Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 105
“Transformation, Reconciliation
und Remembrance“. Ich muss gestehen, dieses Wort kenne ich nicht einmal,
aber... (StR David Ellensohn: Das ist Englisch!) Ja, es ist doch
Englisch, ja? (StR David Ellensohn: Ist auch eine Zivilsprache!) Es
hätte... (StR David Ellensohn: Ein paar hundert Millionen sprechen es ja!) Das
ist schon richtig, dass ein paar hundert Millionen Menschen Englisch reden.
Danke für den Hinweis, Herr Stadtrat. Ich wusste nicht, dass wir hier in Wien
Englisch reden, aber gut. Es hätte ja auch ein französisches Fremdwort sein
können, aber bitte. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Also ich wusste nicht,
dass Transformation Englisch ist. Das habe ich nicht gewusst, aber jetzt weiß
ich es. Wahrscheinlich muss man es nur anders aussprechen, aber gut. Das war
einmal eine andere Allgemeinsprache und jetzt ist es halt Englisch geworden.
Also das Budget wird jedenfalls weitergeschrieben. Es
sind hier keinerlei Ansätze zu sehen, dass die Kulturpolitik verstärkt
berücksichtigt, was auch für uns wichtig ist, nämlich dass eine Verstärkung der
ästhetischen Ausbildung der Menschen und auch eine Kulturpolitik, die mit
Identität etwas zu tun hat, Platz greifen. Es hat sich also nichts verändert.
Es wird weiter gemacht wie bisher und es gibt daher auch für uns keinen Grund,
von unserer bisherigen Praxis abzugehen.
Wir lehnen daher das Budget auch in diesem
Geschäftsbereich ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
nächste Rednerin ist Frau GRin Mag Ringler gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich persönlich finde diesen Budgetvoranschlag fast
schon als einen Anschlag (Allgemeine Heiterkeit.), das stimmt. Ich finde
ihn vor allem enttäuschend und zwar, weil ich den Eindruck habe, dass hier
ausschließlich fortgeschrieben wird und dass sich das, was die Stadt zum
Beispiel an Aufbruch und Veränderung bräuchte, in keinster Weise in diesem
Budget widerspiegelt oder wahrgenommen wird.
Bei genauerer Analyse muss man ja auch feststellen,
dass - es ist mehr oder weniger gleich geblieben mit ein bissel Rauf und Runter
- ein großer Teil des Budgets im nächsten Jahr in das Mozartjahr fließen wird.
Und bei aller Freude über das Mozartjahr, das uns sicherlich viele Touristen
und auch spannende Abende und interessante Veranstaltungen bescheren wird, muss
man sich doch die Frage stellen, ob es legitim ist, auf Kosten und auf dem
Rücken aller Kulturschaffenden mit diesem Mozartjahr zu arbeiten. (GR Mag
Wolfgang Jung: Auf unsere Kosten! Wir zahlen da! – GR Kurth-Bodo Blind: Wir
zahlen da!) Auch Kulturschaffende sind, ob Sie es glauben oder nicht,
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler!
Nichtsdestotrotz muss man den Eindruck haben, dass
hier auf Kosten aller anderen Sparten, aller anderen Unternehmungen, aller
anderen Ideen, aller anderen Projekte Geld für das Mozartjahr zur Seite gelegt
wird und dass dadurch noch viel weniger für das übrig bleibt, was wir seit
vielen Jahren fordern und uns von dieser Stadt erwarten, nämlich tatsächlich in
die Innovation und in die neuen und spannenden Tendenzen zu investieren.
Wir werden ja auch noch am Mittwoch Gelegenheit
haben, uns über den einen oder anderen Rahmenbetrag zu unterhalten. Aber
festzustellen ist, dass uns viel zu oft Mogelpackungen verkauft werden, zum
Beispiel im Bereich der Netzkultur, wo uns gesagt wurde, 500 000 EUR
ganz toll, ganz neu für die Szene, das ist so viel mehr Geld. In Wahrheit ist
es nicht viel mehr Geld, das wissen wir alle. Und damit wird uns suggeriert,
dass man sich für einen bestimmten Bereich einsetzt, wo man in Wahrheit bei
genauer Betrachtung feststellen muss, dass das überhaupt nicht der Fall ist.
Es gibt eine ganze Reihe von Defiziten in der Kultur,
in diesen Angeboten, die wir neben all dem durchaus auch vorhandenen Reichtum
in so manchen Bereichen wie zum Beispiel im Bereich der Oper vorfinden, wo wir
ab dem nächsten Jahr auch ein viertes Opernhaus haben werden und wo man also
wirklich nicht behaupten kann, dass wir unterversorgt wären. So gibt es doch
eine Reihe von Bereichen, in denen wir Initiativen schmerzhaft vermissen und
seit vielen Jahren feststellen müssen, dass sich kaum etwas bewegt. Das
betrifft den Bereich der kulturellen Berichterstattung dort, wo wir alle als
KulturpolitikerInnen viel zu oft beklagen müssen, dass die Presse, dass die
Medien auslassen. Da gibt es keine Versuche von Seiten der SPÖ zu investieren,
zu sagen, wir könnten doch Geld in die Hand nehmen, damit es mehr kulturelle
Berichterstattung gibt, unabhängige nicht kommerzielle Berichterstattung in
diesem Feld gibt. Das finde ich sehr schade.
Es gibt auch eine Reihe von anderen Bereichen, in
denen Investitionen notwendig wären, lang versprochene Investitionen. Ich
erinnere nur an die Theaterreform. Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren mit
der Theaterreform den Theaterschaffenden der freien Szene versprochen, dass wir
tatsächlich Veränderung schaffen werden und ein zentraler Baustein dieser
Veränderungen, dieser besprochenen, versprochenen und beschlossenen
Veränderungen waren und sind die Co-Produktionshäuser, neue Orte, an denen
Neues entstehen kann. Und ich stelle fest, Stichtag 12.12.2005: Die
versprochenen, besprochenen und beschlossenen Co-Produktionshäuser sind nicht
auch nur annähernd in Sicht. Und ich fürchte mich davor, dass wir in den
nächsten Wochen vom Herrn Stadtrat hören werden: Ja, das können wir auf 2007,
vielleicht und so weiter.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich
glaube, gerade die Theaterreform ist ein Bereich, wo wir – und das war auch
einer der Gründe, weshalb wir gesagt haben, wir sind dabei, wir tun mit, weil
wir, glaube ich, einige wichtige Schritte gesetzt haben, aber auch gleichzeitig
einige wichtige Versprechungen gemacht haben, nämlich Veränderung. Und ich tu
mir sehr schwer und finde es äußerst problematisch, dass wir jetzt eineinhalb
Jahre nach Beginn dieser Theaterreform noch immer ohne diesen einen zentralen
Baustein dastehen, nämlich diese Co-Produktionshäuser. Und ich tu mir, offen
gesagt, immer schwerer zu argumentieren, warum wir noch für die Theaterreform
sind, wenn Versprechungen, die ganz
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