Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 85 von 119
50-jährige Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph. Vielleicht können wir zur Seligsprechung von Kaiser Karl noch so etwas machen. Es gibt kein wirkliches Verkehrskonzept, kein Strategiekonzept.
Ich kann nur den schönen Ausspruch zitieren: Den Wurschtl kaun kana
daschlogn! – Wenn das so weitergeht, garantiere ich dafür nicht. Ich hätte mir
wirklich gewünscht, dass diesen unrühmlichen Vorgängen ein Ende gesetzt wird. –
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Dkfm Dr Aichinger. – Bitte schön.
GR Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Die unendliche Geschichte Prater. Aber ich möchte hier vor allem auf
einen Punkt zu sprechen kommen, natürlich auf die heute von Ihnen
abgeschlossenen Optionen des Kaufvertrages beziehungsweise der Grundstücke.
Herr Kollege Schieder, vielleicht zuerst zu Ihnen. Die ÖVP, kann ich
Ihnen sagen, ist sicher für PPP-Modelle, wir befürworten sie, aber die Frage
ist immer: Wie sucht man sich die Partner aus? Welche Partner nimmt man? Was
macht man mit diesen Partnern? Welche Projekte realisiert man mit den Partnern?
Wie ist es verteilt und ist das gerecht?
In der Politik, Herr Kollege Schieder, ist es immer noch anders als in
der Mathematik. In der Mathematik ist nämlich minus und minus plus. Wenn man
aber ein schlechtes Projekt auf einem schlechten Standort hat, kommt kein gutes
heraus. Das ist dann ebenfalls schlecht.
Sie können mir glauben, dass ich als Sportartikelhändler sehr wohl dafür
bin, dass wir ein sportliches Großereignis, eine Fußballeuropameisterschaft, nach
Wien bringen. Keine Frage! Aber das ist ein Ereignis, das sicher nicht nur –
davon bin ich überzeugt – eben drei Wochen dauert und für die Stadt Wien von
großer Bedeutung ist, sondern es wirkt darüber hinaus. Aber ob ich aus diesem
Grund dort ein Einkaufszentrum brauche, das ist eine zweite Frage.
Ich bin aber sehr traurig, meine Damen und Herren, dass vor allem der
Kollege Fritz Strobl nicht hier ist, der Hüter, der Beschützer, der Bewahrer,
der Förderer der Klein- und Mittelbetriebe und vor allem der Händler. Er ist ja
selbst ein Händler und war ja jahrelang auch in der Sektion Handel, Sparte
Handel, immer vertreten. Doch er ist nicht da – das haben wir schon einmal
gehabt, ein Déjà vu; auch bei der
Flächenwidmung zur Brachmühle und bei der Abstimmung war er nicht hier –, weil
er bei solchen unangenehmen Dingen, wo er ganz genau weiß, meine Damen und
Herren, dass dieses Projekt für die Klein- und Mittelbetriebe unwahrscheinlich
schwierig ist, ganz einfach nicht zuhören und nicht mitstimmen will. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren!
Bezirksvorsteher Kubik ist anwesend, und ich möchte daher die Gelegenheit
nützen, um zu erfahren, wie er das sieht, wenn hier ein Einkaufszentrum gebaut
werden soll. Wir haben heute schon gehört, warum er da auf
27 000 Quadratmeter kommt. Das ist ein bisschen skurril, denn im
Leitbild haben wir von 10 000 Quadratmetern gesprochen. Da will ich
ihn schon fragen, ob er nachgedacht hat, dass die Taborstraße und die
Praterstraße gemeinsam ebenfalls nur 27 000 Quadratmeter haben. Was
heißt denn das? Auf einen Schlag wird eine Verkaufsmöglichkeit geschaffen, mit
der ganz einfach zwei wesentliche Straßen, die wichtigsten Straßen in dem
Bezirk, abgedeckt sind. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass in diesen
Straßen – noch dazu, wo gerade jetzt die Taborstraße nach dem U-Bahn-Bau
revitalisiert werden soll, hergerichtet werden soll – die Geschäfte wieder
funktionieren, die Nahversorgung funktioniert, wenn hier ein Einkaufszentrum
mit 27 000 Quadratmetern entsteht.
Dass dieses Einkaufszentrum, meine
Damen und Herren, weit weg wirkt, geht schon daraus hervor, dass sogar die
RegioPlan – und die RegioPlan, meine Damen und Herren, hat immer eher
Schätzungen, die positiver oder günstiger für Einkaufszentren sind – sagt, dass
nur 8 Prozent der Kaufkraft aus der unmittelbaren Umgebung kommen. Das
heißt, 92 Prozent müssen – ich sage das jetzt bewusst – herangekarrt
werden. (Ruf: Es gibt eine U-Bahn!)
Es ist richtig, es kommt eine U-Bahn-Station hin, die sehr wichtig ist, die
aber auch weiterführt, meine Damen und Herren, und wichtig ist für eine
Sportstätte, um dort ganz einfach die Besucher schnell hinzubringen und auch
rasch wieder wegzubringen. Aber es wird kein Konsument ganz einfach –
"mutwillig" hätte ich bald gesagt – mit der U2 irgendwohin fahren,
nehmen wir an vom Nordbahnhof zum neuen Olympiapark fahren, um dort
einzukaufen.
Am Rande bemerkt noch: Ich meine, die
Bezeichnung Citycenter ist überhaupt skurril. Ich weiß nicht, wo dort eine City
ist. Das, glaube ich, könnte man vielleicht auch noch sozusagen hinterleuchten.
Meine Damen und Herren! Wir müssen
davon ausgehen, was das für eine Größe erreicht. Auf einen Schlag wird es das
drittgrößte Einkaufszentrum von Wien. Es ist nicht von der Hand zu weisen, wie
groß das ist. Es ist gar nicht so weit weg von der heute bereits erwähnten und
genehmigten Brachmühle, wo man jetzt zu bauen beginnt. Auch die liegt an einer
U-Bahn-Linie, nämlich an der U1, und auch dort wird sehr viel Kaufkraft
gebunden werden. Also das heißt, es ist ein Anschlag auf die Nahversorgung.
Und noch zwei Argumente, meine
Damen und Herren. Erstens: Das Verkehrsaufkommen. Auch RegioPlan hat
festgestellt, dass rund 45 bis 50 Prozent mit dem PKW dorthin fahren
werden. Es wird eben maximal die Hälfte der Konsumenten, wenn es überhaupt so
viele sind – siehe Gasometer, das haben wir heute auch schon besprochen – mit
der U-Bahn hinfahren.
Und
noch etwas, meine Damen und Herren, das letzte Argument, das mir persönlich
immer am meisten weh tut: Ein Investor kommt, er baut ein Einkaufszentrum, und
er verspricht 500 Arbeitsplätze. Wunderbare Geschichte. Aber haben Sie
sich überlegt, dass dann
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular