Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 105
unseres kulturellen Erbes weitgehend verzichten kann.
Altstadterhaltung, Ortsbildpflege und Denkmalpflege
sind vom abgerechneten Budget beziehungsweise Betrag von
11,2 Millionen EUR im Jahre 2004 im Voranschlag 2005 auf
6,6 Millionen EUR und im Voranschlag 2006 weiter auf
6,028 Millionen EUR reduziert worden. Das ist ein kulturpolitischer
Witz. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Stadtrat! Wollen Sie unsere Stadt mit Ihren
kulturhistorischen Schätzen kaputt sparen? Erst vor kurzem wurde über die
abgeschlossene umfangreiche Sanierung der Pestsäule Am Graben in den Medien
berichtet. Die Kosten betrugen laut Rathauskorrespondenz 360 000 EUR. Sie,
Herr Stadtrat, haben sich mit den Worten gefreut: „Nach der Restaurierung kommt
die barocke Pracht der Pestsäule wieder so richtig zur Geltung. Die rund
8 400 Arbeitsstunden haben einen wichtigen beschäftigungspolitischen
Beitrag für die Wirtschaft unserer Stadt bedeutet.“
Wenn Sie einen für 2004 ausgegebenen Betrag von
11,2 Millionen EUR auf rund 6 Millionen EUR reduzieren wollen,
dann zeigen Sie, dass Ihnen die Denkmal- und Ortsbildpflege um so viel weniger
wert geworden ist. Bedeutet das, dass in Zukunft viele Baudenkmäler verfallen
müssen, weil die Stadt Wien kein Geld ausgeben will? (Beifall bei der ÖVP.)
Wir fordern ein deutlich erhöhtes Budget beim Ansatz
Altstadterhaltung, Ortsbildpflege und Denkmalpflege.
Nun zu einem weiteren Kapitel “Kulturelle Aktivitäten
in den Wiener Bezirken“. Hier muss man zum Ansatzthema 7 für kulturelle
Aktivitäten in den Bezirken feststellen, dass die Ansätze zu gering dotiert
werden, egal, ob es sich um direkte oder indirekte Förderungen der MA 7
unter dem Titel “Zuwendungen für kulturelle Aktivitäten“ handelt oder um die
Bezirksmuseen, die vor Ort sehr oft vom selbstlosen Einsatz der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Museen leben, die Aktivitäten um
geringste Mittel machen oder sei es im Rahmen der Dezentralisierung vergebener
Mittel der MA 7.
In Summe sind die für die Bezirkskulturarbeit
budgetierten Mittel zu gering angesetzt. Wir fordern eine generelle Aufstockung
der Mittel für die kulturelle Arbeit in den Bezirken, sei es für die Mittel der
Bezirksmuseen oder für die Mittel für zentrale Vergaben der MA 7 für die
Bezirke und absolute Transparenz der Mittel. Die Transparenz soll auch für jene
Institutionen gelten wie beispielsweise das Volksbildungswerk, die ebenso
Kulturmittel an die Bezirke und deren Vereine vergeben und die Mittel von der
MA 7 zugeteilt erhalten.
Wir fordern ein Mitspracherecht der Bezirke für die
Mittel der zentral zu vergebenden Budgetansätze für die Bezirke, wie Sie
selbst, Herr Stadtrat, in der letzten Ausschusssitzung gesagt haben,
gleichmäßig auf die Bezirke verteilen wollen. Vor allem geht es uns aber um die
Information über die Mehrfachförderung dieser Vereine. Wir fordern somit einen
eigenen Schwerpunkt Bezirkskultur. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir sind überzeugt, dass vor Ort in den Bezirken die
Auswahl der Aktivitäten und Projekte von den vielen selbstlosen und
freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser vorgenommen werden kann,
als wenn diese Projekte zentral geplant und gesteuert werden. Der soziale Kitt
der Freiwilligkeit, die die soziale Wärme gibt, ist unserer Meinung nach bei
den persönlich getragenen Projekten in den Bezirken besser aufgehoben und
sollte im Sinne der Bürgernähe, der Bürgermitbestimmung und
Bürgerselbstbestimmung dort entschieden werden.
Wir haben aber auch einen Kontrollamtsbericht aus dem
Jahre 2004 bekommen beziehungsweise den Jahresbericht 2004 der Wiener
Museen, in dem es darum geht, dass in diesem Bereich Investitionsbedarf
angemeldet wird. Die schlechte finanzielle Lage des Hauses macht eine
Finanzierung der Baumaßnahmen aus dem laufenden Budget unmöglich.
Die beiden GRe Bernhard Dworak und Franz Ferdinand
Wolf stellen daher gemäß § 27 Abs 4 der Geschäftsordnung des
Gemeinderats der Stadt Wien folgenden Beschlussantrag:
„Der Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge einen
Gesprächstermin mit dem Direktor des Wien-Museums Dr Wolfgang Kos und den
Mitgliedern des Kulturausschusses vereinbaren, damit der mittel- und
langfristige Finanzbedarf des Hauses, Schwerpunkt Baumaßnahmen und Inventarisierung,
diskutiert werden kann.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Unsere Kritik an diesem Budget richtet sich darauf,
dass die falschen Schwerpunkte gesetzt werden, die die Bereiche Altstadterhaltung,
Ortsbildpflege und Bezirkskultur vernachlässigen.
Abschließend kann ich zu den Aktivitäten der Stadt
Wien im Bereich Kultur und Wissenschaft nur so viel sagen, dass Wien den Bund
aushungert. Ein Mozartjahr wird zu wenig sein. Dieses Budget bremst das
Wirtschaftswachstum nicht nur in Wien, sondern im ganzen Land. Darunter leidet
unser Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr GR Baxant.
GR Petr Baxant (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Besucher auf der Galerie!
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Ich wende mich jetzt bewusst zur ÖVP rüber: Sehr
geehrte Jungpolitiker!
Ich bin froh, dass ich meine erste Rede hier im
Gemeinderat zu diesem wichtigen Thema, nämlich zur Wiener Kulturpolitik, halten
darf. Ich glaube, wir sind uns alle einig dahin, dass Wien eine Stadt der
Kultur ist. In Wien finden durchgehend Aktivitäten auf höchstem Niveau statt.
Es ist immer etwas los und man spürt es richtig brodeln in der Stadt. Das
kulturelle Angebot ist vielfältig. Es ist offen und es fordert uns
Bewohnerinnen und Bewohner heraus.
Die Kultur agiert nicht abgehoben
und auch nicht parallel. Sie lebt nicht parallel an der Stadt vorbei, sondern
sie ist eng mit ihr verwoben, sucht den Kontakt, fördert den Diskurs und regt
zum Nach- und Weiterdenken an.
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