Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 118 von 123
GR Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter
Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Es ist ja eine Tradition unserer
Budgetberatungen, dass wir nicht nur über die Zahlen des Budgets sprechen,
sondern über alle politischen Fragen, die irgendwie damit zusammenhängen. Und
das ist auch okay so, weil das ist also eine Tradition dieser Beratungen, dass
die Geschäftsgruppe, die zum Schluss dran ist, immer mehr oder weniger von
allen ersucht wird, entweder verbal oder nonverbal möglichst kurz zu sein. (GR
Günther Barnet lacht schallend.) Auch diese Tradition gibt es.
Umgekehrt muss man natürlich
sagen: Wenn man am Vormittag dran ist oder am Nachmittag, reden die Leute
40 Minuten lang und breit, und dann zum Schluss soll man 7, 8 Minuten
reden. Aber ich werde trotzdem eher bei den 7, 8, 9 Minuten bleiben,
wissend, dass es so und so vielleicht den historischen Ablauf in Wien nicht
wesentlich beeinflussen wird, ob wir da jetzt sehr lange Debatten um
23 Uhr noch durchführen oder nicht.
Aber ein bisserl was sollte
man doch sagen, weil wenn es schon Rituale gibt, soll man sie wenigstens
ansatzweise auch einhalten.
Vielleicht zuerst noch zu
den Anträgen. Der Kollege Ellensohn ist jetzt schon weg (GR Günther Barnet:
Nein, dort ist er!), aber wir schauen uns die Anträge alle sehr genau an,
die an den Bund gerichtet sind. Ich würde vielleicht vorschlagen, dass man sie
zuweist und dass man sie im Ausschuss dann noch intensiver behandeln könnte.
Es ist ja so, dass sie
teilweise ähnlich sind, wie es auch von der sozialdemokratischen Fraktion das
Programm gibt, aber nur zum Teil, muss ich sagen. Also es sind auch ein, zwei
dabei, wo ich keinesfalls zustimmen würde.
Bei den nicht an den Bund
gerichteten Anträge scheint mir, dass der Antrag betreffend Dachgeschoßausbau
und Lifteinbau durchaus diskussionswürdig ist, ebenso die Informationskampagne
für Schlichtungsstellen. Aber ich habe schon mit dem Herrn StR Ellensohn, der
jetzt, glaube ich, schon gegangen ist, ausgemacht, dass da morgen ja noch
weiter diskutiert werden kann, wie man dann schlussendlich das Prozedere haben
wird. – Ah, da ist er eh, entschuldige. Weil sonst sitzt du immer da vorne. Man
ist ja ein Gewohnheitstier. (Heiterkeit.)
Aber grundsätzlich zum
Wohnbaubudget einige Sätze. Die Summe ist 1 072,2 Millionen EUR.
Das ist eine ansehnliche Summe, die im Voranschlag vorgesehen ist, und sichert
damit etwa 22 000 Arbeitsplätze in der Bau- und Baunebenwirtschaft.
65 000 Familien werden
durch Subjektförderungen wie Wohnbeihilfe, Jungfamilienförderungen,
Eigenmittelersatzdarlehen und so weiter unterstützt. Also wieder sehr sinnvolle
Sachen.
Ich will jetzt keine langen
grundsätzlichen Ausführungen zum sozialen Wohnbau in Wien machen. Aber es sei
schon darauf hingewiesen, dass international immer wieder Delegationen oder
Studiengruppen begeistert sind von dem System des sozialen Wohnbaus, wie er in
Wien ist, und dass eben hier ein vielfältiges Wohnangebot zu leistbaren Preisen
entsteht, über die Bauträger-Wettbewerbe, die immer weiter vervollkommnet
werden, aber andererseits über vorausschauende Planung und Forschung. Man muss
ja immer 4, 5 Jahre mindestens im Vorhinein wissen, wie wird etwa die
Entwicklung sein, um richtig reagieren zu können.
In dem Sinn haben wir auch
die Studie über Auswirkungen der EU-Erweiterung in Auftrag gegeben, und die hat
das Ergebnis gebracht, dass eine zusätzliche Nachfrage von 500 Wohnungen
pro Jahr gegeben ist. Und so ist jetzt die Stoßrichtung, dass in den nächsten
10°Jahren 55 000 geförderte Neubauwohnungen gebaut werden sollen. Die
EU-Erweiterung ist eine Tatsache, eine historische Tatsache, und Wien trachtet
hier danach, seine Stellung als dynamischer und attraktiver Wirtschaftsraum
weiter auszubauen.
Ein Aspekt dabei ist sicher
auch, dass wir eine leistungsfähige Infrastruktur haben, und ein weiterer
Aspekt ist eine leistbare attraktive Wohnungssituation, ein Wohnungsangebot, um
eben auch für qualifizierte Zuwanderer, für Spitzenkräfte der Wirtschaft ein
attraktives Wohnangebot zu haben.
Wir wissen, dass nicht nur
das niedrige Lohnniveau der Hauptfaktor für den Wirtschaftsstandort ist, wie
das manche Neoliberale sagen, sondern dass eben gut ausgebildete Arbeitskräfte,
Rechtssicherheit, sozialer Friede, technologische Entwicklung, Softfaktoren wie
Sicherheit oder kulturelles Angebot und eben auch das Wohnangebot wichtig für
einen Wirtschaftsstandort sind.
Nur ganz kurz
noch einige Zahlen: Die Stadt Wien hat seit 1991 77 478 neue
Wohnungen gefördert, obwohl es in dieser Zeit nur eine Einwohnerzunahme von
10 275 gab. Das bedeutet, dass es einerseits schon Ende der
80er Jahre eine gewisse Wohnungsnot gegeben hat, die wir erfolgreich vollkommen
bewältigt haben, vor allem in den letzten 10°Jahren. Weiters aber ist auch ein
Faktor, dass der Trend zu Haushalten mit weniger Personen gegeben ist. Es ist
eine Tatsache, dass Single-Haushalte zunehmen, auch durch Scheidungen und so
weiter - das sind manchmal tragische Sachen -, aber Faktum ist, dass wir eben
auch darauf reagieren müssen.
Der wichtigste
Indikator für die Qualität der Wiener Wohnbaupolitik und Wohnungspolitik ist
aber die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger. Hier haben wir ja eine
Zustimmung, die außerordentlich hoch ist. Die umfangreiche Studie "Leben
in Wien" bestätigt: 79 Prozent sind mit ihrer Wohnung zufrieden,
Note 1 oder 2. Das sind immerhin um 8 Prozent mehr als beim
Vergleichswert von 1975. Besonders positiv wird die Nähe zum Kindergarten, zur
Schule und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr bewertet. Über
80 Prozent bewerten hier die Wohnbaupolitik mit der Note 1 und ich
glaube, darauf können wir alle wirklich stolz sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Laut
Mikrozensuserhebungen kann man auch feststellen, dass der Wohnungsaufwand pro
Quadratmeter
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