Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 121
hat, wenn man sich
anschaut, was sich auf Bundesebene - hier komme ich wieder zur Bundesebene - in
letzter Zeit abgespielt hat, wobei ich auch gleich auf den Herrn Dr Tschirf
eingehen kann, der die Steuerreform genannt und als vorbildhaft bezeichnet hat,
dann muss ich sagen, hier passiert alles andere als Unterstützung für Klein-
und Mittelbetriebe, denn die Steuerreform, die die Bundesregierung angekündigt
hat und zum Teil umsetzen möchte, bevorzugt ausschließlich große Betriebe,
Industriekonzerne, große Ketten, wenn Sie sich das Beispiel der KöSt-Senkung
anschauen, das für den Wirtschaftsstandort so gut sein soll, wenn Sie sich die
Gruppenbesteuerung anschauen, die wirklich nur für die großen Betriebe einen
Vorteil bringt (GR Dr Wilfried Serles:
Sie haben keine Ahnung!) und wenn Sie sich auch die Aktion "nicht
entnommene Gewinne" anschauen, was nichts anderes als ein
Superprämiensparmodell für große Betriebe ist. (GR Dr Wilfried Serles: Das ist doch ein Scherz!)
Meine sehr geehrten Damen
und Herren, noch einmal zur Frau Dr Rothauer: Sie haben auch darüber
gesprochen, dass es eine geringere Inanspruchnahme der Wirtschaftsförderungen
gibt. Auch hier muss ich wieder auf die Bundesregierung Bezug nehmen. (GRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer:
Sie sollten auf die Wiener Situation eingehen!) Denn warum ist denn das so?
Weil es ganz einfach kein Klima in diesem Land gibt, das die Investitionen
fördert. (GR Walter Strobl: Das ist nur
in Wien so?) Es gibt in Wien und in ganz Österreich die Situation - passen
Sie gut auf, Herr Kollege Strobl -, dass im Speziellen Klein- und
Mittelbetriebe, wenn sie investieren wollen, keine Unterstützung bekommen.
Sie kennen das
wahrscheinlich. Dazu gibt es unter dem Stichwort "Basel II"
einiges, was schon gesagt wurde. Vielleicht sollte ich kurz darauf hinweisen,
damit Sie auch wissen, welche Rahmenbedingungen die Klein- und Mittelbetriebe
hier vorfinden. Wenn Sie es vielleicht vergessen haben, so hat die
Sozialdemokratische Partei in Wien und auch auf Bundesebene sehr wohl
gefordert, dass es zu Unterstützungen für Klein- und Mittelbetriebe kommt, dass
es möglich wird, Investitionen zu tätigen und somit auch die Wirtschaft
anzukurbeln.
Wenn Sie, Frau Dr Rothauer,
davon gesprochen haben, dass Sie die Landwirtschaft in Wien und offensichtlich
auch auf Bundesebene so schätzen, dass wir aber auch die Lebensmittelhändler
brauchen, gebe ich Ihnen hundertprozentig Recht. Wenn Sie damit vielleicht
gemeint haben, dass man hier mehr Unterstützung in die andere Richtung geben
soll, gebe ich Ihnen auch Recht. Aber bitte, wenden Sie sich doch an Ihre
Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene, wo die Förderungen für die
Landwirtschaft in den letzten Jahren enorm gestiegen und auf der anderen Seite
die Investitionen, die den Klein- und Mittelbetrieben zugute kommen, extrem
zurückgegangen sind.
Meine sehr geehrten Damen
und Herren, auch zum Kollegen Kabas, der über den Wirtschaftsstandort gesprochen
hat, der über Studien gesprochen hat, die Seriosität dieser Studien
angesprochen hat und über die Lehrlinge gesprochen hat, möchte ich ein paar
Sätze anmerken: Bei diesen Aussagen zu den Lehrlingen hat mich besonders
beeindruckt, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass man doch Modelle wie zum
Beispiel in Vorarlberg, in Oberösterreich und so weiter umsetzen sollte. Herr
Kollege Kabas, wissen Sie nicht, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen auf
Wirtschaftskammerebene genau das nicht wollen? Wissen Sie nicht, dass sie
Anträge einbringen und sagen, dass alles kommen darf, nur nicht dieses
Vorarlberger Modell? Erkundigen Sie sich doch einmal! Dort sitzen Leute, die
auch bei Ihnen im Nationalratsklub tätig sind, die sowohl in der
Wirtschaftskammer Wien als auch auf Bundesebene tätig sind. Hier sagen Sie das
eine, dort sagen Sie das andere und dann wundern Sie sich, wenn Sie solche
Wahlergebnisse haben, wie Sie zuletzt bei der EU-Wahl gehabt haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen
und Herren, noch ganz kurz, weil das kann ich Ihnen natürlich nicht schenken,
wenn Sie hier die Statistiken von den Lehrlingen anmerken und sagen, Wien ist
an letzter Stelle: Ich weiß nicht, wie Sie das gemeint haben. Ich hab mir das
angeschaut, wie denn die Statistik bei der Jugendarbeitslosigkeit tatsächlich
ausschaut. Wien ist hier mit 10,9 Prozent an letzter Stelle, wenn Sie so
wollen, aber im positiven Sinne, denn das von Ihnen zitierte Kärnten hat
17,6 Prozent Jugendarbeitslosigkeit und das von Ihnen herausgestrichene
Oberösterreich hat 20,1 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Nur damit Sie die
Dimension auch verstehen, Niederösterreich liegt am zweiten Platz und hat
15 Prozent Jugendarbeitslose. Wir brauchen uns gar nicht darüber zu
unterhalten, jedes Prozent, jeder Zehntelpunkt, jeder Arbeitsloser ist zuviel.
Sie haben hier noch zitiert
- ich habe mir das sehr genau aufgeschrieben, Herr Kollege Kabas -, dass Wien
in den letzten Jahren 16 400 Arbeitsplätze netto verloren hat. Dazu
halte ich Ihnen entgegen, was Klubobmann Oxonitsch auch schon gesagt hat,
nämlich der Bund hat 16 000 Arbeitsplätze in Wien abgebaut, damit man
das wieder in die richtigen Relationen bringen. (GR Mag Hilmar Kabas: Das stimmt doch nicht! 3 000 waren es!)
Sie haben auch davon
gesprochen, dass am Technologiesektor etwas zu tun ist. Jawohl, da gebe ich
Ihnen Recht. Wir müssen weitermachen, aber wenn Sie sich das genau anschauen,
hat Wien seit 1997 350 Millionen EUR gerade in diesen Sektor
investiert. Es gibt 132 000 Arbeitsplätze im Technologiebereich in
Wien. Das sind immerhin 17 Prozent aller unselbstständig Erwerbstätigen in
Wien. Das sind Statistiken, die tatsächlich glaubwürdig sind und die Sie sich
sicher gern ansehen können.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, noch einen Punkt möchte ich ansprechen, weil
Sie die Studien erwähnt haben. Wien teilt sich mit Vancouver und mit Melbourne
den Titel der lebenswertesten Stadt der Welt. Das ist nicht eine Studie, die
wir unter der Wiener Bevölkerung gemacht haben oder die die Stadt Wien in Auftrag
gegeben hat, sondern das ist eine internationale Studie von Economist
Intelligence Unit, die in
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