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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 105

 

angehören, dass Sie das auf Bundesebene umsetzen würden. Dann würde wahrscheinlich von der Bundesebene kommen, das ist Ländersache, und von den Ländern, das ist Gemeindesache. Jeder würde sich den Ball gegenseitig zuschieben. Aber angesichts der erwarteten Prognose, die direkt ausbezahlte Sozialhilfe genau um, glaube ich, 0,4 Prozent höher zu budgetieren als für den Budgetvoranschlag 2005, ist eine Chuzpe!

 

Zum zweiten Punkt: Wenn man sich schon medial hinstellt und die Gesamtsumme des Ansatzes 4110 nimmt zu sagen, wir geben mehr für die Sozialhilfe aus, weil da werden die Kosten ersetzt und andere Leistungen waren auch dabei, und dann sieht man diese Summe, gerade im Bereich der Sozialhilfe: Das bläht eigentlich die Sozialhilfe im Vergleich zum Vorjahr auf. Auf der einen Seite sind die gestiegenen Personalkosten; das ist noch in Ordnung, weil tatsächlich viel mehr Anfall ist. Aber Sie haben plötzlich 4 Millionen EUR an Abschreibungen von Forderungen drinnen. Davon hat kein einziger Sozialhilfebezieher irgendetwas, dass Sie plötzlich Forderungen auf diesen Posten abschreiben. Was auch ganz vergessen wird, und dann sind wir schon, wenn man sich den Saldo dieses Postens ansieht, im negativen Bereich, Herr Finanzstadtrat, wenn man sich die Kostenersätze ansieht, steigen diese plötzlich von 5 auf 11 Millionen EUR. Das heißt, wir nehmen in Wirklichkeit auch noch 6 Millionen EUR mehr ein.

 

Ich würde Sie daher ersuchen, insofern bei der Wahrheit zu bleiben, indem Sie nicht nur halbe Sachen, sondern ganze Sachen erzählen, wenn man über einzelne Budgetteile in Wien spricht. In diesem Sinne, ich habe gesagt, ich mache es kurz, höre ich auf. Wir sehen uns wieder bei der Debatte über die Wirtschaftspolitik. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Mag Cortolezis-Schlager. Ich erteile es ihr.

 

StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Leider habe ich zum Einstieg nicht die Möglichkeit, dem Bürgermeister persönlich mitzuteilen, dass er verantwortlich für eine demokratische Partei ist, dass er der Vorsitzende einer Partei ist, die das praktiziert, was seit 1918 längst überwunden zu sein scheint, nämlich das aktive und passive Wahlrecht der Frauen, mit den Füßen zu treten! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren, ich habe mit meiner Heirat am Standesamt Wien-Landstraße im November 1983 nicht das Recht auf das passive Wahlrecht abgegeben. Ich gehe davon aus, dass die Sippenhaftung der Wiener SPÖ endlich ein Ende findet. Das Sprachrohr von Armin Thurnherr zu sein, wie ich den Medien entnehme, kann nicht die Aufgabe von mir als Stadträtin sein. Ich fordere daher den Parteivorsitzenden der Wiener SPÖ auf, sich klar und deutlich in den Medien von einer derartigen Denkweise, die zuletzt im Jahr 1868 in Österreich geäußert wurde, nun von seinen männlichen Parteigenossen, zu distanzieren und für das aktive und passive Wahlrecht in Wien mit der Meinungsvielfalt einzutreten! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Nun aber zum Budget: Dieses Budget erfüllt perfekt die Anforderungen des Altbundeskanzlers Vranitzky, der für seinen Spruch "Wer Visionen hat, gehört zum Arzt." berühmt wurde, denn dieses Budget enthält keine Visionen, enthält nichts wirklich Neues, keine Weihnachtsüberraschungen, kein verspätetes Nikolopaket. Dieses Paket ist also nicht in Gefahr, Mitglieder der Mehrheitsfraktion zum Arzt gehen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist ein Budget, das zum Ausdruck bringt, dass es der amtsführenden Stadtregierung an Zukunftsvisionen europäischen und internationalen Formats fehlt. In einem Jahr, da gebe ich Ihnen Recht, werden wir hier wieder stehen und die Chancen und Möglichkeiten Wiens, sich zukunftsorientiert und offensiv in einem erweiterten Europa zu positionieren, werden wieder verstrichen sein. Wiens politische, wirtschaftliche und kulturelle Rolle in Mitteleuropa könnte eine sehr bedeutende sein, wenn wir nicht eine Stadtregierung hätten, die sich damit begnügt, dass die Müllabfuhr regelmäßig fährt, die sich damit begnügt, dass Kinder in überfüllten Klassen vormittags unterrichtet werden, die sich damit begnügt, dass abends die Straßen beleuchtet sind. So gesehen haben wir im politischen Sinne eine sehr genügsame Stadtregierung: "Nur keine Aufregungen, keine Änderungen, lassen wir alles beim Alten."

 

Meine Damen und Herren, dies ist der Wiener ÖVP im 21. Jahrhundert zu wenig. "Wer nicht immer besser wird, hört auf, gut zu sein.", heißt es im Wettbewerb um gute Ideen und erfolgreiche Umsetzungen und Verbesserungen. Neue Ideen brauchen wir in vielen Bereichen dieser Stadt. Schon der Wahlkampf der Wiener SPÖ hat gezeigt, dass sie keine politischen Ziele und Inhalte mehr für Wien hat und sich daher lieber mit ihrem Parteivorsitzenden auf Bundesebene um die Rolle des besseren Oppositionspolitikers duelliert. Die amtsführende Wiener Stadtregierung ist also eine mit sich selbst in Opposition befindliche Fraktion. So ist auch das Wahlrecht. So ist auch das Budget. Sich mit 49 Prozent der Stimmen die amtsführende Stadtregierung vorzubehalten, mit 49 Prozent der Stimmen 55 Prozent der Mandate zu besetzen, mit 49 Prozent ein Budget im Alleingang beschließen zu können, macht die Macht unkontrolliert! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Da werden Akten in Ausschüssen binnen Tagen in minderwertigster Qualität auf die Tagesordnung gebracht, für die es Monate einer qualitätsvollen Vorbereitung gegeben hätte. Da werden mangelhafte Akten mitten in der Stadtsenatssitzung salopp korrigiert. Da werden Beamtinnen und Beamte zu kurzen knappen inhaltsleeren Darstellungen budgetintensiver Subventionen und Rahmenbudgets genötigt. Meine Damen und Herren, dieser Stadtregierung fehlt es nicht nur an Visionen, sondern auch an demokratischen Grundhaltungen! Man könnte sagen, je mehr sozial und demokratisch auf der Verpackung steht, umso weniger sozial und demokratisch ist der Inhalt der Verpackung! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Diese Stadt verfügt über jährlich proportional wachsende Selbstvermarktungsbudgets der

 

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