Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 123
Ich sage noch
einmal: Nehmen wir uns ein bisschen ein Vorbild an der Aufbereitung, wie es der
Bund hat. Der Dr Aichinger hat das ja schon gesagt. Dort gibt es klare
Projekte. Hier werden wir verständigt, wieweit die Sozialdemokratie bereit ist,
in allgemeinen Positionen Geld hineinzupumpen, meistens untergliedert in
Personal, Investitionen und Dienstleistungen. Das ist es dann. Und was wir
machen, das werden wir dann schon sehen. Wir machen eh, was wir wollen. Das
brauchen wir euch ja vorher gar nicht so genau zu erklären.
Ich glaube, so soll
es nicht sein. Ich glaube, wir können da wirklich einen – ich sage jetzt nicht
Quantensprung, weil Quantensprung ist die kleinste physikalische Einheit, die
es gibt, ich finde, das wird immer verwechselt – großen Sprung machen, um eine
bessere Diskussionskultur zu erreichen.
Ich möchte nur auf
zwei kleine Details noch eingehen. Ihr Fritz Strobl beziehungsweise auch der
Kollege Ekkamp haben gesagt, dass die Wirtschaftsförderung des Bundes nur mehr
einige wenige Konzerne fördert. Das ist ja nicht wahr. Sie wissen ja selber
ganz genau, 90 Prozent aller GesmbHs und Kapitalgesellschaften gehören zu
den kleinen und mittleren Unternehmen, sind KMUs. 90 Prozent! Und die
profitieren davon, dass nur mehr 25 Prozent Körperschaftsteuer sind. Und
das ist wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Kleinstfirmen, die
von null Beschäftigten, sondern nur vom Unternehmer geführten bis zu ein, zwei
Beschäftigten, also Kleinstfirmen, die profitieren von der Einkommenssteuerreform.
Aber die Klein- und Mittelbetriebe, die typischen KMUs zwischen 10 und
200 Mitarbeitern, die sind überwiegend in der Form der GesmbH organisiert.
90 Prozent davon werden daraus profitieren.
Das ist
Wirtschaftsförderung. Das sind ja dann auch die Auftraggeber für alle anderen.
Denn wenn die mehr Geld haben, wenn zum Beispiel die Eigenkapitalstärkung
möglich ist, wenn die Reinvestition nicht entnommener Gewinne möglich ist, dann
hat die gesamte Wirtschaft etwas davon. Auch die Klein- und Kleinstbetriebe. So
etwas ist eigentlich selbstverständlich. Alles andere ist wirklich nicht so,
sage ich jetzt, weil ich Sie ja direkt angesprochen habe, sonst hätte ich
gesagt, eine dümmliche Propaganda, die im Grunde genommen an der Sache
vorbeigeht.
Mehrere Redner
seitens der Regierungspartei haben konstruktive Beiträge verlangt. Sie haben
jetzt zwei bekommen in Antragsform, einen für den Cluster und einen für eine
bessere Art und Weise, wie wir unsere Diskussion strukturieren können, wie wir
eine Demokratiehygiene vorantreiben können. Sagen Sie ja, meine sehr geehrten
Damen und Herren von der Regierung, und wir sind einen Schritt weiter. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR
Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist
zu Wort gemeldet der Herr GR Stark. Bitte.
GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Bei der Betrachtung
der Wiener Wirtschaft im Hinblick auf die Arbeitsmarktpolitik ist leider
festzustellen, dass Wien vom einstigen Spitzenplatz in Österreich – das war
1975 – wie schon in den Jahren 2002 und 2003 weiter auf dem letzten Platz liegt
– trotz Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit, Lehrlingsprogramm et cetera.
Obwohl sich der Arbeitsmarkt in allen Bundesländern stabilisiert oder
verbessert hat – und ich vergleiche Wien mit den anderen Bundesländern und
nicht Unselbstständige mit Selbstständigen –, wurde in Wien neuerlich ein Minus
verzeichnet. Vergleicht man zum Beispiel das dritte Quartal 1994 mit dem
dritten Quartal 2004, so ist in Wien die Anzahl der unselbstständig
Beschäftigten von 795 000 auf 761 000 gesunken, das sind innerhalb
der letzten 10°Jahre um 34 000 Beschäftigte weniger. Österreichweit
hingegen ist die Anzahl der unselbstständig Beschäftigten um über 170 000
gestiegen.
Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Es ist an sich eine erfreuliche Entwicklung für die
Bundesländer, aber letztendlich eine unschöne Entwicklung für die
Bundeshauptstadt.
Bedingt durch das weitere
Ansteigen der Arbeitslosigkeit in Wien rechnen Wirtschaftsforscher auch mit
einem weiteren Ansteigen der Arbeitslosigkeit, der Sozialhilfeempfänger, was
zusätzliche Kosten verursachen wird.
Bekanntlich gab es
ja leider vor allem bei größeren Betrieben massiven Beschäftigungsabbau.
Traditionelle Wiener Betriebe wie Augarten oder Ankerbrot mussten Insolvenz
anmelden, andere große Betriebe wie Inzersdorfer, Unilever, Philips, Siemens et
cetera haben in den letzten Jahren Tausende Arbeitsplätze an ihren Wiener
Standorten abgebaut.
Ich kann daher, sehr
geehrter Herr Vizebürgermeister, nur meine laufenden Appelle wiederholen, sich
auch verstärkt um die Klein- und Mittelbetriebe in Wien zu kümmern, die ja der
eigentliche Motor der Wiener Wirtschaft sind und auch der bedeutendste
Arbeitgeber Wiens.
Ich habe hier einige
interessante Zahlen von der Geschäftsführung der KMU-Forschung Austria.
Österreichweit gibt es etwa 211 500 KMUs, die 1,5 Millionen
Mitarbeiter beschäftigen. Im Jahr 2003 erwirtschafteten die österreichischen
KMUs 256 Milliarden EUR Umsatz und investierten
16 Milliarden EUR.
Einer Statistik über
Unternehmensgründungen im Jahr 2003 kann man ebenfalls entnehmen, dass von den
im Jahr 2003 neu gegründeten Unternehmen 83 Prozent nichtprotokollierte
Einzelunternehmen, also Kleinbetriebe, waren.
Auch eine Studie der
Wirtschaftsuniversität Wien, die vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde,
ergibt, dass der Weg in die Selbstständigkeit eine echte Karrierealternative
nach Abschluss des Studiums ist. Diese Studie der WU-Wien zeigt, dass sich
35,2 Prozent von 468 befragten Studenten in absehbarer Zeit nach dem
Studium vorstellen können, ein Unternehmen zu gründen.
Auch
wenn es sich bei diesen neu gegründeten Unternehmen überwiegend um
Ein-Mann-Betriebe handelt, darf nicht übersehen werden – und diese Zahlen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular