Gemeinderat,
48. Sitzung vom 08.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 45
diesen Vorschlag der Wiener Gesundheitsholding
ausgearbeitet, die Idee eines gemeinsamen Finanziers für das gesamte
Gesundheitswesen, sodass sowohl die Spitäler als auch der niedergelassene
Bereich von einem einzigen Finanzier finanziert werden sollen. Dieses Modell,
das am Wochenende vereinbart worden ist, dieses Modell der Bundesgesundheitsagentur
mit den 9°Lan-desgesundheitsplattformen, meine Damen und Herren, ist ein erster
Schritt in genau diese Richtung. Wir sind stolz darauf, dass sich diese
Vorschläge endlich durchgesetzt haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Es ist daher einfach nicht
immer der richtige Weg, sofort nach Gebührenerhöhungen zu rufen. Es hat der
Bürgermeister vorige Woche noch bekräftigt, zu diesem Pakt zu stehen, und auch
der Herr Vizebürgermeister hat heute von diesem Pult aus gemeint, dass diese
Selbstbehalte, dass diese neuen Regelungen eigentlich mit sozialdemokratischen
Grundsätzen vereinbar sind - im Gegensatz zu Kollegin Brauner.
Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass die
Solidarität mit den Kranken, mit jenen Menschen, die unverschuldet in Not
geraten sind, ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft ist und dass es daher der
falsche Weg ist, diese Selbstbehalte zu erhöhen. Es ist dies ein Schritt in die
falsche Richtung, ein Schritt weg von der Solidargemeinschaft in Richtung einer
Zweiklassenmedizin.
Herr Vizebürgermeister! Auch Sie haben heute lange
dieser Debatte zugehört, und Sie haben heute diesen Pakt verteidigt, genauso
wie Herr Klubobmann Oxonitsch. Herr StR Rieder hat diesen Pakt sogar
überschwänglich gelobt und hier im Detail zitiert. Ich fordere Sie daher auf,
meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion: Überdenken Sie
doch Ihre Position im Interesse der Patienten, und schnüren wir dieses Paket
gemeinsam noch einmal auf! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Herr Klubobmann Oxonitsch hat
heute auch lange über die Belastungen der Bundesregierung gesprochen, über die
so genannte Belastungspolitik. Ich möchte daher jetzt zum Anlass dieses
10-jährigen Amtsjubiläums auch einmal an jene Belastungen erinnern, die unter
Bgm Häupl in diesem Haus, in diesem Wiener Gemeinderat erfunden worden sind.
Meine Damen und Herren! Es sind insgesamt 40 neue
Belastungen, die in diesen 10°Jahren neu - und ich sage: Neu! - erfunden worden
sind. Es hat der Bürgermeister dieser Stadt bereits als Umweltstadtrat mit
dieser Politik begonnen; Häupl war ja vorher Umweltstadtrat. Seine erste
Aktion, seine erste gebührenpolitische Aktion war es, die Wassergebühren um
24 Prozent zu erhöhen. Wir haben daher seit Umweltstadtrat Häupl diese
neue Wassersteuer.
Sein nächstes Vorhaben waren die Kanalgebühren. Er
hat die Kanalgebühren um 38 Prozent erhöht - 38 Prozent! Ich erwähne
das deswegen, weil seither diese Gebühren einen Kostendeckungsgrad von über
100 Prozent haben. Seither werden die Überschüsse in das allgemeine Budget
abgeschöpft. Es ist damals noch im Ressort des Umweltstadtrats Häupl auch diese
Kanalgebührenerhöhung ausgearbeitet worden.
Meine Damen und Herren! Es setzt sich diese Politik
nahtlos fort mit der Wiener Stromsteuer ab 1. November 2001. Es hat sich
diese Häupl-Politik nahtlos fortgesetzt mit der Tariferhöhung bei den WIENER
LINIEN um bis zu 25 Prozent. Es setzt sich diese Politik fort mit der
neuen Müllsteuer in Wien; seit zwei Jahren liegt sogar beim Müll der
Kostendeckungsgrad über 100 Prozent, die Überschüsse wandern - wir wissen
es schon - ins allgemeine Budget.
Es hat sich diese Häupl-Politik bei den Kindergärten
fortgesetzt; wir haben seit 1. September 2002 die höchsten
Kindergartengebühren in ganz Österreich. Es hat sich diese Politik fortgesetzt
bei den Bädertarifen, mit Erhöhungen um bis zu 25 Prozent. Es hat sich
diese Politik fortgesetzt mit der Gaspreiserhöhung, insgesamt 12 Prozent,
die die Heizkosten in Wien für alle Wiener Haushalte verteuert hat. Es setzt
sich diese Politik auch fort mit der Stromtariferhöhung um 8 Prozent seit
wenigen Tagen, ab 1. November 2004.
Und, meine Damen und Herren, am 1. Jänner 2005
werden zu Lasten der alten Menschen in dieser Stadt die Gebühren in den Wiener
Pflegeheimen um weitere 5 Prozent erhöht, jene Gebühren, die die Menschen
in den Pflegeheimen, in den Pensionistenheimen der Stadt für die kleinsten
Verrichtungen bezahlen müssen, für das Frühstück, für ein Gespräch, für
kleinste Hilfedienste.
Meine Damen und Herren! Was bedeutet nun diese
Politik der letzten 10°Jahre in Zahlen? - Diese Politik bedeutet, dass diese
Maßnahmen der Stadt unter Bgm Häupl einen durchschnittlichen Haushalt in Wien
mit 650 EUR pro Jahr zusätzlich belasten. 650 EUR pro Jahr zusätzlich,
das macht 50 EUR pro Monat zusätzlich: 50 EUR pro Monat zusätzlich
für einen Haushalt, für einen durchschnittlichen Wiener Haushalt, und zwar von
der Armutsgrenze bis zum Millionärshaushalt!
Meine Damen und Herren! Es hat diese Debatte daher auch
ein ganz wichtiges soziales Moment. Denn all diese Steuern, all diese
städtischen Gebühren - Wasser, Kanal, Müll - können ja aufgrund ihrer
Konstruktion nicht nach der Leistungsfähigkeit differenzieren, so wie das etwas
beim Steuersystem, bei der Lohn- und Einkommensteuer durch die Progression der
Fall ist. Diese Steuern sind Kopfsteuern, die pro Kopf erhoben werden, die pro
Haushalt erhoben werden, die für jeden Haushalt gleich hoch sind, egal ob er an
der Armutsgrenze ist oder ob es eben ein Millionärshaushalt ist. Es sind dies
daher Kopfsteuern, die sonst eigentlich nur in konservativ regierten Ländern
zur Finanzierung des Staatswesens herangezogen werden.
Ich frage mich daher: Was ist das eigentlich für ein
Bürgermeister, dem in seinen 10°Amtsjahren diese Umverteilungswirkung seiner
Maßnahmen völlig gleichgültig ist? Was ist das für ein Bürgermeister, der
10°Jahre lang diese soziale Komponente seiner Maßnahmen völlig außer Acht
lässt?
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