Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 87
tätigen kleinen Vereinen, die hier arbeiten, ohne Gewinn zu machen, auf einer ganz anderen Basis arbeiten, bedeutet ganz klar und innerhalb relativ kurzer Zeit, dass es diese kleinen Vereine nicht mehr geben wird und dass alles sozusagen in der Hand von gewinnorientiert arbeitenden Firmen sein wird.
Diese Firmen, das ist die nächste Frage, die sich
daran anschließt, werden möglicherweise sehr rasch nicht mehr zu steuern sein.
Wer garantiert uns, dass diese Firmen alle KlientInnen und Patienten nehmen,
die mit ihren Bedürfnissen kommen? Wer garantiert, dass sie nicht Leute
ablehnen, die zu weit weg wohnen oder Leistungen brauchen, die für die Firmen
zu teuer kommen? Wer garantiert, dass dann jeder noch das bekommt, was er braucht
und was Wiener Gesetze festschreiben? Auch diese Sorge ist nicht vom Tisch zu
wischen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es
manchmal sehr verkürzt heißt, Ausgliederungen sind der erste Schritt in die Privatisierung,
so muss man, wenn man die Sache durchdacht hat, zugeben, dass genau das stimmt
und genau das eintreten kann. Genau das ist das, wovor die GRÜNEN warnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch
noch darauf hinweisen, das hat schon einer der Vorredner, glaube ich, gemacht,
dass diese kleinen gemeinnützigen Vereine und ihre MitarbeiterInnen jetzt einen
Kollektivvertrag haben. Für manche ist das ein Vorteil, für manche ist das
leider absurderweise sogar eine Verschlechterung. Ich möchte an dieser Stelle
auch deponieren, dass es darum geht, diesen Kollektivvertrag in den
Verhandlungen zu berücksichtigen. Mein Appell geht auch in die Richtung, diese
Forderung und diese ganz berechtigten Sorgen dieser
35 000 MitarbeiterInnen im Sozial- und Gesundheitsbereich, die ich
hoffe, nachgewiesen zu haben, sehr ernst zu nehmen und nicht vom Tisch zu
wischen. Wir stehen vor großen Veränderungen. Wir stehen vor großen
Umwälzungen. Unser wesentliches Interesse muss sein, sowohl diese MitarbeiterInnen
zu schützen, ihnen eine lebenswerte Arbeitswelt zu garantieren, als auch dafür
zu sorgen, dass die Klientinnen und Klienten ihren Bedürfnissen entsprechend
weiterhin soziale und gesundheitliche Leistungen bekommen können.
Abschließend ein Allerletztes.
Wir haben heute von Ihnen, Herr Bürgermeister, gehört, dass das mit der
Volksanwaltschaft nicht so einfach ist, wie wir es uns vielleicht vorgestellt
haben. Es hat damals der Volksanwalt Kostelka gesagt, man bräuchte nur dieses
und jenes zu machen. Das hat sich ganz einfach angehört und ausgesehen. Wenn
dem jetzt nicht so ist und die Sache komplizierter ist, müssen wir trotzdem
alles daransetzen, dass die Volksanwaltschaft weiter prüfen kann, denn wir
wissen, dass vieles von dem, was wir an Missständen erfahren, wir bisher über
die Volksanwaltschaft erfahren haben und die Volksanwaltschaft sicher auch ein
großer Beitrag zur demokratiepolitischen Arbeit, die in Wien geleistet wird,
ist.
Es gäbe noch sehr viel zum Fonds zu sagen. Gott sei
Dank gibt es ja noch weitere Rednerinnen und Redner, die sich jetzt alle damit
befassen werden. Was ich abschließend nur noch sagen möchte, ist, wir halten
diese Ausgliederung in den Fonds für keine gute Überlegung, wir haben aber vor
allem auch die Sorge, dass die Konstruktion zum Nachteil sowohl der
35 000 Beschäftigten als auch zum Nachteil der Klientinnen und
Klienten nicht halten wird. – Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Zum Wort gemeldet
ist Herr GR Ulm. – Bitte.
GR Dr Wolfgang Ulm
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr
Bürgermeister! Sehr verehrten Damen und Herren!
Ich habe mit der Frau
Kollegin Korosec getauscht, weil sich die Debatte von meiner Vorrednerin so sehr
zu einer Asyl- und Grundversorgungsdebatte entwickelt hat und ich zu diesem
Thema auch gern Stellung beziehen möchte.
Ich kann in dem
Zusammenhang auch die Verärgerung des Bürgermeisters in Bezug auf die
vorhergehende Wortmeldung nachvollziehen, denn so kann es natürlich wirklich
nicht sein, dass die Stadt Wien im Vorhinein eine Unterscheidung in Asylwerber,
bei denen das Asylverfahren aussichtsreich sein wird, und in solche, in denen
das nicht der Fall sein wird, trifft, und man ihnen je nachdem eine
Grundversorgung zuteil werden lässt oder nicht. (GR Kurth-Bodo Blind: Wer
hat das gesagt?)
Ich finde es auch
einigermaßen kühn von der FPÖ, diese Asyl- und Grundversorgungsfrage mit einer
Dringlichen Anfrage anzuziehen, wenn man selbst, aus den eigenen Reihen, einen
Landeshauptmann stellt, der sich absolut nicht an beschlossene Verträge hält. (Beifall
bei ÖVP, Bgm Dr Michael Häupl und GR Dr Kurt Stürzenbecher.)
In der Tat ist es so, dass
diese Artikel 15a-Verein-barung ein Meilenstein ist. Es geht um die
Grundversorgung von hilfsbedürftigen und schutzbedürftigen Fremden. Das ist
mehr als nur Personen, die den Asylwerberstatus haben, aber selbstverständlich
diejenigen, die Asylwerberstatus haben. Diese Vereinbarung ist von
9 Landeshauptleuten unterschrieben, von 9 Landesregierungen
beschlossen und von 9 Landtagen ratifiziert worden. Es wundert mich schon
einigermaßen, dass sich jetzt ein Landeshauptmann überhaupt nicht mehr an das
erinnert, was er selbst unterschrieben hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber wenn
er wirklich der Meinung sein sollte, hier hätte sich die Geschäftsgrundlage
geändert, und er ist ja Jurist und war lange Zeit Assistent an einem Institut
für öffentliches Recht, dann muss er sagen, er versucht, die Aufhebung des
Vertrages bei einem Gericht, wahrscheinlich beim Verfassungsgerichtshof, zu
erreichen, aber bis dahin ist der Vertrag wirksam. Bis dahin ist er gültig. Das
müsste er als Jurist wissen. Er kann nicht von sich aus sagen, ich halte mich
an das einfach nicht mehr gebunden. Da muss man zuerst eine Klage einbringen
und vom Gericht könnte dann möglicherweise – ich glaube es nicht – dieser
Vertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgehoben werden, aber
sicherlich
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