Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 87
Subvention für das Jahr 2004 an den Filmfonds
Wien und ich darf die Frau GRin Dr Vitouch bitten.
Berichterstatterin GRin Dr Elisabeth Vitouch: Herr Vorsitzender!
Meine Damen und Herren!
Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Akt.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke schön. Die Debatte ist somit eröffnet. Frau GRin Mag Unterreiner.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Berichterstatterin!
Das letzte Mal, Frau Dr Vitouch, als Sie hier
sprachen, waren Sie nur Berichterstatterin. Da hat sich niemand zum Wort
gemeldet. Da ging es um die zweite Rate, Sie können sich sicher erinnern und
Sie haben als Berichterstatterin voll Begeisterung eine Rede gehalten. Das ist
der Grund, warum ich mich heute melde, weil man sollte diese Jubelrede nicht
ganz unwidersprochen lassen, denn wie Sie wissen, sehr geehrte Frau Dr Vitouch,
und der Herr Kulturstadtrat kommt jetzt auch, ich freue mich sehr, haben ja
wir, was den Filmfonds angeht, eine sehr kritische Haltung und zwar schon seit
vielen Jahren. Denn diese Jubelmeldungen, die man in der Presse liest und die
auch - der Herr Kulturstadtrat hat gesagt, der Frau Dr Vitouch geht das Herz
über, können Sie sich erinnern das letzte Mal? – wir immer wieder hören, sind
unserer Meinung nach überhaupt nicht gerechtfertigt.
Wenn man diesen Akt liest, und zumindest diejenigen,
die im Kulturausschuss sitzen, haben das ja sicher gemacht, die müssten mir
Recht geben, denn „Wagen Sie doch selbstständig zu denken!“ hat ja schon Kant
gesagt - wenn man nur die Zahlen durchliest, weiß man, dass es einfach nicht
stimmt, dass der österreichische Film erfolgreich ist. Ich muss dazu wieder
einmal ein paar Sachen sagen.
Allein schon, dass man eine Sache als Erfolg
hinstellt! Ich nehme drei Beweise heraus: Ein Film wird gestartet, wird als
großer Erfolg gewertet, zum Beispiel “Wolfszeit“ von Haneke. Allein dass er
gestartet wird, dass es eine Uraufführung gibt, gilt schon als Erfolg. Dass
dort freiwillig überhaupt niemand hingeht, das wird dann gar nicht mehr gesagt.
Zweites großes Erfolgskriterium auf Seiten der
Filmschaffenden ist natürlich, wenn man sagt, dass für Projektentwicklung und
Filmvorhaben Gelder ausgegeben werden. Das heißt, man muss gar nicht ein
fertiges Produkt, also einen Film fertig stellen, der auch in Kinos anläuft,
sondern es genügt schon, wenn man ein Filmvorhaben startet. Es wurden im
Jahr 2003 - und ich zitiere nur aus dem Akt - 39 Filmvorhaben
gestartet. Dafür wurden 7,3 Millionen EUR ausgegeben. Also Jahr für
Jahr, müssen Sie sich vorstellen, werden immer ungefähr
8 Millionen EUR gewährt und natürlich gibt auch noch der Bund Geld dazu.
Das heißt, von diesen 39 Filmvorhaben, die gestartet wurden, kamen nur
19 Kinofilme in die Kinos.
Jetzt frage ich Sie: Wie kann man das gutheißen, wie
kann man das als Erfolg werten, dass man den Film subventioniert und von
39 Vorhaben überhaupt nur 19 in die Kinos kommen? Das heißt, es wird
hier etwas hergestellt, was letztendlich nicht einmal zum Verbraucher kommt,
denn ich nehme doch an, dass man Filme für Zuschauer macht! Film ist ein
Massenmedium und selbstverständlich macht man Filme für Zuseher!
Und jetzt komme ich zum dritten Beweis, warum
unserer Meinung nach der Film erfolglos ist, bis jetzt, weil wir hoffen immer,
dass es einmal eine Reform gibt: Die Zuschauerzahlen. Und hier ist es nicht nur
trist, hier wird es wirklich tragisch. Ich nehme mir die Mühe, die Zahlen hier
laut vorzulesen, die für das Jahr 2003 gegolten haben und die auch im Antrag
standen. Und ich bin neugierig, wer von Ihnen überhaupt irgendeinen dieser
Filme gesehen hat. Vielleicht können Sie aufzeigen.
"Vielleicht habe ich Glück gehabt" –
2 800 Zuschauer. Ist an den Österreichern vorbeigegangen.
"Richtung Zukunft durch die Nacht" –
1 900 Zuschauer. Wenige Menschen haben sich die Mühe gemacht, eine
Kinokarte zu kaufen.
"2 Väter 1er Tochter" – 14 000
Zuschauer.
"Am anderen Ende der Brücke" – 29 000
Zuschauer. (Zwischenruf von amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny.) Er
war im Fernsehen. Wir sprechen aber jetzt von Filmförderungen, entschuldigen
Sie, das sollte man nie vermantschen, wir sprechen jetzt von Filmförderung. Er
kam natürlich dann ins Fernsehen, weil er keinen Erfolg im Kino hatte. Ich habe
hier die Zahl, Herr Stadtrat, ich nehme an, dass im Akt das Richtige steht.
29 000 Zuschauer. Ich weiß, dass er in den Medien hochgejubelt wurde,
aber 29 000 Zuschauer für einen Film ist eine Blamage.
"Rocco" – 2 000 Zuschauer.
"Move!" – 700 Zuschauer. Stellen Sie sich
das vor!
"Kaltfront" – 1 400 Zuschauer.
"Struggle" – 1 100 Zuschauer.
"Fast Film" – 2 300 Zuschauer.
"Twinni" – 10 086 Zuschauer.
"YU" – 749 Zuschauer.
"011 Beograd" – 1 172 Zuschauer.
"Auswege" – 455 Zuschauer.
"Bockerer IV" – 10 560 Zuschauer.
"Weg in den Süden" – 285 Zuschauer.
"Böse Zellen" von Barbara Alberts, wie wir
alle wissen, sehr hochgejubelt– 13 500 Zuschauer.
"Donau" – 7 853 Zuschauer.
"Ein Sommer mit den Burggespenstern" –
2 773 Zuschauer.
"MA 2412" – 165 122 Zuschauer.
Das heißt, wir haben jetzt 8 Millionen EUR
für – ich habe das jetzt zusammengezählt – 164 000 Zuschauer ausgegeben.
Rechnen Sie einmal hoch, wie viel da eine Kinokarte kostet, rechnen Sie sich
das einmal aus, was das für ein Riesenflop ist. Alles, was wir heute im
Musicalbereich diskutiert haben, sind ja noch Riesenerfolge im Vergleich zu
diesen jämmerlichen Zahlen.
Und da finde ich es nicht ehrlich,
dass man es nicht wagt, das hier auch auszusprechen, denn das muss
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