendig ist und die man den Frauen nicht versagen sollte -, auch entsprechend unterstützen sollte.

 

Dann möchte ich noch auf eine weitere Ärgerlichkeit in diesem Zusammenhang Bezug nehmen. Im Frauengesundheitsbeirat wird uns seit einem knappen Jahr ein Bericht über die Arbeitsgruppe Anonyme Geburt versprochen. Jedes Mal ist entweder die Berichterstatterin verhindert oder krank - und schlussendlich hat sich herausgestellt: Der Bericht ist schlicht und einfach noch nicht fertig! - So geht man nicht um mit einer wichtigen Frage, mit einem Auftrag, der schlussendlich vom Landtag an die Arbeitsgruppe erteilt wurde. Es gibt noch keine Ergebnisse, und wir werden vertröstet.

 

Und das Letzte, was ich in diesem Zusammenhang erwähnen möchte - und es gibt hier junge Mütter und werdende Mütter, die das vielleicht interessiert: Ich bin in großer Sorge, dass ein wichtiger Aspekt der Geburtshilfe in der Stadt, nämlich die hebammenorientierte und die hebammengeleitete Geburt zunehmend ins Hintertreffen kommt und abgelöst wird von einer technisierten Geburt. Auch wenn wir in der Stadt gut beraten, müssen die Einrichtungen, die dann die Beratung umsetzen sollen, auch tatsächlich so ausgestattet sein, dass Frauen die bestmögliche Option für ihre eigene Geburt wahrnehmen können. Das kann bei vielen Frauen eine technisch unterstützte, medizinisch bestens ausgestattete Geburtssituation sein, bei vielen - und hoffentlich den meisten - Frauen wird das aber nicht notwendig sein, und dann sollen die Hebammen in ihrer Rolle, nämlich als autonom leitende Expertinnen und verantwortliche Begleiterinnen der Frauen im Geburtsprozess, ihre Aufgabe auch erfüllen können und nicht sozusagen von einer in erster Linie ärztlich dominierten oder vor allem technisch dominierten Geburtssituation konkurriert oder dominiert werden.

 

Faktum ist, dass in Wien die Kaiserschnittraten hinaufgehen. Im AKH liegt die Rate jenseits der 30 Prozent, in den anderen geburtshilflichen Einrichtungen, inklusive Semmelweis-Klinik, nimmt die Kaiserschnitthäufigkeit leider stetig zu. Das können wir uns nicht wünschen, das wünschen sich die Frauen nicht, und da entsteht sozusagen eine Spirale, die den Frauen vermeintlich Sicherheit vorgibt und in Wirklichkeit Interventionen, die in vielen Fällen nicht notwendig sind, zur Folge hat.

 

Wenn sich die Stadt – und Frau StRin Brauner hat das auch schon sehr deutlich gesagt - dazu bekennt, dass es für Low-Risk-Geburten auch ein klares Bekenntnis zu Low-Risk-Einrichtungen geben soll, dann müssen die Hebammen ins Recht gesetzt werden und die Hebammen auch die Entscheidungsmacht im Geburtsprozess zurückgewinnen, und ihre Tätigkeit sollte nicht in einem Konkurrenzverhältnis zur medizinischen Betreuung stehen, sondern in einem Kooperationsverhältnis.

 

Man kann diese Situation sehr gut entweder durch ein Geburtshaus herstellen, das sozusagen dann auch offensiv von der Stadt unterstützt wird oder eingerichtet wird, oder schlicht und einfach dadurch, dass in Krankenhäusern Low-Risk-Geburtszentren, die von Hebammen geführt werden, eingerichtet werden, sodass tatsächlich jene Frauen, die sich aus guten Gründen dafür entscheiden und bei denen medizinisch kein Einwand dagegen besteht, mit einer Hebamme, die im Wesentlichen die Geburt leitet, entbinden können.

 

Dass ich all das bei diesem Tagesordnungspunkt hier sage, hat schlicht und einfach den Grund, dass viele Fragen der Gesundheitspolitik nicht mehr diskutiert werden können, weil der KAV, wie wir wissen, durch die Ausgliederung viele Entscheidungen nicht mehr hier zur Debatte stellen muss.

 

Herr Bgm Häupl hat heute früh gesagt, dass man über die Zukunft der Semmelweis-Klinik befinden wird. Ich hatte den Eindruck, er macht sich die Sache auch zur Chefsache. Ich möchte, dass die Semmelweis-Klinik, egal, in welcher Form sie weiterexistieren wird, ihre Rolle als Pflegerin der sanften Geburt, als hebammen-geleitetes Geburtszentrum beibehält und dass man sie sozusagen nicht auflöst in die allgemeine Entwicklung, Frauen und Hebammen im Geburtsprozess durch medizinische Entscheidungen im Wesentlichen zu enteignen.

 

Das soll nicht die Politik sein, und darum soll das heute hier auch einmal gesagt sein. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist Herr GR Barnet zum Wort gemeldet. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely zu dem sich zum Rednerpult begebenden GR Günther Barnet: Es ist mir eine Ehre!)

 

GR Günther Barnet (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Verehrte Frau Stadträtin – wenn es dir schon auch eine Ehre ist! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Wir könnten den heutigen Tagesordnungspunkt mit diesen Geschäftsstücken natürlich wie die ÖVP abhandeln, die sich zuerst zum Wort meldet und dann doch nicht spricht, weil sie der Meinung ist - vermutlich, ich kann es nur vermuten, weil ja nichts gesagt wurde -,

 

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