Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 89
Es kommt nun die Postnummer
80 zur Abstimmung.
Wer dafür ist, ein Zeichen
mit der Hand. - Mehrstimmig ohne Freiheitliche.
Postnummer 91.
Wer dafür ist, ein Zeichen
mit der Hand. - Mehrstimmig ohne die ÖVP und ohne die Freiheitlichen.
Wir kommen nun zur
Behandlung und Berichterstattung der Geschäftsstücke 87 und 94. Es geht
hier um eine Akontozahlung auf den Stiftungsbeitrag der Stadt Wien an die
Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und für die
Subvention und den Restbetrag des Stiftungsbeitrags der Stadt Wien an die
Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes im
Jahr 2004 und ich ersuche hier, die Debatte zusammenzuziehen, die
Abstimmung jedoch getrennt durchzuführen.
Sind alle einverstanden damit? - Danke.
Frau GRin Winklbauer bitte.
Berichtserstatterin GRin Renate Winklbauer:
Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön.
Frau GRin Cordon
GRin Waltraud Cécile Cordon (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Wir haben heute schon gehört, was alles Schönes es im
neuen Österreich gibt. Ja großartig, das Thema ist schon lang fällig, damit wir
das einmal groß aufgezogen erleben. Es ist nur schade, dass es da einige leere
beziehungsweise auch dunkle Flecken gibt, die mit 60-jähriger Verspätung
teilweise überpinselt werden wie zum Beispiel die längst fällige Restitution,
die ja nun, Gott sei Dank, ins Rollen gekommen ist.
Wo so viel Geld für eine Ruhmesorgie dieses Landes
übrig ist, nämlich 700 000 EUR, sollten Sie, sehr geehrter Herr
Stadtrat, nicht knausern, wenn es um eine ehrliche Aufarbeitung der
Nachkriegszeit geht, mit der wir ja wohl noch immer nicht fertig sind.
Ich höre zum Beispiel vom Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstandes, dass für dieses Jahr geplant ist, dass die
Ausstellung, die es schon 21 Jahre gibt, endlich auf einen Stand gebracht
werden soll, der dem heutigen Ausstellungsstandard gerecht wird. Das Geld dafür
habe ich in der heutigen Gemeinderatssitzung allerdings bei keinem
Tagesordnungspunkt gefunden. Damit lässt man sich wieder Zeit. Sie überstürzen
sich zwar, die große Summe schleunigst zur Verfügung zu stellen, um einige
entlassene Historiker wieder einzufangen, aber mit den
400 000 zugesagten Euro für das Dokumentationsarchiv hat man es
wieder nicht so eilig. Ich rede hier gar nicht von der Ausarbeitung endlich
eines Holocaust-Museums. Das haben uns die Budapester inzwischen schon voraus,
aber Wien – da kann ich nur sagen: Du glückliches Österreich schlafe.
Das nächste Loch in der Biographie Österreichs ist
nämlich die Exilkultur. Sie ist Ihnen, sehr geehrter Herr Stadtrat, nicht viel
wert. Dafür gibt es auch nicht sehr viele Stimmen bei den Wählern, das ist mir
schon klar. Sie lassen die Vereine, die die Grundlagen geschaffen haben, dass
jetzt zum Beispiel ein Korngold in der Staatsoper aufgeführt wird, einfach an
ihrer Selbstausbeutung zu Grunde gehen. Gut, es gibt eine Schreker-Ausstellung
im Jüdischen Museum. Schreker war bekannt, ist bekannt, das ist so typisch für
die Projektkultur, die jetzt hier gepflogen wird. Die Projekte verschwinden und
wir sind das Ganze wieder los.
Doch die vielen, die aus der Versenkung geholt werden
müssen, die aus dem Exil in die Hirne der Österreicher wieder zurückgeholt
werden müssten, die sind Ihnen anscheinend nicht sehr wichtig. Ich möchte Ihnen
hier eine Aussage von Grete Klingsberg, die kürzlich zu einem Konzert in Wien
eingeladen war - sie ist eine Sängerin, die 1938 vertrieben worden ist und
jetzt in Jerusalem lebt, und sie hat gesagt, sie versteht das nicht, denn das,
was diese Exilkulturvereine machen, das dient zur Ehrenrettung Österreichs im
Ausland!
Ja, und so bereiten Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat,
mit Ihrer Unnachgiebigkeit, die Subventionen für den Orpheus Trust zu erhöhen,
ein Begräbnis erster Klasse dieses Vereins vor. Ich darf Ihnen ausrichten, dass
dieser Verein noch bis Juni 2005 arbeiten wird und dann ist Schluss. Im
Namen all derer, die sich für all das Verlorengegangene einer schrecklichen
Zeit verantwortlich fühlen, wo Österreich nicht fähig war oder fähig sein
wollte, alles Unrecht der Nazizeit wiedergutzumachen, so unter dem Motto “Lasst
uns das ganz in die Länge ziehen“, für die ist diese Entscheidung beschämend
und unverzeihlich!
Gut, aber damit nicht genug. Entgegen Ihren
Versprechungen, sehr geehrter Herr Stadtrat, der Theodor-Kramer-Gesellschaft
13 000 EUR Grundsubvention zu geben, haben sie letztendlich ohne
weitere Begründung 8 500 bekommen und damit ist Schluss. Ich habe leider
das Gefühl, dass in Ihrem Ressort die eine Hand nicht weiß, was die andere Hand
tut oder was die eine Hand sagt, die andere nicht zur Kenntnis nimmt. Wissen
Sie, wie es dort aussieht? Der Geschäftsführer hat sich bereits drei Monate
kein Gehalt auszahlen können. Die Angestellten bekommen kein Geld und
wahrscheinlich muss auch dieser Verein aufhören, schließen! Das ist die
Konsequenz! Aber Hauptsache, den Wiener Vorlesungen geht es gut. Nichts gegen
ihren Inhalt, nur dass ein Ressort einen nicht geringen Teil dieser
Subventionen für die eigene Arbeit verwendet, das finde ich eigentlich wirklich
eine wenig stolze Leistung! Dafür gibt man für ein Co-Projekt mit der Theodor-Kramer-Gesellschaft
kein Geld mehr aus. Dafür wurde das Geld gestrichen. Bravo!
Das ist ein Skandal und das ist auch für das neue
Österreich wirklich keine Glanzleistung und ich hoffe, auch das kommt dort bei
dieser großartigen Ausstellung zur Sprache!
Ein letzter dunkler Fleck, das ist
nicht der letzte, aber auch einer, der uns sehr am Herzen liegt, ist ein
Mahnmal für die homosexuellen Opfer des NS-Regimes. Wir haben hier schon drei
Anträge eingebracht, aber leider hat Ihnen immer der Mut gefehlt, ihnen
zuzustimmen. Aber es geschehen manchmal Zeichen und Wunder und auch den
Sozialdemokraten im Bund ist das jetzt
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