Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 105
Stadtregierungsmitglieder der Mehrheitsfraktion.
Diese amtierende Stadtregierung vermarktet lieber sich selbst, lieber sich als
Personen als die Leistungen, die Ideen, die Kreativität und
Innovationsleistungen der Bewohnerinnen und Bewohner, der Wirtschaft, der
Kulturschaffenden, der Wissenschafterinnen und Wissenschafter, der Beamtinnen
und Beamten, der sozialen Einrichtungen, der jungen und älteren Menschen dieser
Stadt. Schon Freud hat dem Narzissmus Wiens besonderes Augenmerk geschenkt.
Diese amtsführende Stadtregierung kultiviert den Narzissmus zur politisch
ästhetischen Perfektion. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, Wien hat viel mehr Chancen.
Wien lebt nicht nur vom Darstellungsdrang der amtsführenden Politikerinnen und
Politiker der Mehrheitsfraktion allein. Jede Zehnte und jeder Zehnte in dieser
Stadt ist arbeitslos. Das Wiener Wirtschaftswachstum ist in besorgniserregendem
Schrumpfzustand von 0,6 Prozent. Die Stadt versinkt in inhaltsleere
Planwirtschaftszustände, in denen lieber neue AMS‑Kurse meist wirkungslos und in Massenfertigung
aneinandergereiht werden, statt einmal zu fragen, was denn die Zukunft und
Wachstumsperspektive dieser Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner in
Mitteleuropa wäre. Es fehlt uns auch heute anlässlich der Budgetdebatte die
Darstellung politisch ambitionierter Ziele durch die Mehrheitsfraktion. Es
fehlen internationale Positionierungen und urbane Antworten und Strategien.
Stattdessen ist der Hang zur Mittelmäßigkeit in jedem Budgetposten erkennbar. (Beifall
bei der ÖVP.)
Dieses Budget ist eine
Zumutung für alle, die sich zur nachhaltigen ökosozialen Marktwirtschaft
bekennen, denen die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Bildungssystems
und unserer Schülerinnen und Schüler ein Anliegen ist. Es ist eine Zumutung für
alle, die sich zur weltstädtischen Förderung der Spitzenleistungen unserer
Forschung in Wien bekennen. Dieses Budget ist eine Zumutung für alle in Wien,
die ein Interesse haben, dass Kulturschaffende nicht nur national, sondern auch
durch die Stadt einen budgetären Rahmen vorfinden, der dem kreativen Potential
dieser Stadt entspricht. Derzeit werden 60 Prozent des in Wien vorhandenen
Budgets für Kultur durch den Bund finanziert. Diese Stadt setzt also einen Kurs
der Mittelmäßigkeit fort, der mit sich bringt, dass 30 Kinder in
der Klasse sitzen müssen, obwohl das Bundesbudget für diese Stadt ein
Verhältnis von 1 zu 14 in der Grundschule, 1 zu 10 in der
Hauptschule, 1 zu 9 im Polytechnikum und 1 zu 3 im
sonderpädagogischen Bereich vorsieht.
Ich frage Sie einmal mehr in aller Deutlichkeit: Wo
sind die Ressourcen? Legen Sie doch endlich den Stellenplan und die Verteilung
der Personalressourcen auf die Schulstandorte offen! Bekennen Sie sich endlich
dazu, dass jede vierte Lehrerin und jeder vierte Lehrer eigentlich in
Tätigkeitsbereichen sind, die durch die Stadt Wien zu finanzieren wären! (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn Schulstandorte wie die Volksschule Leopoldsgasse
binnen drei Jahren geschlossen werden sollen, werden Eltern nicht über das
wirkliche Bundesbildungsbudget informiert. Nein, dort werden Eltern zu
Zuhörerinnen und Zuhörern politischer Agitation zwangsverpflichtet. Statt einen
Schulentwicklungsplan für Wien offenzulegen, werden bewusst Fehlinformationen
über das vom Bund finanzierte Budget für Wiener Pflichtschulen vorbereitet und
verbreitet. Wenn der derzeitige Wiener Stadtschulrat nicht in der Lage ist,
professionell zu planen, zu steuern und zu evaluieren und nicht bereit ist, für
das Wiener Missmanagement die Verantwortung zu übernehmen, dann ist es an der
Zeit, die Bundesbediensteten im Stadtschulrat auch tatsächlich der
Bundesregierung und der Bundesverwaltung direkt zu unterstellen. (Beifall bei der ÖVP.)
Dadurch können sehr rasch die unsinnigen
Schulstandortauflassungen in den wachsenden Siedlungsgebieten behoben werden
und die Klassenschülerinnenzahl und Klassenschülerzahl auf 22 gesenkt werden.
Meine Damen und Herren, wenn nur ein Bruchteil dessen
stimmt, was in den letzten Tagen und Wochen die Schulpartner und Schulpartnerinnen
mir in Wien mitgeteilt haben, dann ist diese Stadt auf dem besten Weg, ein
politisches Klima zu schaffen, in dem der gesellschaftliche Diskurs abgeschafft
wird, damit aber auch genau die Kreativität und die Vielfalt verloren gehen.
Dafür sind Sie verantwortlich! Eine reglementierte Einfalt statt Vielfalt im
Schulbereich, der geringe Ausbau der Schulautonomie verhindern am Ende des
Weges die Spitzenleistungen in Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft, für die
gerade Wien aus seiner Geschichte heraus immer berühmt und anerkannt war.
Während unsere Nachbarstaaten demokratisch,
wirtschaftlich und kulturell im neuen politischen Freiraum erblühen, fügt sich
Wien Schritt für Schritt immer stärker in deren ehemaligen demokratischen
Mangelzustand. Opposition und Widerspruch, andere Ideen als die der
Mehrheitsfraktion, darf es in Wien nicht geben, weder in der Stadtverwaltung
noch im Schulwesen, weder in der derzeitigen Migrations- und
Kinderbetreuungspolitik noch in der politischen Oppositionsarbeit. So
verkümmert das intellektuelle Potential dieser Stadt! So verkümmert Wien als
zukunftsreiche Stadt! Wer einmal ein Projekt mit der Mehrheitsfraktion
durchgeführt hat, wird auf immer und ewig in Dankbar- und Abhängigkeit
gehalten. So reduziert die Mehrheitsfraktion systematisch eine starke
Oppositionsarbeit.
Wir fordern daher umso mehr als einzige starke
Opposition flächendeckend für Wien, dass das letzte Kindergartenjahr gratis ist
und wir begnügen uns nicht mit einem kleinen schwarz-roten Pilotprojekt dazu! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, diese Stadt dümpelt aber auch
wirtschaftlich auf einem Tiefststand, der unwürdig ist. Ich möchte Ihnen einmal
mehr zeigen, dass gerade der Bund Wien rettet, aber Wien der Bremsklotz des
Bundes ist! (Beifall bei der ÖVP. - GRin
Martina LUDWIG: Also bitte!)
Machen Sie mit mir gemeinsam jene
Rechnung, die ich bei der Analyse der Arbeitslosenzahlen und bei der Analyse
des Wirtschaftswachstums Österreichs gesamt
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