Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 89
Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt, und ich bitte jetzt den Erstredner, Herrn GR Walter Strobl, die Aktuelle Stunde zu eröffnen. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten.
GR Walter Strobl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen
und Herren!
PISA hat bewiesen, dass die
ÖVP-Forderung nach vorzeitiger Einschulung beziehungsweise einem
Gratiskindergartenjahr in Wien eine absolut richtige ist. Ich freue mich, dass
das auch von zahlreichen Elternorganisationen unserer ausländischen Mitbürger
mit unterzeichnet wurde, und darf sehr herzlich einige Vertreter hier begrüßen.
Ich freue mich, dass sie Anteil nehmen an dieser sehr wichtigen
bildungspolitischen Debatte hier im Wiener Rathaus. (Beifall bei der ÖVP und
von GR Christian Oxonitsch.)
Meine Damen und Herren!
Warum ist das Thema so wichtig? Weil wir das Thema schon seit Jahren hier in
diesem Hause vorbringen, entsprechende Anträge gestellt haben und die SPÖ
Innovationsmangel zeigt und absolut nicht bereit ist, hier die politischen
Gegebenheiten wahrzunehmen. Sie träumt noch immer – das haben wir ja heute in
der Fragestunde wieder sehr deutlich vernehmen können – von einer
steinzeitpädagogischen, ideologisch geprägten Schule, die noch immer quasi eine
Gesamtschule der 68er Jahre sein soll nach dem Motto "Jedem das
Gleiche!", aber in keinem Fall eine bildungspolitische Differenzierung (Zwischenruf von GR Jürgen Wutzlhofer),
weil PISA nämlich eines ganz deutlich herausgearbeitet hat, meine Damen und
Herren – auch für Kollegen Wutzlhofer ist es wichtig, dass er diese Studie
genau anschaut –: Die Studie zeigt ganz genau, dass die abgeprüften Bereiche
überhaupt nichts mit der Schulorganisation zu tun haben. Das schreibt die OECD
selbst, du musst es nur genau lesen.
Dass hier natürlich ein
Wunschdenken der SPÖ vorherrscht, dass man hier glaubt, mit
gesamtschulähnlichen Ideen sozusagen die Bildungsdiskussion in Wien bestimmen
zu können, ist nicht neu, aber das ist Ihre bildungspolitische Lebenslüge. Sie
glauben ganz einfach, dass alle Menschen von ihren Ausstattungen her von Geburt
an gleich sind. Wir sind der Auffassung, dass Menschen nach ihren Begabungen
und Fähigkeiten die entsprechende Förderung bekommen sollen. Und dazu bekennen
wir uns. (Beifall bei der ÖVP.)
Es gibt aber umgekehrt einen
Beweis durch die OECD, dass alle vorschulischen Maßnahmen, wie die von uns
vorgeschlagene vorzeitige Schuleinschreibung und auch das
Gratiskindergartenjahr mit einer speziellen Sprachschulung eindeutig einen
Zusammenhang herstellen zur Frage der zukünftigen Bildungschancen, der
zukünftigen Bildungsentwicklung der Schüler, die schon im vorschulischen
Bereich gefördert wurden. Wer das nicht wahrhaben will, meine Damen und Herren,
der lügt sich selbst in den Sack und schadet in Wahrheit den Wiener Kindern.
Das, was Sie aber tun, ist dass Sie sich zu sehr mit der Frage beschäftigen, ob
hier in Wien der Bund nicht wieder vielleicht an irgendetwas schuld sein
könnte, was Sie alleine verantworten müssen. (GR Jürgen Wutzlhofer: Abschaffung der Kindergartenmilliarde!)
Ich sage nur eines dazu,
lieber Kollege Wutzlhofer: Verabschiedet euch von eurer Bundesparanoia! (GR Jürgen Wutzlhofer: Was ist mit der
Kindergartenmilliarde?) Kümmert euch um die Wiener Probleme! Und die Wiener
Probleme heißen: Kindergartenwesen und Schuleinschreibung und sind eindeutig
Sache der Gemeinden und der Bundesländer. Nehmt die Bundesverfassung, die
Landesverfassung zur Kenntnis und kümmert euch um die Dinge, die die SPÖ in
Wien hier alleine verantworten muss und daher auch politisch gefordert ist. (Beifall
bei der ÖVP. – GR Christian Oxonitsch: Wie schaut es aus mit den
Kindertagesheimen in der Steiermark?)
Internationale Vergleiche zeigen
ganz eindeutig, dass in Finnland – und Finnland wird ja hier gern auch immer
als Spitzenreiter beispielhaft genannt – 1,5 Prozent Ausländeranteil an
den Schulen herrscht. Wir in Österreich haben 16 Prozent Ausländeranteil
und an den Wiener Pflichtschulen 40 Prozent. Davon sind 20 Prozent
außerordentliche Schüler, weil sie überhaupt nicht Deutsch können.
Also, meine Damen und
Herren, Sie machen sich mit dem Programm, das Sie uns hier ständig verkaufen
wollen, nämlich mit dem so genannten Vorlaufprogramm 10°Wochen vor
Schuleintritt für die Kinder einen Deutschkurs anzubieten, geradezu lächerlich.
Man schüttelt über diese Maßnahme mittlerweile in ganz Wien den Kopf, weil es
wirklich überhaupt nichts bringt.
Schauen Sie sich das aber
einmal tatsächlich im Ausland an, ob in Belgien mit der École Maternelle oder
in Großbritannien mit den Children's Centers oder in den USA mit den Nursery
Schools. Überall dort, wo man vorzeitig und rechtzeitig im vorschulischen
Bereich Defizite aufdeckt, Entwicklungsstörungen durch Förderungen entsprechend
absenkt und vor allem Sprachförderung betreibt, haben die Kinder auch im
sozialen Bereich einen Ausgleich, weil das für alle Kinder eine Geltung hat.
Daher sind die entsprechenden Schulerfolge, wie PISA zeigt, auch deutlich
besser als in Österreich.
Alle
entwicklungspsychologischen Studien, meine Damen und Herren, zeigen, dass ein
frühes vorschulisches Programm mit eben dem Schwerpunkt Sprachentwicklung allen
sozialen Schichten hilft und es also nicht eine Frage ist, ob man hier nur
ausschließlich die Ausländer beschulen soll oder ob das, wie es Gusenbauer
zuletzt einmal gefordert hat, verpflichtend für alle Ausländer sein soll. Wir
sind der Auffassung, Integration kann nur stattfinden, wenn Wiener Kinder und
ausländische Kinder zusammen bereits im Kindergarten die Sprache erlernen und
damit gesichert in den Unterricht eintreten können.
Sie aber
lehnen alle entsprechenden Anträge, die wir bisher hier eingebracht
haben, kategorisch ab. Sie haben sich zu einer Neinsagerpartei, zu einer
Verhindererpartei entwickelt in dieser Frage. (GR Jürgen Wutzlhofer: Wer regiert? Wir oder ihr?) Sie verschlafen
hier ganz einfach eine wichtige bildungspolitische Entscheidung, die
ausschließlich Wien treffen muss. Wien hat das Problem und Wien soll daher das
Schulsystem entsprechend ... (GR
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