Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 89
deswegen abgeschafft, weil die Länder die
50 Prozent Kosten nicht finanzieren konnten. (Beifall bei der ÖVP. –
Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – GR Jürgen Wutzlhofer: Aber wer hat die
Kindergartenmilliarde beseitigt? Die ÖVP!)
Im Generellen kann ich Ihre Ablehnung nicht
verstehen. Warum kann ich sie nicht verstehen? Der Ansatz ist ein simpler, er
ist ganz leicht zu verstehen, er ist nicht kompliziert und er ist nicht schwer
umzusetzen. (GR Godwin Schuster: Die Kinder haben die Sitzung schon
verlassen!)
Also was bedeutet die Umsetzung dieses Ansatzes? –
Lehrer, die gut unterrichten können, Kinder, die verstehen, was ihnen gesagt
wird, eine Integration, die automatisch funktioniert. Die Kinder werden nicht
auf Grund von Sprachschwierigkeiten ausgegrenzt. Der Leidensdruck sinkt. Die
psychologischen Probleme werden gesenkt. Ein geringerer Leidensdruck bedeutet
geringeres auffälliges Verhalten. Höhere Bildung bedeutet bessere Chancen auf
einen Job und ein geringeres Risiko, später arbeitslos zu werden.
Wir sind es unseren Kindern und der Gesellschaft
schuldig, dieses Manko dringend zu beheben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als
nächster Redner ist Herr GR Ing Rudolph gemeldet. – Bitte schön.
GR Ing Herbert Rudolph (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Die Debatte, die heute hier geführt wird, die ist im
Haus nicht neu. Wer ein bisschen in den Protokollen blättert oder wer dem Haus
hier schon angehört hat, wird sich erinnern an die Zeit der Jahre 1989, 1990,
als ein Gemeinderat und späterer Stadtrat, nämlich Lothar Gintersdorfer von den
Freiheitlichen, Sie infolge der Auswirkungen der unkontrollierten Einwanderung,
die es damals dank der sozialistischen Politik hier in dieser Stadt gegeben
hat, genau von dieser Stelle aus darauf aufmerksam gemacht hat, nein, nicht nur
aufmerksam gemacht hat, sondern es eindringlich gefordert hat, dass jene
Ausländer, insbesondere die ausländischen Kinder, die zu uns in die Schulen
kommen, bevor sie die Schulen besuchen, Deutsch lernen müssen. Sie müssen die
Landessprache lernen, um hier Lern- und Lebenschancen zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Damals gab es ein empörtes Aufschreien von Rot und
Schwarz. Beide haben sich hier empört ob dieser ausländerfeindlichen Forderung,
die von den Freiheitlichen erstellt wurde. Und zu welchem Ergebnis kommt nun
Bernd Felderer in der letzten Studie des Instituts für Höhere Studien? „Die
Integration hat versagt. Der erwünschte Bildungsaufstieg bei den
Zuwandererkindern findet nicht statt. Kinder der zweiten und dritten Generation
kommen vielfach nicht über das Bildungsniveau hinaus, mit dem ihre Eltern
hierher eingewandert sind."
Meine Damen und Herren! Das ist ein vernichtendes
Urteil. Das ist ein vernichtendes Urteil für die Politik, die Sie hier gemacht
haben. Die Kinder, die heute ausgewiesen werden als diejenigen, die in der
PISA-Studie dargestellt werden als jene, die möglicherweise für ihr ganzes
Leben Bildungsverluste erlitten haben, sind gefangen in der Borniertheit der
sozialistischen Politik hier in dieser Stadt. Sie haben das zu verantworten. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Das war so erschütternd zu
hören, etwa in der Rede des Kollegen Vettermann. Während die Frau Stadträtin
heute in der Früh ein zwar zartes, aber doch vorhandenes Angebot gemacht hat –
sehr versteckt, aber wenn man es hören wollte, konnte man es hören –,
herauszukommen aus diesen ideologischen Trutzburgen (GR Godwin Schuster: Richtig! Die Frau Gehrer muss hinaus!), wie
das der Kärntner Landeshauptmann heute auch in einer Tageszeitung gefordert
hat, verschanzen Sie sich wieder hier. Damit vergeben Sie die Chance.
Und wie sehr diese Ideologie
verblendet, kann man in einem ganz anderen Bereich sehen. (Zwischenruf der GRin Martina LUDWIG.) Frau Kollegin, Sie kommen
nach mir auch zu Wort, da ist vielleicht in der PISA-Studie auch etwas für Sie
sehr Interessantes drinnen, was ja auch hier immer ideologisch heiß umkämpft
war, nämlich die Behauptung, Mädchen werden durch das Schulleben systematisch
benachteiligt, Burschen werden systematisch bevorzugt. Die PISA-Studie beweist
Ihnen das Gegenteil. Wiewohl bei beiden Geschlechtern die Leistungen
nachgelassen haben – das ist kein Grund zur Freude, absolut nicht –, ist es
überall so, dass insbesondere im Bereich der Mathematik, im Bereich der
naturwissenschaftlichen Gegenstände die Mädchen genauso voran sind wie beim
sinnerfassenden Lesen und beim Sprechen. Auch dort sind sie voran. (GRin Martin LUDWIG: Wir wissen, dass die
Mädchen immer schon besser waren! – GRin Nurten Yilmaz: Immer schon!) Also
das heißt, die Mädchen haben hier – und das würde ich gar nicht als etwas
Besonderes werten – besser abgeschnitten, aber daraus eine Ideologie zu machen,
daran irgendwelche besonderen Konstrukte aufzuhängen, womit Sie
schulorganisatorische Maßnahmen begründen, zeigt mir den Zusammenhang zwischen
ideologischer Verbohrtheit und den Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
Wir
müssen, meine Damen und Herren, natürlich auch im Schulwesen sehr viel tun,
keine Frage, aber es gibt auch die Möglichkeit, im Bereich der vorschulischen
Bildung etwas zu tun. Ich bin absolut kein Freund des französischen Modells der
École Maternelle. Kinder sollen Kinder sein, sollen als Kinder leben können,
keine Frage. Aber dass auch im vorschulischen Bereich sehr gezielt auf den
zukünftigen Wissenserwerb eingewirkt wird, das kann man tun. Diese Erkenntnis
hat auch im Vorarlberger Landtag zu dem Ergebnis geführt, dass man hier einen
Antrag eingebracht hat, in dem drinnen steht, dass bei der Sprachförderung
sowohl im vorschulischen Bereich als auch im Schuleingangsbereich zwei
Problemfelder zu berücksichtigen sind: Defizite beim Sprechen und beim Spracherwerb
sowie Defizite im Erwerb der Zweitsprache, besonders bei Kindern mit
nichtdeutscher Muttersprache. Dieser Antrag enthält
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