Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 105
Bundesregierung sagt, sagt mehr über diese Stadtregierung als über die Bundesregierung aus. Wien spart an Bildung, an Wissenschaft, an Wirtschaftsförderung, an Arbeitsmarktförderung. Hören Sie auf, den Bund arm zu machen! Hören Sie auf, das Bundesbudget für Ihr eigenes Budget zu verbrauchen! Ich meine daher, Wien hungert den Bund aus, denn dieses Budget bremst das Wirtschaftswachstum nicht nur in Wien, sondern im ganzen Land und darunter leiden alle Österreicherinnen und Österreicher!
Wir von der Wiener Volkspartei werden daher dem
Sparbudget in Bildung, Wissenschaft, Kultur, in Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik, inaktiver Frauenpolitik nicht die Zustimmung geben. (Beifall
bei der ÖVP. - GR Mag Thomas Reindl: Gott sei Dank ist das vorbei!)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Martina Ludwig. Ich erteile es ihr.
GRin Martina LUDWIG (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Herr Vizebürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Tschirf, auch ich zitiere: „Im Vergleich zu
anderen Metropolen gilt Wien mittlerweile als Erfolgsmodell. Dynamische
Stadtentwicklung, prosperierende neue Wirtschaftszweige und ein weitgehend
friedfertiger Alltag, keine Slums, kaum Obdachlose, nirgendwo erfahrene
Kampfzonen und selten versäumt die Müllabfuhr, den Schmutz von den Straßen zu
räumen."
Auch ich zitiere, nicht aus einer Broschüre des PID, wie
man vielleicht meinen könnte, sondern aus der "ZEIT", aus der Sie
heute schon zitiert haben. Ich habe festgestellt, Sie haben den Artikel
durchlesen müssen, weil Sie erst ganz am Ende an eine ganz kleine, winzige
Stelle gekommen sind. (GR Dr Matthias Tschirf: Offensichtlich haben Sie ihn
nicht gelesen!) Doch! Auch ich habe den Artikel, wie Sie sehen, mir extra
kopieren lassen. (GR Dr Matthias Tschirf:
Aber diese Passage ist Ihnen unangenehm!) Am liebsten würde ich ihn jetzt
überhaupt kopieren und an alle verteilen, weil es ein ganz tolles Zeugnis war
und ist, was Wien hier von einer Zeitung, wie sie die "ZEIT" ist,
ausgestellt bekommen hat. Darauf war ich sehr stolz und ich fand es eigentlich
sehr beachtlich, dass Sie heute herauskommen und genau diesen Artikel zitieren,
der Wien als das darstellt, was es ist, nämlich ein Erfolgsmodell für ganz
Europa und wahrscheinlich auch für die ganze Welt! (Beifall bei der SPÖ.)
Was ist denn eigentlich das Wesentliche, was Wien von
anderen Großstädten unterscheidet? Wie gesagt, man könnte diesen Artikel hier
auch verlesen. Ich glaube, man sollte den Vergleich immer richtig ziehen und
Großstädte mit urbanen Räumen vergleichen. In allen Städten, das wissen wir, da
brauchen wir uns nicht gegenseitig sozusagen etwas in die Schuhe zu schieben,
ist heute das Problem das, dass Banken, Versicherungen, Großbetriebe,
internationale Konzerne gewaltige Rationalisierungen durchgeführt haben und vor
allem im urbanen Raum die Folgen von Globalisierung voll zuschlagen. Hohe
Arbeitslosigkeit ist die Folge, Armut ist die Folge. Nur wenigen Regierungen in
Europa ist es gelungen, hier entgegenzusteuern, beispielsweise Skandinavien.
Leider zählt unsere Bundesregierung nicht dazu, dass ich sie hier als
Positivbeispiel erwähnen könnte, weil bei uns die Entwicklung in diesem Land
eine andere ist. Da geht es nicht immer um dieses Match Bund gegen Wien,
sondern man muss sich anschauen, wie es denn tatsächlich ist. Es geht an
Österreich nicht vorbei und es geht an Wien nicht vorbei. Dennoch ist Wien
nicht Paris.
Das Budget zeigt auch heute wieder, wie die vielen
Budgets in vorangegangenen Jahren, aber auch Jahrzehnten, weil wir aufbauen,
warum Wien anders als alle anderen urbanen Räume in diesem Europa ist. Das Leben
in Wien ist trotz dieser Bundesregierung leistbar. Wir fangen tatsächlich in
Wien viel von den negativen Entwicklungen auf, die nicht nur in Österreich,
sondern in Europa Platz greifen. Es gelingt uns hier, dass zum Beispiel auch
die Mittelschicht nicht komplett untergeht, denn die Schere zwischen Arm und
Reich wird in diesem Land immer größer und immer mehr Menschen leben in diesem
Land an oder unter der Armutsgrenze. Das hat auch ein erst kürzlich
präsentierter Sozialbericht der Bundesregierung gezeigt, dass ca 460 000 Menschen
in diesem Land armutsgefährdet oder arm sind. Um das vielleicht noch konkreter
zu machen, das heißt, 460 000 Menschen in diesem Land müssen von
785 EUR im Monat zwölf Mal im Jahr leben, wenn man sich das vielleicht
auch ein bisschen vor der Weihnachtszeit vorstellt, was das heißt.
Wir stehen in Wien für eine andere Politik, denn wir
stehen für eine Politik, die das Ziel hat, dass alle Menschen an den
Errungenschaften einer Gesellschaft teilhaben können und nicht nur ein paar
wenige es sich leisten können, beste Bildung für ihre Kinder und Spitzenmedizin
zu genießen. Wir stehen für gleichen Zugang für alle zur besten Bildung. Wir
stehen für Spitzenmedizin für alle, ganz egal, woher sie kommen und wie viel
sie verdienen. Wir stehen für leistbares Wohnen mit hoher Qualität für alle.
Wir stehen für gleiche Chancen von Männern und Frauen. Wir stehen für eine
Solidargesellschaft, um einem Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich
entgegenzuwirken.
Es hat mich auch sehr gefreut, als ich am Wochenende,
ich glaube, es war in einem "Standard"-Artikel unter anderem
unterstützende Worte von Persönlichkeiten wie Harald Krassnitzer lesen konnte,
der die Vorschläge unseres SPÖ-Chefs Gusenbauer sehr unterstützt hat, der sehr
konkret Vorschläge gemacht hat, wie Solidargesellschaft auszusehen hat und wie
Beiträge zu leisten sind.
Das bringt mich sehr wohl auch auf
einen Hinweis der Kollegin Vassilakou - ich sehe sie jetzt nicht -, die so tut,
als würde das Sozialbudget in dieser Stadt schrumpfen. Das Gegenteil ist der
Fall. Wir haben bei diesem Budgetvoranschlag einen Schwerpunkt auf das
Sozialbudget gesetzt. Ich weiß nicht, wo sie ist, aber es ist ein Plus, was
soziale Dienstleistungen betrifft. Es ist ein Plus von über
40 Millionen EUR und darauf sind wir sehr stolz! Wir haben insgesamt
über 770 Millionen EUR in
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