Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 123
das Geld kommt. Ich sehe nicht, dass dieses Budget – auch heuer – bedeutet, dass das in Angriff genommen wird. Ich sehe nicht, dass dieses Budget – damit ich es auf den Punkt bringe – für heuer oder aber letztendlich auch für die nächsten Jahre bedeutet, dass die Stadt Wien sagt: Jawohl, wir möchten hier eine bestimmte Anzahl von Dauerwohnplätzen einrichten und möchten diesen Bereich à la longue umstellen und Menschen die Möglichkeit geben, ein mehr oder weniger – jetzt unter Anführungszeichen – leistbares eigenes Dach über dem Kopf zu haben. Hier fallen, wie gesagt, die Anstrengungen meines Erachtens einfach viel zu gemütlich aus.
Ein Bereich
noch: Sie haben von der steigenden Anzahl der Selbstständigen in Wien
gesprochen. Ja, da kann ich Ihnen beipflichten, nicht zuletzt infolge der Dauerarbeitslosigkeit,
die es für viele, viele Menschen gibt in der Stadt, bleibt als letzter Ausweg
für eine große Gruppe, selbstständig zu werden. Darüber hinaus aber gibt es
eine ganz große Gruppe von vorwiegend jüngeren Menschen, die sich auch bewusst
dafür entscheiden, selbstständig zu werden und die sich hauptsächlich im Rahmen
von kleinen Firmen, Ein-Personen-Firmen, maximal Zwei- bis Drei-Personen-Firmen
sozusagen selbst beschäftigen. Es ist ein Trend, denn – Sie haben es selbst
gesagt – zwischen 2000 und 2003 gab es eine Steigerung von immerhin
11 Prozent Selbstständigkeit in Wien. Und dieser Trend bleibt weiterhin
konstant.
Ja, da kann man sich freuen,
allerdings darf man nicht außer Acht lassen, mit welchen Schwierigkeiten gerade
diese Kleinstfirmen, diese Mikrounternehmen konfrontiert sind. Da gibt es allen
voran ein Problem, wofür auch Wien nichts kann, sondern das sehr wohl von der
Bundesseite her kommt, das ist die Umstellung, die vor ein paar Jahren erfolgt
ist und bewirkt, dass im dritten Jahr sowohl Sozialversicherungsbeiträge als
auch Steuern nachgezahlt werden müssen und dass gleichzeitig auch die
Vorauszahlung für das nächste Jahr vorgeschrieben wird bei einer
Wachstumsannahme von 10 Prozent weiterhin von Jahr zu Jahr. Sie können sich
schon vorstellen, was das bedeutet: Im dritten Jahr geht ein Großteil dieser
kleinen Unternehmen wieder pleite.
Jetzt kann man sagen, gut,
das ist eine verfehlte Politik, die sich ändern muss, aber das ist eine
Bundesentscheidung, und Wien kann hier nichts unternehmen. Stimmt nicht ganz.
Ändern können wir diesen Modus nicht, aber was wir schon tun könnten, wäre die
Förderung zu ändern. Wir haben eine Vielzahl von Förderungen für die
Nahversorgung, auch, wie gesagt, für die Firmengründungen, gerade in der Gründungsphase,
aber längerfristig gibt es nichts, und wenn dann das dritte Jahr kommt und die
Pleitewelle kommt, da gibt es nichts mehr.
Sehen Sie,
Herr Stadtrat, Ich würde mir von einer mutigen Politik, also von einer Politik,
die nicht gemütlich ist, erwarten, dass sie sagt: Ja, das ist ein Schwerpunkt,
das wollen wir uns anschauen, damit eben Selbstständigkeit in Wien nicht mit
der Pleite im dritten Jahr bestraft wird, sondern sehr wohl letztendlich à la
longue auch eine Existenz sichern kann. Also da würde ich mir erwarten, dass
man sich die Wirtschaftsförderung anschaut und dass man überlegt, welche
Reformen hier angegangen werden können.
Und lassen Sie
sich das sagen, bitte: Die Wirtschaftsförderung in Wien ist teilweise
verkrustet, sie ist veraltet vom System her, sie geht vielfach daneben, und sie
bringt vielen, vielen Menschen in der Stadt, die selbstständig sind, nicht die
Erleichterung, die sie brauchen, uns zwar genau in dem Moment, wo sie es am
bittersten notwendig hätten. Also da wäre es zum Beispiel sehr wohl dringend an
der Zeit, dass man sich den Förderungsmodus der Stadt Wien überhaupt anschaut
und dass man ein neues Modell angeht.
Vielleicht ein
Letztes noch zum Schluss: Lobau. Bezüglich der Lobau-Autobahn ist zwar immer
noch nicht entschieden, was passieren wird. Vielleicht kommt die Brücke,
vielleicht kommt doch der Tunnel. Die Stadt Wien möchte lieber einen Tunnel
durch die Lobau oder am Rande der Lobau bauen, die ASFINAG möchte lieber eine
Brücke haben, die GRÜNEN sind bekanntlich dafür, dass die Lobau unangetastet
bleibt, also weder Tunnel noch Brücke. Nichtsdestotrotz geht es mir hier darum,
wie mit Geld, wie mit den Finanzen umgegangen wird, wie leichtfertig Milliarden
– Milliarden! – zum Fenster hinausgeworfen werden.
Ich sage Ihnen
nur eines: Das gesamte Wissenschaftsbudget des Bundes für das Jahr 2005 beträgt
3,4 Milliarden EUR. Vergleichsweise: Der Bau eines Tunnels für die
Lobau-Autobahn würde bis zu 4 Milliarden EUR kosten. Natürlich sind
das jetzt nicht 4 Milliarden EUR, die die Stadt Wien allein zu
leisten hat, nichtsdestotrotz würde der Bau der Lobau-Autobahn für die Stadt
Wien ebenfalls mit massiven Kosten verbunden sein (GR Dr Herbert Madejski: Das stimmt ja nicht!), zuzüglich auch
einer nachträglichen Beteiligung an den Erhaltungskosten. Das sind falsche
Prioritäten, meine Damen und Herren. Das sind ganz einfach falsche Prioritäten.
(Beifall bei den GRÜNEN. – GR Christian Oxonitsch: Das ist interessant, was
Sie als falsche Prioritäten bezeichnen!)
Sie haben, Herr
Stadtrat, auch den Bereich Asyl erwähnt und haben uns von hier aus versichert,
dass die Stadt Wien sehr wohl zur moralischen Verpflichtung steht,
schutzbedürftigen Menschen, Menschen, die Unterstützung brauchen, die nach
Österreich kommen und um Asyl ansuchen, diesen Schutz auch zu gewähren.
Allerdings muss man sagen, auch hier ist es so toll nicht, wie es klingt. Ja,
die Erkenntnis ist gut, aber man müsste sich anschauen, wie es im Vollzug
aussieht. So musste ich in den letzten Tagen erfahren, dass auf Weisung – von
wem auch immer – zuletzt die Grundversorgung für obdachlos gemeldete
AsylwerberInnen gestrichen wurde.
Es
ist fast ein bisschen zynisch, muss man sagen, obdachlos gemeldeten
AsylwerberInnen die Grundversorgung zu streichen, denn man muss ja bedenken,
einerseits kann sich gerade diese Gruppe von Menschen vielfach gar nicht
aussuchen, ob sie obdachlos gemeldet wird oder nicht. Um sich anzumelden,
braucht man ja
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