Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 119
Die dritte Option, die schreckt mich ein bisschen, und zwar weiterwursteln mit Herrn Polzer. Der Herr Polzer ist kein Biobauer mehr. Er ist vielleicht ein pensionierter Biobauer, wie auch immer. Aber Faktum ist: Wir würden das überhaupt nicht gut finden, wenn der Herr Polzer dort weiter arbeiten könnte, weil wir glauben, dass er mittlerweile von einem Biobauern zu einem Fakebiobauern geworden ist, wenn man ein englischen Wort dazunimmt. Und dieses Fake heißt auf deutsch frei übersetzt Scharlatan, wenn man so will. Es ist ein bisschen schlecht, aber im Grunde genommen hat er dort nichts mehr verloren. Er war ganz, ganz wichtig und gehört eigentlich ins Biobauernmuseum.
Und drum würde ich mir wünschen, dass sich die Stadt Wien auf die ersten
zwei Dinge konzentriert, dort entweder einen wirklichen Biobauernhof zu führen
oder Sww durchzuführen. Noch besser wäre es vielleicht, die Bevölkerung rundum
einzubeziehen. Agenda 21 und dergleichen Dinge gibt es ja im
22. Bezirk. Aber den Herrn Polzer bitte weg von dort. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist der
Herr GR Parzer. Ich erteile es ihm.
GR Robert Parzer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter!
Kollege Maresch hat schon begonnen, über diesen Biobauernhof etwas zu
erzählen. Ich möchte aber von der Voraussetzung ausgehen, dass die biologische
Landwirtschaft der ÖVP ein großes Anliegen ist. Der Beweis dafür ist das vom
Landwirtschaftsminister verwaltete und auch an die Wiener Bauern ausbezahlte
Geld aus dem ÖPUL-Fonds, das dazu verwendet wird, auch den Wiener Bauern das
Geld für eine ökologisch orientierte Landwirtschaft bereitzustellen. Im
vergangenen Jahr wurden so für die Wiener Bauern Mittel von rund
330 000 EUR, also ungefähr 4,6 Millionen ATS, zur Verfügung
gestellt.
Meine Damen und Herren! Egal, wie viele Bauern Wien zählt, aber in einem
werden Sie mir hoffentlich zustimmen: Sie sind die Grundlage für eine gesunde
Ernährung in dieser Stadt. Und die Bürger wissen das. Aus Umfragen und aus
persönlichem politischen Betrachten heraus wissen sie, dass die gesunde
Ernährung zu den wichtigsten Umweltanliegen zählt. (Beifall bei der ÖVP.)
Eine Landwirtschaft, die möglichst ohne chemische Schädlingsbekämpfung
und ohne Gentechnik auskommt, ist hierfür natürlich die Grundvoraussetzung.
Deshalb messen wir auch den Fragen rund um den Biobauernhof Polzer einen sehr
hohen Stellenwert bei. Deswegen haben wir ja heute eine klare Linie und haben
diese im Umweltausschuss auch dargelegt. Wir hätten dem Akt zugestimmt, wenn
die neue Stadträtin hier auch eine klare Linie gezeigt hätte. Sie hat es aber
nicht getan, und es konnte uns nicht schlüssig erklärt werden, wie es mit den
Biobauernhof in Zukunft wirklich weitergehen soll.
Eines möchte ich schon sagen, um Missverständnissen vorzubeugen: Auch in
unseren Augen kann man Herrn Polzer als Pionier des Biolandbaus in Wien
bezeichnen. Es sei ihm auch an dieser Stelle gedankt. Aber, meine Damen und Herren,
der Biolandbau und damit die gesunde Ernährung ist für uns ein wichtiges Thema
und auch in Wien auf entsprechend hohes Niveau zu stellen. Und das, meine Damen
und Herren, ist durch die derzeitige Betriebssituation des Biobauernhofs Polzer
auf keinen Fall gegeben.
Wir wissen nicht, warum Sie, Frau Stadträtin, in dieser Frage lavieren.
Es ist doch klar, dass es längst schon an der Zeit wäre, den Biobauernhof, der
derzeit von Herrn Polzer betrieben wird, auf wirtschaftlich gesündere Beine zu
stellen. Aber ihn einfach zu entschulden und dann die Sache weiterlaufen zu
lassen, hilft der Idee des biobäuerlichen Landbaus nicht. Es gibt sicherlich
genügend – auch Maresch hat sie erwähnt – geeignete Pächter, die diesen
Bauernhof entsprechend bewirtschaften könnten. Es gab auch eine Zeit die Idee,
ihn als Kinderbauernhof oder als Kinderstreichelzoo umzufunktionieren. Das ist
wirklich eine gute Idee, die man unbedingt weiter verfolgen sollte, denn es
gibt nur einen solchen Bauernhof wie derzeit am Cobenzl in Wien, und der ist
sicher zu wenig. (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Aber es gibt ihn!) Der ist
noch zu wenig. Aber einfach Geld auszugeben und keine Entscheidungen zu
treffen, ist nicht professionell. Eine solche Politik sollte man auch in Wien
der Vergangenheit angehören lassen.
Was nun bei aller Wertschätzung der früheren Leistungen von Herrn
Biobauern Polzer betrifft, so muss ich schon auf den eher devastierten Zustand
seines Anwesens hinweisen. Auch hier hat Kollege Maresch schon einige Worte
darüber verloren. Doch das allein ist es nicht. Es ist uns nicht klar, warum
die Frau Stadträtin noch bei einer Neuverpachtung zögert, wenn die hausinternen
dafür zuständigen Abteilungen schon 1999 und 2001 dem Biobauernhof Polzer die
Aberkennung des Biobauernbetriebs ausgesprochen haben. Da hätten ja schon die
Alarmglocken ertönen sollen. Ein Biobauer, der drei Jahre nicht Biobauernnormen
entspricht, meine Damen und Herren, aber naturgemäß weiter als Biobauer
fungiert, ist ja schon eine Irreführung, muss ich sagen, der Konsumenten.
Es gibt aber noch weitere Gründe, warum wir diesem Akt nicht zustimmen.
Es ist zunächst die Ablösesumme für die schon über 30 Jahre bestehenden
Glashäuser. Hier hat die MA 69 einen wirklich betriebswirtschaftlichen
Berechnungsschlüssel festgesetzt, der keinesfalls einer sehr guten Optik
entspricht. Wenn man weiß, und ich habe jetzt mit sehr vielen Gärtnern
gesprochen, dass ein Glashaus nach 20 Jahren abzuschreiben ist oder in
spätestens 25 Jahren abgeschrieben wird, ist diese Summe der MA 69
nur sehr schwer nachvollziehbar. Das entspricht unserer Meinung nach nicht den
üblichen Usancen, noch dazu wenn man hört, dass ein neues Glashaus mit
75 EUR pro Quadratmeter auch schon mit einigen guten technischen Details
ausgestattet ist. Ich hoffe, Sie werden das wissen.
Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als eine
Entschuldung für einen Betrieb, der vor allem
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