Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 87
Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit 5°Minuten
begrenzt ist.
Als nächster Redner hat sich Herr GR Dr Salcher
gemeldet. – Bitte schön.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ernst Woller hat gestern gesagt, wir als ÖVP hätten
viereinhalb Jahre Zeit gehabt, da etwas zu ändern. Ich werde ihm, dem
Gemeinderat und auch der Öffentlichkeit ein bisschen etwas erzählen über die
Unternehmenskultur der Vereinigten Bühnen.
Als ich Vorsitzender des Kulturausschusses war, habe
ich mir gedacht, das ist ein Unternehmen, das schon des Längerem in der
öffentlichen Debatte ist und wo es um sehr viel Geld geht. Daher habe ich mir
gedacht, machen wir das, was in den Demokratien üblich ist, man beruft ein
Hearing ein, um einmal die Fakten offen auf den Tisch zu legen. Dann habe ich
aber schön geschaut. Das Erste war ein vehementer Protest des
Koalitionspartners, dann ein Brief des Geschäftsführers der Wiener Holding, was
mir einfällt, ein Hearing zu seinem Unternehmen zu machen, und ein Anruf des
damals nicht ganz unmächtigen Generaldirektors der Bank Austria, des Herrn
Randa, auch mit einer ähnlichen Tonalität. Ich war fassungslos. Ich habe mir
gedacht, das gibt es einfach gar nicht, dass eine Organisation, die im Schnitt
250 bis 300 Millionen ATS im Jahr vom Wiener Steuerzahler
insgesamt bekommt, sich sozusagen weigert, mit einem Vertreter, noch dazu mit
dem gewählten Vertreter der Legislative, überhaupt zu reden.
Ich war fassungslos, als ich bei dem Wenigen, was ich
dort gesehen habe, denn ich habe auch als Vorsitzender des Kulturausschusses
sehr wenig gesehen, draufgekommen bin, wie die damalige und noch immer
bestehende rechtliche Situation zwischen der Stadt Wien und den Vereinigten
Bühnen ist, dass es einen Verlustabdeckungsvertrag gibt, dass, egal wie hoch
das Defizit ist, das die Vereinigten Bühnen produzieren, dieses eins zu eins
vom Wiener Steuerzahler abgedeckt wird. Das ist nach wie vor gültige
Rechtslage. Ich habe zumindest den Herrn Stadtrat in einer Anfrage dazu
befragt.
Ich habe dann mit dem Wiener Bürgermeister
gesprochen, dem man ja nicht vorwerfen kann, dass er kein Gespür dafür hat, was
in der Öffentlichkeit argumentierbar ist und was nicht argumentierbar ist. Dann
hat es natürlich das Hearing gegeben. Der Kompromiss war, es durfte nicht
"Hearing" heißen, weil das irgendwie unverträglich ist, sondern es
war dann eine informelle Ausschusssitzung. Es sind natürlich alle Vertreter der
Vereinigten Bühnen gekommen. Es war auch nicht das einzige Hearing, sondern wir
haben dann mit den Sozialdemokraten viele Hearings gemacht. Es hat auch ein
Ergebnis gegeben, nämlich dass Investitionen wie Schnürbodenrenovierung des
Theaters an der Wien aus eigenen Mitteln passiert sind. Es hat auch eine
Vereinbarung gegeben, dass es bei den Vereinigten Bühnen pro Jahr
20 Millionen EUR Einsparungen geben wird.
Was ich hier nur sagen will, ist wenn die SPÖ uns
hier den Vorwurf macht, dass wir quasi keine wesentlichen Veränderungen zu
Stande gebracht haben, so tut ihr das noch immer! Dieses Unternehmen betrachtet
ihr als euer Eigentum und verteidigt es mit Zähnen und Klauen gegen jede Form
der Veränderung und gegen jeden Geist des 21. Jahrhunderts! (Beifall
bei der ÖVP. – GR Ernst Woller: Als ehemaliger Ausschussvorsitzender wissen Sie
das nicht besser?)
Dort, wo es der Wiener ÖVP
gelungen ist, für diese Stadt wesentliche demokratiepolitische Veränderungen zu
Stande zu bringen, sei es bei der Einführung von den Untersuchungsausschüssen,
sei es, dass wie überall auf der Welt mittlerweile Gott sei Dank auch in Wien
am 1. Mai die U-Bahnen fahren, haben wir das jedes Mal gegen massivsten
Widerstand, bis zur Koalitionskrise treiben müssen. Das haben wir bei den
Vereinigten Bühnen nicht machen können. Aber dort gab es nach wie vor einen
Finanzstadtrat, der die Hand darüber gehalten hat. Insofern können wir stolz
darauf sein, was wir in diesen viereinhalb Jahren bei den Vereinigten Bühnen
verändert haben. Hätten wir die Chance gehabt, das weiter zu tun, dann wären die
Vereinigten Bühnen heute nicht in dem Zustand, in dem sie jetzt sind. (Beifall
bei der ÖVP. – GR Ernst Woller: Verändert habt ihr überhaupt nichts! Es wurden
Subventionen umverteilt!)
Der Herr Stadtrat hat gestern das Wort
"Rufschädigung" in den Mund genommen, weil ich von einem
"Kolchosenbetrieb" gesprochen habe. Über Rufschädigung können wir
gern reden. Dann sollten wir aber darüber reden, was der ehemalige Intendant
dieses Unternehmens über sein eigenes Unternehmen sagt. Ich sage es Ihnen heute
noch ein bisschen genauer als gestern: "läuft aus dem Ruder",
"es passiert nichts", "es fehle die Qualität",
"Musicalboom ist vorbei", er, Weck, habe die Gemeinde Wien nie als
Selbstbedienungsladen gesehen, das sei jetzt ausgeartet, "schon die
längste Zeit uninteressant", "eigentlich kümmern sich die Stadtväter
nicht um die Vereinigten Bühnen", "zu lange schwache Qualität"
und "Jetzt will man es wieder umbauen, und zwar um ein Mehrfaches dessen,
was es damals gekostet hätte."
Sehr geehrter Herr Stadtrat, wenn Sie sich mit
Rufschädigung auseinander setzen, dann sollten Sie die Entscheidung treffen,
entweder den ehemaligen Intendanten der Vereinigten Bühnen zu klagen oder zu
sagen, er hat Recht mit seiner Kritik und etwas ändern. Aber zu versuchen, dem
Sprecher der Opposition Rufschädigung zu unterstellen, damit machen Sie sich
nur lächerlich! (Beifall bei der ÖVP. – GRin Mag Marie Ringler: Wo ist der
Stadtrat? Er ist nicht da!)
Sehr geehrte Damen und Herren, Fazit ist, seit 1990,
und das werden wir auch der Öffentlichkeit mit jedem Wort vorlegen,
21 Millionen EUR im Jahr insgesamt aus Wiener Steuergeldern, das ist
ein Löwenanteil des Wiener Kulturbudgets.
Keine Bilanzen, das hat Marie
Ringler auch aufgezeigt. Ernst Woller, da kommst du nicht aus! Du hast gestern
gesagt, es ist aktentechnisch schwierig, dass man die Bilanz beilegt. (GR Ernst Woller: Das wird
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