Gemeinderat,
49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 88
Rede jetzt trotzdem per Sie sein. (GR Günther
Barnet: Jetzt hast eh schon du gesagt!)
Frau Stadträtin, Sie werden genauso enttäuscht sein wie
ich über die Antworten, die aus den einzelnen Ressorts gekommen sind. Außer
jenen von Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung, worin auf die Leitstelle für
Frauen und alltagsgerechtes Planen hingewiesen wurde, aus dem
Gesundheitsressort, worin auf den Frauen-Gesundheitsbericht und die
Frauen-Gesundheitsbeauftragte verwiesen wurde, und aus dem Kulturressort, wo
lapidar auf den Frauen-Kulturbericht verwiesen wurde, haben wir von allen
anderen Ressorts eine Rückmeldung, die heißt: Wir nehmen keine frauenspezifischen
Förderungen in unserem Ressort vor. (GRin Martina LUDWIG: Was heißt
"wir"?) Du kannst es nachlesen, ich habe genauso den Kopf
geschüttelt, Martina. (GR Kurth-Bodo Blind: Sind wir jetzt per Sie oder per
du?) Sie sehen, ich rede zu Ihnen allen.
Ich hoffe, Sie sind genauso enttäuscht darüber, dass
das, was ihr hier versprecht und was ihr hier auch in eurem Bericht schreibt -
was an und für sich ein guter Ansatz ist: jedes Ressort sollte Frauenförderung
und Frauenpolitik machen -, dass dieser Ansatz einfach in der Realität nicht
erfüllt wird. Die MA 5, das einzige Ressort, das wirklich auch direkte
Subventionskompetenz hat, die MA 5, Finanzwirtschaft und Haushaltswesen,
schreibt sogar lapidar: "Projekte und Vereine mit frauenspezifischem
Inhalt und Hintergrund werden grundsätzlich an die MA 57
weitergetragen."
Wir finden das schade. Wir finden den Ansatz, den Sie
propagieren, nämlich dass die MA 57 keinesfalls allein und ausschließlich
für Frauenförderung in der Stadt zuständig sein darf, weil Frauenförderung ein
gesamtgesellschaftliches Anliegen ist und natürlich auch alle Ressorts angeht -
wir finden diesen Ansatz richtig. Insofern haben wir auch unsere Anträge, in
allen Ressorts spezifische Budgets und Verantwortlichkeiten vorzusehen,
eigentlich unterstützend gemeint und sind davon enttäuscht, dass das abgelehnt
wurde und dass die MA 57 wirklich fast sämtliche frauenspezifischen
Aktivitäten, zumindest was die Unterstützung von Vereinen und Institutionen
betrifft, allein tragen muss. (GR Godwin Schuster: Das stimmt nicht! Das
stimmt wirklich nicht!)
Wir finden das vor allem deshalb schade ... (GR
Godwin Schuster: Das weißt du genau, dass das nicht stimmt!) Gerade deshalb
finden wir es auch heuer wieder besonders schade, dass das Budget nicht
aufgestockt wurde. Denn die 9 000 EUR, die du genannt hast - das ist,
entschuldige, wirklich ein bisschen lächerlich im Vergleich zu den anderen
Summen, die ich eingangs genannt habe und die wir an dieser Stelle auch gestern
schon debattiert haben. (GRin Martina LUDWIG: Leichte Steigerung!) Es
ist eine Stagnation, es sind jedes Jahr rund 7,3 Millionen EUR. (GRin
Martina LUDWIG: Leichte Zunahme!)
Gerade aber die frauenpolitischen Einrichtungen - die
frauenspezifischen Einrichtungen, die Beratungseinrichtungen, die Gewalteinrichtungen
- bräuchten eigentlich heuer und auch in den nächsten Jahren mehr Geld, nicht
nur wegen der desaströsen Kürzungspolitik der Bundesregierung - das haben wir
an dieser Stelle schon einige Male ausreichend debattiert, zuletzt erst vor ein
paar Wochen, als es um die Kürzungen der Bundesregierung bei den
Interventionsstellen gegen Gewalt gegangen ist, weshalb sieben Wiener Bezirke
nicht mehr betreut werden können -, nicht nur wegen dieser Kürzungen, wobei ich
den Ansatz, den Sie haben, ja bedingt verstehe, dass Sie sagen: Wir können
nicht für alle Kürzungen, die die Bundesregierung vornimmt, einspringen. Ja,
das ist politisch verständlich.
Nur, ich sage es ehrlich, wenn es ums Überleben von
Einrichtungen geht (GRin Martina LUDWIG: ... ein Bundesgesetz!) und wenn
es darum geht, Einrichtungen auszubauen, dann finde ich schon, dass bei diesen
lächerlichen Beträgen - ich sage es noch einmal: den lächerlichen Beträgen, die
zum Teil die Fraueneinrichtungen bräuchten, um nicht nur die Basisarbeit aufrechtzuerhalten,
sondern auch auszubauen und Mehrarbeit leisten zu können, und zwar in dem Sinn,
auf den gestiegenen Bedarf bei Frauenberatung zu reagieren, und auch, ich sage
es ehrlich: Ich meine, drücken wir uns nicht darum herum, die Fraueneinrichtungen
und zum Teil auch die arbeitsmarktpolitischen Einrichtungen in Wien sind auch
durch das Bundesvergabegesetz bedroht, wobei jetzt Wien insofern nichts dafür
kann, weil Wien das Bundesvergabegesetz nicht mitbeschlossen hat, wobei aber
doch dieses Bundesvergabegesetz und der Wettbewerbsdruck, der hier vor allem
auf kleineren Institutionen lastet, dazu führt, dass sie massiv in ihrer
Existenz bedroht sind. Wir hatten die Diskussionen beim ABZ - das ist schon ein
bisschen länger her -, wir haben sie aber auch bei anderen Einrichtungen; ich
werde sie jetzt nicht alle nennen.
Das heißt, hier symbolisch von Seiten der Stadt Wien
ein Zeichen zu setzen und zu sagen: Ja, wir wollen nicht nur die Existenz dieser
Einrichtung aufrechterhalten, sondern wir wollen sie auch ausbauen und dem
gestiegenen Bedarf anpassen. (GRin Martina LUDWIG: Welchem?) Einige
Vereine stellen ja auch immer wieder Subventionsanträge, die nicht zur Gänze
erfüllt werden, obwohl es schon große Fortschritte in diesem Bereich gegeben
hat (GRin Martina LUDWIG: Dreijahresverträge!), nämlich dass es
zumindest Dreijahresverträge gibt. Das war uns auch sehr viele Jahre lang ein
großes Anliegen.
Aber eine große Bedrohung für die
Vereine ist, dass sie zunehmend die guten Arbeitsverhältnisse, die es gibt -
zum Teil Vollzeit-Arbeitsverhältnisse -, in Teilzeit-Arbeitsverhältnisse, in
atypische Beschäftigungen, in prekäre Arbeitsverhältnisse umwandeln müssen.
Auch das ist natürlich eine Bedrohung für die gute und ausreichende Arbeit für
die Wienerinnen, die Beratung in Anspruch nehmen. Das heißt, hier auch
symbolisch das Budget endlich zu erhöhen, um dem Ausbau dieser Einrichtungen
Genüge zu tun; nicht nur die Basisfinanzierung wäre schön. Hier von einem
Fortschritt im frauenpolitischen Budget zu sprechen, das halte ich
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular