Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 89
als multikulturelle Experimente abzutun und
abzuwerten, zeigt eigentlich nur, dass Sie keine Ahnung haben, worum es im
Moment geht in dieser Debatte. (GR
Johannes Prochaska: Können Sie was anderes auch als abqualifizieren? – GRin
Nurten Yilmaz: Dann müssen Sie sich qualifizieren!) Zum Glück sind Sie
dabei, sämtliche Stimmen in dieser Stadt zu verlieren, und ich hoffe, das wird
so weitergehen.
Wir haben in der Budgetwoche Anträge eingebracht, die
hoffentlich positiv beantwortet werden, etwa einen Antrag, dass es eine
Informationskampagne geben soll gerade für die Zielgruppe der MigrantInnen, die
eigentlich informiert gehört, was der Kindergarten Gutes für ihre Kinder will
und wie wichtig es ist, dass die Kinder in den Kindergarten gehen.
Wir haben auch einen Antrag eingebracht, dass man
anhand des Modells von Essen ein Pilotprojekt macht. Wir hoffen auf die Antwort
in der Form, dass es Bewegung in der SPÖ gibt, dass hier einiges passieren wird
und dass sehr wohl auch die KindergartenpädagogInnen in diesen Diskurs
einbezogen werden, denn die kennen eigentlich die Kinder am besten und nicht
die DirektorInnen, die das Kind zum ersten Mal sehen und dann sagen, das kann
nicht Deutsch, das hat diese und jene Defizite.
Für uns ist es gut, dass der Kindergarten eine
Bildungseinrichtung ist, dass die Debatte darüber endlich geführt wird, aber
eine Vorziehung der Schule in den Kindergarten wird es mit uns nicht geben. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Mag Feldmann
gemeldet.
GRin
Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Meine Damen und Herren des Gemeinderates! Sehr geehrte Vertreter der
Ausländer-Elternverbände!
Vorschulische Sprachförderung im Kindergarten: Ich
frage Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, warum Sie sich so standhaft
weigern, dieser wichtigen Bildungschance einen Raum zu geben? (Beifall bei der ÖVP.)
Man wundert sich zwar – zumindest plakativ nach außen
– über die Schwierigkeiten der Kinder im Volksschulbereich, die deutsche
Sprache zu erlernen, über die Schwierigkeiten und Aussagen der Lehrer, sie
hätten in ihren Klassen einen hohen Ausländeranteil, und über die schlechten
Ergebnisse beim Abschneiden in so mancher Studie. Gleichzeitig möchten Sie uns
aber klarmachen, wie sehr die Integrationspolitik funktioniert.
Ich sage Ihnen, zumindest die sprachliche Integration
im vorschulischen und schulischen Bereich funktioniert nicht. In diesem
Zusammenhang sind jetzt nicht nur die Kinder von MigrantInnen betroffen, sondern
auch österreichische Kinder mit sprachlichen Defiziten aus sozial schwächeren
Bereichen und Familien.
Ich werde Ihnen jetzt erklären, warum es so wichtig
ist, ausreichende Deutschkenntnisse zu haben, bevor man in die Schule kommt. Je
kleiner ein Kind ist, desto spielerischer, leichter und mit umso mehr Freude
erlernt es eine Sprache. Eine wesentliche Rolle in der Kommunikation spielt das
Alter, und sämtliche Pädagogen vertreten die Meinung, dass ein Kind, wenn es
mit ein oder drei Jahren, also so früh schon, in einen Kindergarten kommt,
automatisch mitlernt. Je später es in so eine Umgebung kommt, in der es sich
nicht ausdrücken kann, desto größer ist der mögliche Schock, der einem Kind
zugefügt wird.
19 Prozent aller Pflichtschüler in Wien können
wegen Sprachproblemen nicht beurteilt werden. In manchen Klassen beträgt der
Anteil der außerordentlichen Schüler 80 Prozent. Jetzt stellen Sie sich
einmal für eine Sekunde vor, Sie kommen in dem Bewusstsein, benotet zu werden,
in eine Klasse, wo sie von dem vorgetragenen Unterricht kein Wort verstehen.
Leider können Sie auch nicht die richtigen Materialen und Unterlagen
mitbringen, denn Sie haben es nicht verstanden, und in der Familie kann auch
keiner lesen, was auf diesen Zetteln draufsteht. Das bedeutet täglichen
Misserfolg, tägliches Scheitern und tägliche Angst. Für kleine Kinder mit
6°Jahren! Dann ist es, glaube ich, ziemlich logisch, dass diese Kinder
psychisch belastet sind, zweitens niemals Spaß an der Schule oder am Lernen
haben.
Ich persönlich vertrete die Meinung, dass sämtliche
Kindergartenjahre gratis anzubieten sind, wahlweise vormittags oder
nachmittags, aber zumindest fordern wir, das letzte Kindergartenjahr inklusive
Sprachkurse gebührenfrei anzubieten. (GR
Godwin Schuster: Damit auch Ihre Kinder gratis gehen können, weil Sie es sich
nicht leisten können!) Es ist international üblich, die Kinder mindestens
ein Jahr vor Schuleintritt auf die Schule vorzubereiten, und schon allein im Rahmen
der internationalen Wettbewerbsfähigkeit müssen wir unseren Kindern diese
Chancen geben.
Ich schlage weiters eine intensive
Aufklärungskampagne für MigrantInnenfamilien vor, die die Kinder später oder
seltener in den Kindergarten schicken, weil die Kinder meist in einer homogenen
Community leben und es wesentlich ist mitzuteilen, warum ein frühzeitiger Kindergartenbesuch
einen Vorteil für die Kinder darstellt.
Die Vorsitzende des türkischen Elternvereins sagt,
dass 95 Prozent der Eltern von dem Angebot eines Gratiskindergartenjahres
mit Deutschkursen begeistert sind. (GRin Nurten Yilmaz: Sie nicht?) Ich
auch, aber die Vorsitzende hat es vor ihren eigenen Leuten gesagt. (GR
Walter Strobl: Und wir fordern es!) Wir fordern es, ganz genau. (GR Walter Strobl, in Richtung GRin Yilmaz:
Wir fordern das, falls Sie es noch nicht mitgekriegt haben. – GR Godwin
Schuster: Ihr beseitigt die Förderung durch den Bund, aber ihr fordert alles
von Wien! Das ist ein politisches Schauspiel!)
Ich möchte jetzt ganz kurz noch
den Grünen etwas sagen zu ihrer
Abschaffung der Kindergartenmilliarde. Sie war für den Bau von neuen
Kindergärten gedacht und nicht für die Erhaltung beziehungsweise für einen
Unterricht oder für sprachliche Förderung. (GRin Martina LUDWIG: Und wer
zahlt das? Können Sie das auch einmal sagen!) Ja, aber sie war auch nicht
dafür gedacht. Außerdem, zweitens, wurde sie unter anderem
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