Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 119
Berichterstatterin
GRin Sonja Kato: Jawohl. Ich
bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die Debatte ist eröffnet,
und die Frau GRin Dr Vana hat das Wort.
GRin Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Wir haben, wie jedes Jahr, die White Ribbon-Kampagne auf der
Tagesordnung. Die White Ribbon-Kampagne ist eine Kampagne gegen Männergewalt
und zur Bewusstseinsbildung gegen Männergewalt.
Die Wiener GRÜNEN unterstützen diese Kampagne selbstverständlich. Der
Kampf gegen Gewalt ist dringlich. Jeder dritte bis sechste Einsatz der Polizei
in Wien erfolgt bereits wegen Gewalt von Männern an Frauen oder Kindern. Die
Wiener Polizei schätzt die Dunkelziffer der Gewaltfälle gegen Frauen und Kinder
viel höher ein, mindestens auf das Doppelte. Das heißt also, die Kampagne ist
sehr dringlich.
Aber wie jedes Jahr wollen wir unserem Unverständnis darüber Ausdruck
verleihen, dass diese Kampagne von Männern für Männer – auch nach dem
Selbstverständnis des Vereines, das ist eine Männerkampagne – aus den knappen
Mitteln der MA 57 finanziert wird, die auch von ihren Förderkriterien her
Vereine und Frauenprojekte subventionieren soll, die eben ausschließlich
Frauenförderung zum Ziel haben.
Wir finden es wirklich schade, dass auch heuer wieder das
MA 57-Budget herhalten muss für eine Kampagne, die eigentlich kein
spezifisches Frauenanliegen ist, sondern wirklich ein gesamtgesellschaftliches
Anliegen. Es wurde uns auch in den letzten Jahren und sogar schon meiner
Vorgängerin versprochen, dass man doch in Hinkunft darauf schauen wird, auch
von Seiten der zuständigen Stadträtin, diese Kampagne aus einem anderen Budgettopf
zu finanzieren. Das ist ja nicht das erste Jahr, dass wir diesen Antrag
stellen, ich glaube, es ist das dritte oder vierte Jahr schon, dass wir diesen
Antrag stellen.
Auch du, sehr geehrte Frau StRin Sonja Wehsely, hast – ich habe mir die
Redeprotokolle angeschaut – vor zwei Jahren an dieser Stelle gesprochen, dass
du dich sehr dafür einsetzen wirst, dass ab nächstem Jahr, das wäre schon 2003
gewesen, die White Ribbon-Kampagne nicht mehr aus dem Frauenbudget finanziert
wird. Also das finde ich halt schade, dass es heuer leider wieder nicht
gelungen ist, und wir stellen abermals, wie jedes Jahr, den Ihnen allen schon
bekannten Antrag.
Abänderungsantrag zum vorliegenden Antrag: Die Subvention für das Jahr
2004 an den Verein White Ribbon Österreich in der Höhe von 22 500 EUR
wird genehmigt. Die Bedeckung soll im Voranschlag 2004 auf Haushaltsstelle
1/0610/757, Sonstige Subventionen, erfolgen.
Darf ich den Antrag überreichen? (Die Berichterstatterin StRin Mag
Sonja Wehsely übernimmt ihn.) Danke.
Ein zweites Thema, über das wir heute diskutieren – und ich freue mich
sehr, dass wir diskutieren, und ich möchte großen Dank sagen für die Initiative
der Frau Stadträtin und auch meiner Kollegin Martina LUDWIG – ist die
Vierparteienresolution zum Anti-Stalking, für wirksame Maßnahmen gegen Stalking
auf Bundesebene. Das ist ein dringliches Thema. Auch das ist natürlich nicht
nur ein Frauenthema. Aber doch sind es typischerweise wieder einmal die
Frauensprecherinnen, die sich dieses Themas annehmen, denn es ist ein Thema mit
einer geschlechtsspezifischen Dimension. Natürlich. 80 Prozent der
Stalkingopfer sind Frauen, 90 Prozent der Stalker, also der Täter, sind
Männer. Maßnahmen gegen Stalking sind dringend notwendig; Österreich, also die
bundesgesetzliche Lage, hinkt hier hinterher. Bereits 1990 wurde in Kalifornien
ein Anti-Stalking-Gesetz geschaffen, auch viele andere europäische Länder wie
Großbritannien, die Niederlande, Schweden, Belgien kennen eine
Anti-Stalking-Gesetzgebung, auch Deutschland, dort allerdings unzureichend.
Ich werde jetzt gar nicht sehr viel darüber sagen, weil, Martina LUDWIG,
du hast die Resolution hauptsächlich gestaltet. Wir hatten einen sehr
spannenden Arbeitskreis, wo wir noch Anregungen der verschiedenen Parteien in
den Resolutionstext mit aufgenommen haben.
Ich möchte nur kurz betonen, was den GRÜNEN besonders wichtig ist in
dieser Resolution. Besonders wichtig ist uns, dass ein Straftatbestand
geschaffen wird. Nicht nur, wie zum Beispiel in Deutschland, eine
zivilrechtliche Ebene, die viel zu wenig Handhabe gegen Stalking gibt, gegen
diese Form des Psychoterrors, muss man sagen, gegen diesen nachhaltigen
Psychoterror, gegen den es bisher keine Handhabe gibt. Diese strafrechtliche
Reaktion ist uns ganz wichtig. Und auch, dass im Bereich der
Sicherheitsexekutive, aber auch im Bereich der Gerichte und der
Staatsanwaltschaften entsprechende organisatorische Maßnahmen getroffen werden,
Schulungen gemacht werden, Stalking-Berater, -Beraterinnen eingesetzt werden.
Lassen Sie mich zum Schluss an
dieser Stelle noch einen Appell an die Antragstellerinnen dieser Resolution von
FPÖ und ÖVP richten. Ich freue mich natürlich, dass hier eine
Vierparteienresolution gegen Gewalt – denn Stalking ist eine Form der Gewalt –
zustande gekommen ist. Ich würde mir aber diesen Einsatz gegen Gewalt von
Seiten FPÖ und ÖVP auch auf der Bundesebene wünschen. Denn ich finde es sehr
empörend, dass gerade erst im Juni das Budget der Interventionsstellen gegen
Gewalt österreichweit um 5 Prozent gekürzt wurde, besonders auch der
Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt, wo 95 Prozent der Opfer, die von
der Polizei dorthin verwiesen werden, Frauen sind, dass eben gerade Wien
besonders betroffen ist von diesen Kürzungen und die Interventionsstelle ihre
Arbeit für die Betroffenen, für die Opfer, wesentlich einschränken muss in
7°Wiener Gemeindebezirken. Es gibt auf Bundesebene eine gemeinsame Aktion von
SPÖ und ÖVP, ah SPÖ und GRÜNEN – das war jetzt ein Freud’scher Versprecher –,
um diese Budgetkürzungen zurückzunehmen. Wir unterstützen auch das Ansuchen der
Interventionsstelle gegen
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