Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 87
positionieren, also nicht einfach Exportinitiativen zu fördern. Das ginge ja schon von den Wettbewerbsspielregeln aus nicht. Aber sich auf neuen Märkten zu positionieren, die neuen Mittel einzusetzen, das ist, glaube ich, ein entscheidender Punkt.
Also ich erwarte mir, Herr Gemeinderat, von beiden
Maßnahmen im Jahr 2005 eine entscheidende Verbesserung der Situation bei
der Wiener Wirtschaft.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke,
Herr Vizebürgermeister!
Die 2. Frage (FSP - 05424-2004/0001 - KGR/GM) wurde von Frau GRin Jerusalem gestellt und ist an
die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales
gerichtet: Welche Maßnahmen sind geplant, um das seit langer
Zeit anstehende Problem der verdeckten Obdachlosigkeit von Frauen zu lösen?
Ich ersuche um Beantwortung.
Amtsf StRin Mag Renate Brauner:
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Das Thema, das Sie in Ihrer Anfrage ansprechen -
verdeckte Obdachlosigkeit von Frauen - ist ein Thema, das, wie Sie aus anderen Gesprächen
wissen, mir ganz besonders am Herzen liegt, unter anderem deswegen, weil es ein
typisches Thema ist, dass es Probleme gibt, die ganz speziell Frauen betreffen,
die aber viel zu wenig im Blickpunkt auch der Öffentlichkeit stehen. Insofern
ist der Begriff “verdeckte Obdachlosigkeit“ natürlich auch ein sehr, sehr gut
gewählter. Wenn man an Obdachlosigkeit, an Wohnungslosigkeit denkt, dann sieht
man oft idealisierend so den französischen Clochard, abgesehen davon, dass ich
auch diese Idealisierung für sehr falsch halte, denn kein Dach über dem Kopf zu
haben und keine existenzielle Absicherung hat überhaupt nichts Romantisches an
sich. Es ist aber auch das Bild falsch, weil männlich geprägt. Es gibt sehr
viele Frauen, die auch unter diesem Problem leiden. Sie haben aber auch sehr,
sehr spezifische und gar nicht so leicht zu erfassende Probleme, weil sie viel
tiefer gehen als sich nur dann im Thema Wohnungslosigkeit niederschlägt.
Deswegen ist es mir schon auch in meiner früheren
Funktion als Frauenstadträtin ein großes Anliegen gewesen, hier Maßnahmen zu
setzen. Der Fachbereich Wohnen des Fonds Soziales Wien hat sich vorgenommen,
auch auf meinen Auftrag hin, hier dieses Thema auch ganz genau zu beleuchten.
Erst vor wenigen Wochen ist eine Neustrukturierung des Angebots speziell für
Frauen begonnen worden. Das bedeutet zum einen, dass eine schon vorhandene
Unterkunft, nämlich die Gänsbachergasse, dazu genutzt wird, um hier speziell
Frauenplätze zu konzentrieren, weil wie wir und ja auch Sie bestimmt aus vielen
Diskussionen von fernsehengagierten Sozialarbeiterinnen wissen, die sich auch
zu einer Gruppe zusammen getan haben, um eben auf dieses Thema “Spezielle Not
von Frauen“ aufmerksam zu machen, weil sie gemeint haben, dass Frauen, die
wohnungslos sind, eben sehr oft sozial sehr, sehr problematische Situationen
haben und fast immer Gewalterlebnisse hinter sich haben oder auch aktuell in
einer Gewaltbeziehung sind, dass sie auch eigene geschützte Frauenräume
brauchen. Deswegen ist da jetzt eben der Weg gewählt worden, dass alle
vorhandenen Frauenplätze in der Gänsbachergasse konzentriert werden und dass
man sich dort auch bemüht, den speziellen Bedürfnissen von Frauen zunehmend
gerechter zu werden. Ich verwende bewusst diese Formulierung, weil ich glaube,
es ist noch nicht so, wie wir es uns wünschen mit extra begehbaren
Frauenwohneinheiten sowohl bei den Fixbewohnerinnen als auch bei den
Nächtigerinnenwohnplätzen und mit vermehrtem Einsatz von Betreuerinnen, so wie
die sozialarbeiterische Betreuung - sozusagen zu 100 Prozent in Frauenhand
-, eben genau diese sehr engagierten Kolleginnen, uns auch auf dieses Thema
aufmerksam gemacht hat.
Darüber hinaus ist auch der Verein “Neuner Haus“, der
ja vom Fonds Soziales Wien ebenfalls unterstützt wird, seit einem halben Jahr
bemüht, verstärkt Frauen aufzunehmen und dort in dem Haus im 3. Bezirk ein
Geschlechterverhältnis von fifty-fifty zu erreichen. Das ist aber noch zu wenig
und wir haben in allernächster Zeit vor, da gemeinsam mit einer Einrichtung,
mit der wir schon sehr gute Erfahrungen speziell für Frauenwohnungslosigkeit
gemacht haben, nämlich mit der Caritas, mit der wir ja das Frauenwohnzimmer im
6. Bezirk betreiben - eine sehr niedrigschwellige Tageseinrichtung für
wohnungslose Frauen -, eine ebenfalls sehr niedrigschwellige Fraueneinrichtung
aller Voraussicht nach im 9. Bezirk einzurichten und dort für Frauen
Plätze zu schaffen. Dort soll eben eine ganz frauenspezielle und
frauenspezifische Einrichtung geschaffen werden, um zu versuchen, hier den
Frauenanliegen gerecht zu werden. Ich möchte aber dazu anmerken, dass insgesamt
das Problem ein sehr, sehr komplexes ist, weil wir sehr oft die Erfahrung
machen, dass Frauen, wenn sie in Partnerschaften sind, ohne ihren Partner nicht
bereit sind, in eine Obdachloseneinrichtung zu gehen. Wir machen auch sehr oft
die Erfahrung, dass die Frauen trotz aller Schwierigkeit "lieber" in
eine oft mit Gewalt besetzte Beziehung gehen als sich in eine
Obdachloseneinrichtung zurückzuziehen. Also ich glaube, das ist ein Thema, das
uns noch sehr lange beschäftigen wird und das ein sehr, sehr komplexes ist.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke,
Frau Stadträtin.
1. Zusatzfrage, Frau GRin Jerusalem.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im
Rathaus): Es freut mich sehr, dass ich erstmals den Eindruck habe, es
geschieht wirklich etwas und dass da jetzt wirklich auch Engagement dahinter
steckt.
Ich denke mir, es wird auch darum gehen, nicht nur im
Bereich der Einrichtungen, was ich sehr positiv beurteile, Plätze zu schaffen,
sondern auch zu schauen, wie man neue Dauerwohnplätze für diese Frauen zur
Verfügung stellen kann. Ich weiß, das ist ein engagiertes Zukunftsprogramm und
kann nicht von heute auf morgen gehen, wird aber letztlich dann schon geschehen
müssen.
Meine Frage ist, nachdem wir ja
jetzt vom Fonds
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