Gemeinderat,
4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 108 von 119
sieht. Das hat die Stadt Wien in ihre Stellungnahmen
geschrieben. Aber was hat die Stadt Wien gemacht? Im gegenständlichen Fall
bewertete sie das Grundstück selbst, allerdings zweimal. Das heißt, Sie
schreiben selbst in Ihre Stellungnahme hinein: Eigentlich hätten wir einen
Externen nehmen müssen, der das auch bewertet. Gemacht haben Sie genau das
Gegenteil. Sie haben selber zweimal bewertet, wobei bei einer Schätzung
130 EUR pro Quadratmeter drinnen steht, bei der anderen Stellungnahme dann
der dreifache Wert.
Dann kommt noch: Der Rechnungshof hat eigentlich gemeint,
dass die Gemeinde Wien mit dem Grundstücksverkauf eben nicht so umgehen darf
wie ein Privater. Geantwortet hat damals die Stadt so: „Die vom Rechnungshof
vertretene Auffassung, sich an der erwähnten Mitteilung der Europäischen
Kommission zu orientieren, würde die Flexibilität der MA 69 bei
Liegenschaftsverkäufen einschränken." – Das ist aber auch genau der Sinn
dieser Richtlinie, dass Sie sich nicht verhalten dürfen wie ein privater
Verkäufer. Das sagt Ihnen auch der Rechnungshof noch einmal am Schluss, und
zwar: Das ist dem Rechnungshof bewusst, dass die Umsetzung seiner Empfehlung
die Flexibilität der MA 69 bei Liegenschaftsverkäufen einschränken würde.
Der Zweck der Empfehlung liegt genau darin, nämlich, dass die öffentliche Hand
Bauten oder Grundstücke nur bei Vorliegen eines objektiv nachvollziehbaren
Bestpreises verkaufen kann. So weit ist alles klar. Nur kommt dann noch ein
Punkt, und dann kommt das Nächste.
Was lernen wir daraus? – Der Rechnungshof kritisiert
einen Grundstücksdeal, die Opposition kritisiert den Grundstücksdeal. Es sind
die Fakten ganz klar aufgezählt worden, es gibt Schätzungen, was das Grundstück
wert ist, kein Mensch bestreitet, dass es nicht 130 EUR pro Quadratmeter
wert ist, sondern ein Vielfaches, ob es jetzt das Drei- oder Vierfache ist, ob
der Schaden für die Gemeinde beim Verkauf 3 oder 4 Millionen EUR sind – da
sage ich jetzt einmal großzügig, geschenkt –, aber passiert ist der Schaden.
Der Rechnungshof sagt am Schluss: Leute, so geht das
nicht. Es bleibt bei der Stellungnahme, und Sie ändern genau nichts. Was wird
beim nächsten Deal passieren? – Genau dasselbe wieder.
Jetzt ist die Opposition gewohnt, Anträge
einzubringen, und wenn man dann lange Oppositionspartei ist so wie die GRÜNEN
seit dem Einzug in dieses Haus, ist man gewohnt, dass nicht jeder Antrag eine
Mehrheit bekommt. Zugegebenermaßen ist es manchmal frustrierend. Ich frage mich
allerdings auch, ob das nicht auch für den Rechnungshof wie auch für das
Kontrollamt in Wien frustrierend ist. Man trägt das vor, man bringt die
rechtlichen Punkte dazu, man bemüht den EGV, den Vertrag zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft, und die Antwort darauf ist: Das glauben wir nicht.
Das wird nicht juristisch begründet, sondern es heißt, wir glauben das nicht
beziehungsweise das mag schon sein, aber wir sind rechtlich nicht daran
gebunden, was der Rechnungshof sagt oder das Kontrollamt. Darum machen wir
wieder, was wir wollen. Wir verkaufen die Grundstücke vielleicht um ein Drittel
oder ein Viertel des Preises, wir machen vielleicht einen Schaden von
3 Millionen EUR oder 4 Millionen EUR. Denn mit denjenigen,
die es kaufen, kommen wir gut aus, und da sind wir daran interessiert, dass das
schnell über die Bühne geht.
Das ist angesichts dieses Grundstückes zweimal
heikel, weil vorher auch das Thema Sport gefallen ist, weil es immerhin bei
diesem Grundstück auch um den Spielplatz, um die Spielfläche der Vienna geht.
Dieser Klub ist jetzt ein Unterpächter einer Gesellschaft und war vorher auch
nur ein Unterpächter, aber immerhin der Gemeinde Wien. Dieser Verein ist in
seiner Existenz nicht mehr so gesichert, wie er es war. Das ist für die Vienna
nichts Neues, denn die haben in den 20er Jahren schon Probleme gehabt. Damals
hat die Gemeinde das Grundstück schon einmal an eine Filmgesellschaft vergeben,
die hat Dreamland geheißen. Das war dann mehr ein Albtraum, die Firma war
schnell wieder weg vom Fenster. Dann sind Mäzene gekommen, dann hat es wieder
der Gemeinde gehört. Und jetzt hat man, damit man diesen Deal überhaupt über die
Bühne bringen konnte, den Fans dort sehr viele Versprechungen gegeben. Von den
Versprechungen sind sehr, sehr wenige eingehalten worden.
Im Wesentlichen gibt es alles, was sich die
Immobiliengesellschaft gewünscht hat: Die darf bauen, wie sie sich das vorgestellt
hat, es gibt alle Parkplätze, die man haben wollte, nämlich 150 haben errichtet
werden müssen, es sind jetzt ungefähr 200. Wenn ich das Schreiben vom
Bezirksvorsteher Tiller richtig interpretiere, werden die anderen
50 Stellplätze von der Projektgesellschaft so verwendet, wie sie möchte,
oder verkauft. Ich weiß es nicht genau, da steht auch noch nichts fest. Den
Fans, den Anrainern und Anrainerinnen und der Initiative “Pro Heiligenstadt“,
denen man dort viel versprochen hat, die haben alle nicht das bekommen, was sie
wollten, aber es hat genügt, um ihnen vorher ein bisschen den Wind aus den
Segeln zu nehmen.
Der Deal stinkt zum Himmel. Der Rechnungshof sagt das
nicht einmal, sondern jetzt ein zweites Mal. Es ändert nur nichts daran. Wir
können das lesen, wir können versuchen, es den Medien zu sagen. Sie gehen mit
den Grundstücken dieser Stadt um, als wären sie Ihr Privateigentum. Es ist
ökonomisch kein sinnvoller Umgang. Sie verkaufen die Grundstücke unter deren
Preis. Das sage nicht ich, das sagt der Rechnungshof und das sagen Ihre eigenen
Gutachten, denn Sie haben ja zwei eingeholt, auch wenn Sie kein externes
eingeholt haben. Sie vernichten damit öffentliches Eigentum.
Wir werden Ihnen weiterhin genau auf die Finger
schauen. Der Rechnungshof wird weiterhin die Grundstückdeals dieser Stadt
kritisieren. Ich befürchte, daran wird sich leider, so lange Sie eine absolute
Mehrheit haben, nicht viel ändern. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu
Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Mag Chorherr. – Bitte schön.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
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