Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 119
völligen Undurchsichtigkeit der Vereinigten Bühnen Wien, die völlige
Undurchsichtigkeit der Finanzgebarung. Das ist nämlich wirklich der ganz große
Vorwurf an die Sozialdemokraten in Wien: Diese politische Arroganz, dass die
klassischen Aufgaben der Opposition – und das ist nun mal auch die Kontrolle –
nicht zugelassen werden. Das muss angeprangert werden. (Beifall bei der
FPÖ.)
Die Vereinigten Bühnen Wien liegen da, dicht abgeschottet wie ein großer
schwerer Tanker im sicheren Hafen der großen Subventionsempfänger im
Kulturbereich und verschlingen Jahr für Jahr Unmengen von Steuergeldern, ohne
dass man den Abgeordneten gegenüber, die hier im Gemeinderat sitzen, eine
Rechenschaft ablegen muss. Jede Art von Kontrolle ist unmöglich gemacht, und
schon deswegen ist es für eine Oppositionspartei vollkommen unmöglich, einem
derartigen Unterfangen zuzustimmen. Der jüngste Bericht des Kontrollamtes
beweist es wieder einmal, wie richtig eigentlich unsere Vorsicht, unser
Misstrauen und auch unsere Kritik waren. Aus diesem Grund haben wir ja auch seit
Jahren die Subventionen an die Vereinigten Bühnen abgelehnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist einfach unakzeptabel, dass
hier in einem so großen Feld die Kontrolle nicht zugelassen wird, und ich
möchte, auch wenn dieser Antrag schon zweimal abgelehnt wurde, noch einmal in
Erinnerung rufen, dass wir Anträge nach vierteljährlichen Berichten eingebracht
haben, also dass StR Rieder als Eigentümervertreter der Vereinigten Bühnen in
vierteljährlichen Berichten dem Kulturausschuss ganz genau darlegt, wie die
Finanzgebarung ist. Es ist eine ganz normale Art der begleitenden Kontrolle,
die in diesem Bereich unbedingt notwendig ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich komme noch einmal auf die Situation zurück, dass die zukünftige
Musiklandschaft in Wien eine völlig neue Nutzung der Häuser haben wird. Wir
stehen dazu, dass das Theater an der Wien als klassisches Musiktheater in
Zukunft genützt werden soll. Wir sind der Meinung – im Gegensatz zu den GRÜNEN
–, dass dieses Theater zu schade ist, um ausschließlich Musicals zu spielen,
weil gerade dort – und das sagen alle großen Künstler von weit und breit, die
schon einmal in Wien gesungen, dirigiert oder gespielt haben – die Akustik ganz
besonders gut ist und besonders gut geeignet ist, Oper zu spielen.
Wir stehen dazu, aber wir haben jetzt zwei große Opernhäuser, die
Staatsoper und die Volksoper, dann haben wir noch die Kammeroper mit ihrem
spezielleren Angebot und das Theater an der Wien nun auch als klassisches
Musiktheater.
Jetzt möchte ich gerne eine Überlegung einbringen, die hier auch bitte
noch nicht gemacht wurde – ich habe es am Anfang ganz kurz angeschnitten –: Es
gibt selbstverständlich im Musicalrepertoire auch Musicals, die eine klassische
Form haben. Es gibt sogar Experten, die sagen zum Beispiel, dass das Musical
"Porgy and Bess" eine Oper sei oder als Oper zu werten sei. Es gibt
viele andere Musicals wie die "West Side Story" oder "My Fair
Lady" und so weiter, die klassische Musicals sind, die immer wieder weltweit
mit großem Erfolg aufgeführt werden und die durchaus auch in das Konzept der
Vereinigten Bühnen hineinpassen würden; aus Gründen der Akustik, aus Gründen
der ganz speziellen Atmosphäre des Theaters an der Wien.
Ich sage das deswegen, weil nach dem Mozartjahr der Intendant Geyer
jetzt neben den großen Opernhäusern auch das Theater an der Wien mit Erfolg
bespielen muss. Ich finde es durchaus in Ordnung, wenn man auch darüber
nachdenkt, dass man dort klassische Musicals spielt. Ich bringe diesen
Blickwinkel, diese Überlegung jetzt deswegen ein, weil ja dadurch der Umbau des
Ronacher noch viel unnotwendiger wird, als er das ohnehin ist. Also auch hier
wurde eben nicht in Ruhe darüber diskutiert, wie eigentlich die Häuser in
Zukunft genützt werden sollen.
Deswegen haben wir auch dazu einen Antrag ausgearbeitet, in dem StR
Mailath-Pokorny aufgefordert wird, das Vorhaben, das Ronacher zu einer zweiten
großen Musicalbühne umzubauen, fallen zu lassen und ein Konzept zu erstellen,
welche Adaptierungen unbedingt notwendig sind, um das Ronacher als
erfolgreiches städtisches Unterhaltungstheater führen zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ähnlich wie die ÖVP sind auch wir
der Meinung, dass es weitaus größere Prioritäten im Wiener Kulturbereich gibt,
und wie die ÖVP – und die GRÜNEN haben das im letzten Jahr auch immer wieder
gesagt – sehen wir auch die ganz, ganz, ganz großen Missstände im Bereich der
musikalischen Erziehung, also was die Musikschulen angeht. Wir haben hier ein
Manko, das weitaus dramatischer ist als das Problem, ob man das Ronacher in ein
zweites großes Musicalhaus umbauen soll. Und hier, Herr StR Mailath-Pokorny,
aber auch Frau VBgmin Laska, Herr StR Rieder und auch Herr Bürgermeister, hier
gilt es ganz einfach, Prioritäten zu setzen. Es geht einfach nicht an, auf der
einen Seite großartig Gelder – die man noch dazu nicht hat, wo man noch dazu
einen Kredit aufnehmen muss – herzugeben für eine Sache, die unserer Meinung
nach gar nicht notwendig ist, und auf der anderen Seite mit Budgetknappheit zu
argumentieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, schon wieder sind
ungefähr 700 Kinder in Wien nicht aufgenommen worden, weil es keine Plätze
gibt in den Musikschulen. Wir sind das Schlusslicht im Vergleich zu allen
anderen Bundesländern. Wir haben nur 17 Musikschulen mit
28 Standorten, 300 Lehrern und 5 700 Kindern. Ein Vergleich mit
Vorarlberg, Niederösterreich und Oberösterreich: Die haben im Vergleich zu uns
das 7- bis 8-fache in der Hinsicht zu bieten, auch was das Budget angeht. Wir
können 4,3 Millionen EUR in diese Branche geben, und andere Länder,
zum Beispiel Oberösterreich, haben hiefür 50 Millionen EUR jährlich
zur Verfügung.
Da wäre das Geld gut investiert,
das wäre die
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