Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 105
gezwungen,
sich zu überlegen: Kaufe ich mir etwas zum Anziehen oder gehe ich zur
Psychotherapie? - Wir glauben, dass es da mehr braucht als dieses Taschengeld,
das es jetzt vom Fonds Soziales Wien gibt. Deshalb stelle ich folgenden Antrag:
„Die
Stadt Wien möge budgetär dafür sorgen, dass Menschen mit Behinderungen ohne
eigenes Einkommen, denen im Rahmen einer Maßnahme nach § 24 Wiener
Behindertengesetz Unterbringung, Verpflegung und Betreuung gewährt wird, wieder
ein Taschengeld in Höhe von mindestens 40 Prozent der
Pflegegeldstufe 3 ausbezahlt werden kann. Dieser Anspruch soll auch
entsprechend gesetzlich verankert werden.
In
formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung des Antrags an den
Gemeinderatsausschuss für Gesundheit und Soziales."
Zum
Schluss noch zum Kollegen Gudenus: Ich hoffe, Sie nehmen das Angebot der
Kindergartenpädagogin aus der Diskussion vom 30.11. an und schauen sich einen
Kindergarten an, wo es auch viele Migrantenkinder gibt. Und ich hoffe, dass
dann die Reden, die Sie hier zum Thema Kindergarten halten, nicht mehr von
jener Qualität sind wie heute. - Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender
GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr GR
Dr Aigner. Ich erteile es ihm.
GR
Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wenn
man nicht wüsste, dass wir heute die Budgetdebatte am Beginn einer neuen
Legislaturperiode führen, würde man meinen, wir befinden uns am Ende einer solchen:
Eine saft- und kraftlose Regierungserklärung, ein phantasieloses Budget. Wenn
man nachdenkt, welches positive Attribut man diesem Budget beimessen kann, dann
ist es im besten Fall ein braves Budget. Aber für eine Partei, die hier mit
absoluter Macht regieren kann, ist Bravheit, glaube ich, wahrlich kein
Kompliment. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Man kann nicht einmal sagen,
dass Ihnen die Luft ausgeht, sondern Sie haben gar keine Luft mitgenommen.
Offenkundig war der auch von Ihnen sehr lustlos betriebene Wahlkampf doch so
anstrengend, dass Sie jetzt, am Beginn einer Periode, keinerlei Visionen für
unsere Stadt aufzeigen können.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die ÖVP hat einmal ein
Programm entwickelt, das unter dem Titel gestanden ist: "Lust auf
Wien". (Ruf bei der SPÖ: Das ist schon lang her! – GR Godwin Schuster:
Wann war denn das?) Wenn ich das jetzt auf Ihre gegenwärtige Gemütslage ummünzen
kann, dann haben Sie Lust an der Macht, und diese Macht schöpfen Sie mit
49 Prozent auch voll aus, aber Sie haben keine Lust am Regieren, keine
Lust am Gestalten, und das vorliegende bürokratische Zahlenwerk ist äußerer
Ausdruck Ihrer Lustlosigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Wie haben Sie sich eigentlich über die letzte Periode
drübergerettet? - In dem Moment, wo Sie wirklich nichts mehr gewusst haben,
haben Sie das Publikum und die Medien mit Neuwahlspekulationen belästigt. Ich
gehe einmal davon aus, dass jetzt ein Jahr lang Nationalratswahlkampf sein
wird, den Sie ja schon seit vielen Monaten hier in diesem Hohen Haus führen,
und dass wir spätestens dann, wenn die Nationalratswahl geschlagen ist, wieder
mit der Frage belästigt werden, wann denn der Wahltermin sein kann. - Das kann
es wohl wirklich nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Nur ein paar Bemerkungen zum Budget, um das es hier
geht. - Der Bereich der Volksbildung, der Bereich der Erwachsenenbildung wurde
angesprochen. Ich glaube, in keinem anderen Bereich sieht man die
Fahrlässigkeit, mit der Sie uns in die Zukunft führen wollen, deutlicher als in
diesem so wichtigen Bereich. Wir leben in einer globalisierten
Hochleistungsgesellschaft, in einer Wissensgesellschaft (Ruf bei der SPÖ: Sie nicht!), in der die Forderung, das Postulat
nach dem lebenslangen Lernen ja nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern eine
absolute Überlebensnotwendigkeit für unser Land ist. Während Sie alle anderen
Budgetansätze, vor allem die Ihnen genehmen, einfach fortschreiben und
valorisieren, wird das Budget im Bereich der Volksbildung in absoluten Zahlen
seit vielen Jahren gekürzt.
Im Jahr 2003 hatten wir immerhin noch einen
Betrag von 23,6 Millionen EUR zur Verfügung. Dieser Betrag ist nicht
angewachsen, sondern schrumpft im Voranschlag auf 2,48 Millionen EUR.
Da sollen Sie einmal jenen Menschen, die Sie zur Weiterbildung, zum
lebenslangen Lernen motivieren wollen, erklären, in welchem Ambiente hier
teilweise auch die verdienstvollen und erwähnenswerten Leistungen in den
Volkshochschulen stattfinden!
Gleichzeitig explodiert - und das ist wirklich eine
Explosion, die halt auch schon zur Gewohnheit gehört - das Propagandabudget im
Bereich des Presse- und Informationsdienstes. Nur damit hier keine Missverständnisse
auftreten: Hier geht es nicht um die biedere, anständige Rathauskorrespondenz,
sondern da geht es um die ausgelagerten Millionen an Ihnen nahe stehende
Verlage, Compress und Bohmann Verlag, deren Subventionierung wir ja erst in den
letzten Sitzungen hier genehmigt haben. 146 Millionen EUR auf
10 Jahre aufgeteilt, ein direktes Zugriffsrecht auf einen Subventionsgeber
- ein Paradebeispiel für den sozialistischen Feudalismus, den Sie nicht nur in
diesem Bereich, sondern in allen Bereichen, wo Sie mit Subventionen zu tun
haben, praktizieren! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir halten daher fest: Weniger Geld für
Erwachsenenbildung, weniger Geld für die Zukunft. Dafür: Mehr Jammern über den
Bund. (GRin Barbara Novak: Wie viel mehr
gibt der Bund aus?) - Es bewahrheitet sich wieder: Nicht der Bund bremst,
sondern der Bund schaltet den Turbo ein, und Sie sind der Bremsklotz. (Beifall
bei der ÖVP. – GRin Barbara Novak: Wie viel mehr gibt Frau Gehrer für die
Erwachsenenbildung aus?)
In diesem Sinne - nicht dass es
heißt, wir sind gegen die Erwachsenenbildung; ganz im Gegenteil! - bringen
meine Kollegin Mag Anger-Koch und meine Wenigkeit
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